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Die Bibliothek der Schatten Roman

Die Bibliothek der Schatten Roman

Titel: Die Bibliothek der Schatten Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikkel Birkegaard
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Tüte auf den Nachttisch.
    »Zeitungen, Süßigkeiten und Zahnbürsten«, verkündete er. »Wir kriegen für die Nacht ein Beistellbett im Nachbarzimmer.«
    Er zog seine Jacke aus, hängte sie an einen Haken hinter der Tür und setzte sich auf den Stuhl auf der anderen Seite des Bettes.
    Keiner von ihnen sagte etwas, aber Katherina war froh, nicht mehr allein zu sein.
    »Hast du vorhin jemand gesehen?«, fragte Jon nach langem Schweigen. »Ich meine, draußen auf dem Flur, als du Hilfe geholt hast.«
    Katherina schüttelte den Kopf.
    »Niemand, den ich kenne. Das ist das Problem mit unseren Fähigkeiten, man sieht sie den Menschen nicht an. Sie laufen nicht gerade mit einem rauchenden Colt in der Hand herum.«
    »Wie groß ist die Reichweite?«
    »Das kommt auf die jeweilige Stärke an. Ein normaler Empfänger - wenn man sie überhaupt normal nennen kann - müsste sich in einem der Nachbarzimmer oder auf der Etage direkt über oder unter uns befinden.«
    »Und jemand mit deinen Fähigkeiten?«
    »Etwas weiter weg. Eine Etage mehr, vielleicht zwei.«
    »Muss man die Person dabei denn nicht sehen?«
    »Nein, aber Wände vermindern die Wirkung.«
    Jon nickte und versank wieder in seinen Gedanken.
    »Der Mörder meines Vaters hätte also draußen vor dem Libri di Luca stehen können?«, fragte er schließlich.
    »Im Prinzip ja«, bestätigte Katherina. »Dein Vater war aber sicher nicht so leicht zu überlisten, weshalb ich annehme, dass sich der Täter im Laden befunden hat, um die maximale Kraft auszuschöpfen.« Sie seufzte. »Aber Iversen ist bei weitem nicht so stark, wie Luca es war.«

    »Trotzdem scheint er eine Bedrohung zu sein«, konstatierte Jon.
    »Oder ein Risiko«, meinte Katherina langsam. »Luca war beim Lesen extrem konzentriert, es war schlichtweg unmöglich, andere Eindrücke in ihm aufzuspüren als die, die das Buch wachrief. In dem Augenblick, in dem er zu lesen begann, schien er alles andere abschotten zu können. Iversen ist anders. Er ist wie die meisten anderen Leser mitunter unkonzentriert, was es uns möglich macht, Gedankenbilder aufzuschnappen, die ihm neben dem gelesenen Text durch den Kopf gehen.«
    »Er kann also nicht gut ein Geheimnis für sich behalten?«
    »Nicht bewusst«, unterstrich Katherina. »Aber in Gesellschaft eines Empfängers könnte er sich verraten, ohne es zu wollen.«
    »Vielleicht fürchtet jemand, dass er etwas weiß, das wir nicht erfahren dürfen?«
    »Das würde auf jeden Fall erklären, weshalb sie es auf ihn abgesehen hatten, trotz seines Zustandes.« Katherina musterte den Mann, der zwischen ihnen im Bett lag. Sein Gesicht hatte wieder Farbe bekommen, und nur die Pflaster, die die Brandwunden abdeckten, zeugten davon, dass er nicht gesund war. »Die Frage ist nur, ob er selbst weiß, was wir nicht erfahren dürfen.«
     
    Es dauerte sieben Stunden, bis sie Antworten auf ihre Fragen erhielten. Katherina und Jon hatten sich mit der Wache am Krankenbett abgewechselt, damit jeweils einer im Nebenzimmer ein wenig schlafen konnte. Iversen kam während Katherinas Wache zu sich. Als die Nachtschwester ihn untersuchte, schlich Katherina nach nebenan und weckte Jon.
    Der Patient wirkte überraschend frisch und gut gelaunt, weshalb die Schwester nichts gegen den Besuch einzuwenden hatte. Sogar sein Appetit war gut, und es wurden ein paar Sandwichs herbeigeschafft, über die er sich gleich hermachte.
    »Ich fühle mich, als wäre ich einen Marathon gelaufen«, verkündete er zwischen zwei Bissen. »Mein Körper ist total ausgepumpt.«
    »Kannst du dich an irgendetwas erinnern?«, fragte Katherina.
    Iversen schüttelte kauend den Kopf und schluckte den Bissen herunter.
    »Ich weiß nur noch, dass ich angefangen habe, Thomas Mann zu lesen.« Er nickte in Richtung Nachtschränkchen, auf dem das Buch lag, das Jon ihm aus den Händen gerissen hatte. »Es wird wohl eine Weile dauern, bis ich das wieder in die Hand nehme«, fügte er dann hinzu und zwinkerte Katherina zu.
    »Das Buch hat dir Paw bei seinem Besuch mitgebracht?«, fragte Jon.
    »Ja, ich habe ihn angerufen und gebeten, mir etwas Lesestoff zu bringen.« Er lachte. »Ist das nicht komisch? Da sammelt man Tag für Tag Bücher, die man unbedingt lesen will, wenn man endlich Zeit hat, und kaum hat man die Gelegenheit, passiert so etwas.« Er schüttelte den Kopf, ehe er wieder ins Sandwich biss.
    »Gott, wie ich meine Pizza vermisse«, seufzte er, als er fertig gegessen hatte und vor ihm nur noch zusammengeknüllte

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