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Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees

Titel: Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Monk Kidd
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dann wandte ich mich ab und räumte einige Glasscherben auf dem Boden vor Unserer Lieben Frau weg. Dann legte ich mich auf den Boden, rollte auf die Seite und zog die Knie an mein Kinn. Über mir war die schwarze Maria, von Honig befleckt. Sie schien nicht im Mindesten erstaunt. Ich lag in der Leere, in der Müdigkeit. Alles - selbst der Hass - war aus mir herausgeflossen. Es gab nichts mehr zu tun. Keinen Ort, an den ich gehen konnte. Es gab nur das Hier und Jetzt und die Wahrheit.
    Ich gab mir selbst den guten Rat, nicht jetzt im Dunkeln aufzustehen und herumzulaufen, wenn ich mir nicht die Fußsohlen aufreißen wollte. Dann schloss ich die Augen und begann mir den Traum, den ich träumen wollte, zusammenzuzimmern: Eine kleine Pforte würde sich in der Statue der schwarzen Maria öffnen, direkt über ihrem Unterleib, und ich würde hineinkriechen, an einen verborgenen Ort. Das hatte ich mir allerdings nicht selber ausgedacht, ich hatte so ein Bild in dem Marienbuch in Augustas Schlafzimmer gesehen - eine Statue der Maria mit einer weit geöffneten Tür, und darin waren Leute, sie waren aufgehoben in einer verborgenen Welt, in der ihnen Trost gespendet wurde.
     
    Ich wurde wach, als mich Rosaleens große Hände schüttelten, und öffnete meine Augen in eine grässliche Helligkeit. Ihr Gesicht war über meins gebeugt, und aus ihrem Mund kam der Geruch von Kaffee und Traubengelee. »Lily!«, rief sie. »Was im Namen des Herrn is’n hier passiert?«
    Ich hatte vergessen, dass auf meinem Arm getrocknetes Blut sein würde. Ich sah auf die Wunde und fand ein Stückchen Glas, so klein wie ein Diamantsplitter, das in eine narbige Hautfassung eingelassen war. Um mich herum Glasscherben und Honiglachen. Und Blut.
    Rosaleen wartete. Sie starrte mich an, sie sah verstört aus. Ich starrte zurück und versuchte, mich auf ihr Gesicht zu konzentrieren. Das Sonnenlicht fiel in langen Strahlen hinüber zu Unserer Lieben Frau und auf uns herab.
    »Nun antworte schon«, sagte Rosaleen.
    Ich blinzelte ins Licht. Mein Mund schien sich nicht öffnen zu lassen und wollte nicht sprechen.
    »Sieh dich doch mal an, du blutest ja!«
    Mein Kopf nickte, er wackelte auf meinem Hals hin und her. Ich sah auf das Durcheinander und die Zerstörung um mich herum. Ich schämte mich, fühlte mich lächerlich und dumm.
    »Ich, ich hab ein paar Gläser Honig zerschmissen.«
    » Du hast all das Durcheinander hier gemacht?« sagte sie, als ob sie das nicht wirklich glauben könnte, als ob sie erwartet hätte, dass ich sagen würde, hier wäre in der vergangenen Nacht eine Horde Wilder durchgezogen. Sie pustete sich so doll ins Gesicht, dass ihr Haar davon angehoben wurde, und das, obwohl es unheimlich schwer war, wegen all der Frisiercreme, die sie da hineinschmierte. »Gütiger Herr im Himmel«, sagte sie.
    Ich stand auf und wartete darauf, dass sie mich ausschimpfen würde, aber sie versuchte bloß, mit ihren dicken Fingern den Glassplitter aus meinem Arm zu pulen. »Du brauchst unbedingt Jod, eh sich das hier entzündet«, sagte sie. »Na komm jetzt.« Sie klang gehetzt, ich hätte mich nicht gewundert, wenn sie mich an den Schultern gepackt und so doll geschüttelt hätte, bis mir die Zähne aus dem Mund fielen.
     
    Ich saß auf dem Rand der Badewanne, während Rosaleen meinen Arm mit einem stechenden, kalten Wattebausch betupfte. Dann klebte sie ein Pflaster darauf und sagte: »So, jetzt wirste wenigstens nich’ an’ner Blutvergiftung sterben.«
    Sie schloss den Arzneischrank über dem Waschbecken, dann die Badezimmertür. Dann sah ich zu, wie sie sich auf die Toilette setzte, wie ihr Bauch zwischen ihre Beine sackte. Wenn Rosaleen auf der Toilette saß, verschwand die völlig unter ihr. Ich hockte auf dem Badewannenrand und dachte, dass es ein Segen war, dass Augusta und June noch in ihren Zimmern waren.
    »Na«, sagte sie, »und warum haste mit Honig rumgeschmissen?«
    Ich sah auf die Muscheln, die auf der Fensterbank aufgereiht waren. Sie gehörten hierher, obwohl sie doch eigentlich von ganz weit weg aus dem Meer stammten. Augusta hatte gesagt, wir alle bräuchten eine Muschel im Badezimmer, um uns daran zu erinnern, dass das Meer unsere Heimat ist. Und außerdem, sagte sie, mochte Unsere Liebe Frau Muscheln sehr, gleich nach dem Mond.
    Ich ging hin und nahm eine der Muscheln in die Hand, eine schöne weiße, die ganz flach und an den Rändern gelb war.
    Rosaleen saß da und sah mir zu. »Ich bin ganz Ohr«, sagte sie.
    »T. Ray hatte Recht

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