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Die Bibliothek der Schatten Roman

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Titel: Die Bibliothek der Schatten Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikkel Birkegaard
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schrieb eine weitere Mail und einen Brief, aber seine Gedanken kreisten mehr um das Gespräch als um den ganzen Fall. Er rief sich Remers Worte wieder ins Gedächtnis und kam zu dem Schluss, dass Remer versucht hatte, ihn aus geschäftlichen Gründen zum Verkauf zu drängen, ja, dass er ihm regelrecht gedroht hatte.
    Zur dritten Überschneidung kam es bei einer dieser Überlegungen.
    Katherina rief aus dem Laden an. Sie klang zerbrechlich und zart, mit einer unterschwelligen Unsicherheit, die Jon sofort auffiel.
    »Hier steht ein vereidigter Sachverständiger und Gutachter im Laden«, informierte sie ihn.
    »Ja?«, sagte Jon, während er versuchte, in seinem Kopf Begriffe wie Brandschaden, Versicherungen und Schadensersatz zusammenzubringen.

    »Hast du den bestellt?«
    »Nein«, antwortete Jon. »Aber die kommen wahrscheinlich ganz automatisch.«
    Am anderen Ende der Leitung wurde es still.
    »Na ja, aber …«, flüsterte Katherina, »er will den Keller sehen.«

DREIZEHN
    V on dem Augenblick an, in dem der Gutachter durch die Tür des Libri di Luca getreten war, war die Stimmung im Laden umgeschlagen. Katherina mochte seinen forschenden Blick nicht, der über die vernagelten Fenster und den aufgerissenen Fußboden zu den Regalen und der Galerie glitt. In seinen Augen war keine Liebe zu Büchern zu erkennen, sondern bloß ein zynisches Registrieren des Gesehenen, verteilt auf Quadratmeter und Prozente.
    Dabei war es bis zu diesem Zeitpunkt ein guter Tag gewesen. Nicht eine Wolke hatte sich am Himmel gezeigt, und obgleich es kalt war, hatte Katherina die Fahrradtour vom Nordwesten der Stadt ins Zentrum genossen. Im Laden hatte sie mit dem Saubermachen begonnen. Der Eimer mit Essig hatte seine Wirkung getan: Nach gründlichem Durchlüften roch es schon nicht mehr nach Rauch. Um die Stimmung etwas zu heben, hatte sie den fünfarmigen Leuchter aus dem Keller geholt und die Kerzen angezündet. Es war ihr eine Freude, dort Feuer zu machen, wo sie zuvor die Flammen bekämpft hatten.
    Nicht einmal die vier oder fünf Kunden, die im Laufe des Tages gekommen waren, hatten sie gestört - im Gegenteil, es war ihr sogar gelungen, sie auf ein paar wirkliche Schnäppchen aufmerksam zu machen.
    Der Mann hatte nur seinen Namen genannt, Mogens Verner, und behauptet, er sei Sachverständiger und müsse den Fall begutachten. Unter seinem hellen Trenchcoat trug er einen dunkelblauen Anzug, und unter seinem Arm klemmten ein Notizblock und ein Taschenrechner. Mit keiner Silbe hatte
er um Erlaubnis gebeten, sich umzusehen, er ignorierte Katherina richtiggehend. Wortlos überprüfte er zuerst das Erdgeschoss, wobei er sich besonders für die Fensterpartie und den Fußboden interessierte. Die Regale überflog er nur, ohne sich einzelne Titel anzusehen. Erst als er die Treppe hochging, spürte Katherina, dass irgendetwas nicht stimmte.
    Zum einen verstand sie nicht, was er dort oben wollte, schließlich war von unten zu erkennen, dass nur die Unterseite der Galerie Schaden genommen hatte. Außerdem hielt er sich lange vor den ausgestellten Werken auf, lange genug, um die Titel und Namen der Autoren zu lesen. Einige notierte er sich sogar auf seinem Notizblock.
    Von der Kasse aus verfolgte Katherina, wie er den Inhalt der Vitrinen begutachtete. Er war konzentriert bei der Sache, und nur wenige störende Bilder durchkreuzten seine Gedanken. Nur ein Bild tauchte häufiger auf, wenn auch nicht lang genug, dass sie Details hätte erkennen können. Es war ein Bild von zwei Männern in einem Café, die ihm gegenübersaßen. Der eine war groß und rothaarig und hatte tiefliegende, dunkle Augen. Der andere hatte graue, kurzgeschnittene Haare und wirkte entgegenkommend und jovial. Beide trugen Anzüge. Katherina war überzeugt, den Grauhaarigen schon einmal irgendwo gesehen zu haben.
    Als der Gutachter die Wendeltreppe nach unten ging, stellte sich Katherina ans untere Ende und versperrte ihm den Weg. Er nickte ihr zu und wollte weiter in den Keller.
    »Entschuldigung, aber wohin wollen Sie?«, fragte sie scharf.
    »Ich muss das ganze Objekt begutachten«, erwiderte er und zuckte mit den Schultern. »Das schließt auch den Keller ein.«
    »Dort unten ist nichts zerstört worden«, wandte Katherina ein. »Die Feuerwehr hat im Laden kein Löschwasser eingesetzt, es sind also keine Brand- oder Wasserschäden entstanden.«

    »Trotzdem«, seufzte er, »ich habe den Auftrag, mir alle Räume anzusehen.«
    »Das kann ich leider nicht gestatten«, verkündete

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