Die Bibel nach Biff
zusammenklebten, aber wie sich herausstellte, war das nicht der Fall.)
Kashmir und ich kamen uns immer näher, je weiter meine Studien gediehen. Nachdem wir sämtliche Stellungen des Kama Sutra zweimal durchgegangen waren, wollte Kashmir die ganze Sache auf die nächsthöhere Ebene heben, indem sie die tantri- sche Disziplin in unser Liebesspiel einführte. Wir wurden derart geschickt in unserer meditativen Paarungskunst, dass Kashmir selbst im Sturm der Leidenschaft noch ihren Schmuck polieren, ihr Geld zählen und sogar etwas Feinwäsche ausspülen konnte. Ich selbst beherrschte die Disziplin der kontrollierten Ejakulation so weit, dass ich oft genug halb zu Hause war, bis endlich die Erlösung kam.
Ich befand mich auf dem Heimweg von Kashmir - Vana und ich nahmen den Weg über den Markt, damit ich meinen Freunden, den Ex-Bettlern, zeigen konnte, was ein Mann mit Hilfe von Disziplin und Charakter alles erreichen konnte (denn ich hatte einen Elefanten und sie nicht) -, da entdeckte ich an der Wand des Tempels von Vishnu die Umrisse eines schmutzigen Wasserflecks, hervorgerufen durch Kondensation, Schimmel und verwehten Staub. Dieser Fleck glich dem Antlitz Marias, der Mutter meines besten Freundes.
»Ja, das macht sie manchmal«, sagte Josua, als ich mich über den Rand seiner Nische schwang und die Neuigkeit verkündete. Er und Melchior hatten meditiert, und wie üblich wirkte der Alte wie tot. »Als wir klein waren, hat sie es ständig gemacht. Sie hat Jakobus und mich überallhin geschickt, damit wir die Wände abwuschen, bevor jemand es sah. Manchmal erschien ihr Gesicht als Muster aus Wassertropfen im Staub, oder die geschälte Haut der Weintrauben fiel in einem bestimmten Muster zu Boden, wenn man sie aus der Weinpresse nahm. Normalerweise waren es Wände.«
»Das hast du mir noch nie erzählt.«
»Ich konnte es dir nicht sagen. So wie du sie angebetet hast, hättest du diese Bilder in einen Schrein verwandelt.«
»Also waren es Nacktbilder?«
Melchior räusperte sich, und beide sahen wir ihn an. »Josua, du hast eine Nachricht bekommen, von deiner Mutter oder von Gott. Egal, wer sie geschickt hat ... die Nachricht bleibt dieselbe. Es wird Zeit für deine Heimkehr.«
Wir wollten am nächsten Morgen gen Norden aufbrechen, und Nicobar lag südlich, so dass ich es Josua überließ, unsere Sachen auf Vana zu verladen, während ich in die Stadt lief, um Kashmir die Neuigkeit zu überbringen.
»Ach du je«, sagte sie, »den ganzen Weg zurück nach Galiläa. Hast du Geld für die Reise?«
»Ein bisschen.«
»Aber nicht bei dir?«
»Nein.«
»Na, okay. Wiedersehen.«
Ich hätte schwören können, dass ich eine Träne in ihrem Auge sah, als sie die Tür schloss.
Am nächsten Morgen, als Vana mit meinen Bildern und den Zeichenutensilien, meinen Kissen, Vorhängen und Teppichen, meiner Messingkaffeekanne, meinem Tee-Ei und meinem Weihrauchschwenker, meinen beiden Zucht-Mungos, deren Bambuskäfig, meinen Trommeln und meinem Regenschirm, meinem Seidengewand, meinem Sonnenhut, meinem Regenhut, meiner Sammlung geschnitzter, erotischer Figuren und Josuas Schüssel beladen war, versammelten wir uns am Strand, um Lebewohl zu sagen. Melchior stand in seinem Lendenschurz vor uns, der Wind peitschte sein weißes Haar und auch den Bart wie wilde Wolken um sein Gesicht. Aus seiner Miene sprach keine Trauer, schließlich hatte er vor langer Zeit den Entschluss gefasst, sich der materiellen Welt zu enthalten, in der wir lebten. Das hatte er schon vor sehr langer Zeit getan.
Josua tat, als wollte er den alten Mann umarmen, doch stattdessen piekste er ihn nur in die Schulter. Diesmal und nur dieses eine Mal sah ich Melchior lächeln. »Aber Ihr habt mich nicht alles gelehrt, was ich wissen muss«, sagte Josua.
»Du hast Recht, ich habe dich nichts gelehrt. Ich konnte dir nichts beibringen. Alles, was du wissen musstest, war schon da. Dir fehlte nur das rechte Wort dafür. Manche brauchen Kali und Shiva, um die Welt zu zerstören, damit sie hinter der Illusion die Göttlichkeit in sich erkennen können. Andere brauchen Krishna, der sie zu dem Punkt treiben soll, an dem sie erkennen, was an ihnen ewig ist. Andere finden den Göttlichen Funken in sich selbst, indem sie durch Erleuchtung erkennen, dass der Funke in allen Dingen lebt, und so fühlen sie sich zugehörig. Aber dass der Göttliche Funke in allen Dingen steckt, bedeutet nicht, dass wir ihn alle auch entdecken. Dein Dharma ist nicht das Lernen, Josua,
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