Die Bibel nach Biff
nicht dasselbe, oder?«, fragte Josua.
»Woher soll ich das wissen? Ich war nie verheiratet.«
»Ist es immer gleich für dich?«
»Na ja, in gewisser Weise, ja.«
»In welcher Weise?«
»Na, bisher scheint es mir feucht zu sein.«
»Feucht?«
»Ja, aber ich kann nicht sagen, ob es immer so ist, nur meiner Erfahrung nach. Vielleicht sollten wir eine Hure fragen.«
»Besser noch«, sagte Josua, »frage ich Titus. Er ist älter und sieht aus, als hätte er viel gesündigt.«
»Ja, wenn Juden-ins-Meer-Werfen mitzählt, würde ich sagen, er ist Experte, aber das bedeutet nicht ...«
Josua war zum Heck des Schiffes gelaufen, eine Leiter zum Achterdeck hinauf und zu einem kleinen, halb offenen Zelt, das dem Kapitän als Unterkunft diente. Unter dem Zelt lag Titus auf einem Teppichstapel und trank aus einem Weinschlauch, den er, wie ich sah, Josua reichte.
Als ich ihn einholte, sagte Titus eben: »Du willst also etwas übers Ficken wissen? Tja, mein Sohn, da bist du genau zum Richtigen gekommen. Tausend Frauen habe ich gefickt, noch mal halb so viele Jungen, ein paar Schafe, Schweine, einige Hühner und auch mal eine Taube. Was willst du denn wissen?« »Weiche vor ihm zurück, Josh«, sagte ich, nahm den Weinschlauch und gab ihn Titus wieder, während ich Josua rückwärts schob. »Jeden Augenblick könnte ihn die Rache Gottes ereilen. Meine Güte, eine Taube, das muss doch bestimmt ein Gräuel sein.« Titus zuckte zusammen, als ich die Rache Gottes erwähnte, als hockte der Engel jeden Moment wieder auf seinem Mast.
Josua blieb stehen. »Lasst uns für den Augenblick bei der Sache mit den Frauen bleiben, wenn es Euch nichts ausmacht.«
Josua tätschelte Titus' Arm, um ihn zu beruhigen. Ich wusste, wie sich diese Berührung anfühlte: Titus spürte, dass die Angst wie Wasser aus ihm rann.
»Ich habe alle Frauen gefickt, die man sich nur vorstellen kann. Ägypterinnen, Griechinnen, Römerinnen, Jüdinnen, Äthiopierinnen und Frauen aus Gegenden, die noch nicht mal einen Namen haben. Dicke und Dünne habe ich gefickt, Frauen ohne Beine, Frauen mit ...«
»Seid Ihr verheiratet?«, unterbrach Josua, bevor der Seemann davon anfing, wie er sie von vorn und hinten gehabt hatte, von oben und unten, links und rechts ...
»Ich habe eine Frau in Rom.«
»Ist es mit Eurer Frau genauso wie mit einer, sagen wir: Hure?«
»Was, ficken? Nein, das ist überhaupt nicht genauso.«
»Es ist feucht«, sagte ich. »Stimmt's?«
»Oh, ja, es ist feucht. Aber das ist nicht ...«
Ich griff nach Josuas Tunika und zerrte ihn mit mir. »Da hast du es. Gehen wir, Josh. Jetzt weißt du es, die Sünde ist feucht. Merk es dir. Lass uns was essen.«
Titus lachte. »Ihr Juden mit eurer Sünde. Wisst ihr, wenn ihr mehr als einen Gott hättet, müsstet ihr euch dann nicht weniger Sorgen darum machen, einen davon zu erzürnen?«
»Genau«, sagte ich. »Ich brauche religiösen Beistand von einem Mann, der Tauben fickt.«
»Du solltest in deinem Urteil nicht so hart sein, Biff«, sagte Josua. »Du bist selbst nicht ohne Sünde.«
»Ach, tu nicht dauernd so, als wärst du heiliger als ich. Von jetzt an kannst du selbst sündigen, wenn du so denkst. Meinst du, es würde mir gefallen, Nacht für Nacht herumzuhuren und dir den ganzen Vorgang immer und immer wieder zu beschreiben?«
»Eigentlich ja«, sagte Josua.
»Das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, also ... der Punkt ist ... also... Schuld. Ich meine ... Tauben. Ich meine ...« Ich war ganz durcheinander. Verdammt. Nie mehr würde ich eine Taube ansehen, ohne mir vorzustellen, wie sie von einem verlotterten, phönizischen Seemann geschändet wird. Das stört euch nicht? Stellt es euch vor. Ich warte. Seht ihr?
»Er ist verrückt geworden«, sagte Titus.
»Halt den Mund, du miese Natter«, sagte Josua.
»Wie war das mit dem harten Urteil?«, sagte Titus.
»Das war er«, sagte Josua. »Bei mir ist das was anderes.« Und plötzlich, nachdem er es gesagt hatte, sah Josua trauriger aus, als ich ihn je gesehen hatte. Er schlurfte zum Schweinepferch hinüber, wo er sich setzte und das Gesicht in seine Hände legte, als hätte man ihn eben mit der Last aller Sorgen der Menschheit gekrönt. Er blieb für sich, bis wir das Schiff verließen.
Die Seidenstraße, Hauptader für Handel und Sitten und Gebräuche von der römischen Welt bis in den Fernen Osten, endete am Meer, in der Hafenstadt Seleuzia Pieria, jener Seefestung, die Antiochia seit Alexanders Zeiten versorgte und behütete. Als
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