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Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees

Titel: Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Monk Kidd
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plötzlich ganz schwindelig, aber ich wusste nicht, ob das vom Hunger oder der Müdigkeit kam oder von dieser überraschenden Neuigkeit. »Was hat sie gemacht, als du sie damals allein gesehen hast?«, fragte ich.
    »Sie war hinterm Traktorschuppen, saß auf dem Boden und starrte vor sich hin. Als wir vorbeikamen, hat sie uns nich’ mal bemerkt. Ich weiß noch, dass ich damals gedacht habe, sie sieht irgendwie traurig aus.«
    »Na, wenn man mit T. Ray zusammenleben muss, kann man ja nur traurig sein«, sagte ich.
    Ich sah, wie bei Rosaleen der Groschen fiel.
    »Oh«, sagte sie. »Jetzt versteh ich. Du bist weggelaufen wegen dem, was dein Vater über deine Mutter gesagt hat. Das hatte nichts mit mir zu tun, dass ich im Gefängnis war. Und ich mach mich verrückt, weil ich denk, du bist wegen mir weggerannt und kommst wegen mir in Schwierigkeiten, aber du wärst sowieso weggelaufen. Na, das is’ aber nett von dir, mich auch mal aufzuklären.«
    Sie schob ihre Lippe vor und sah rauf zur Straße, und ich fragte mich, ob sie drauf und dran war, auf gleichem Wege zurückzugehen. »Was hast du denn vor?«, sagte sie. »Willst du von Stadt zu Stadt ziehn und nach deiner Mutter fragen? Is’ das dein toller Plan?«
    »Wenn ich jemand brauchen würde, der mich die ganze Zeit nur kritisiert, dann hätte ich auch gleich T. Ray mitnehmen können«, rief ich. »Und nur zu deiner Information, ich hab keinen genauen Plan.«
    »Na, du hattest aber doch sicher einen im Krankenhaus, als du da reingeplatzt bist und gesagt hast, wir machen dies, wir machen das, und ich gehorchen musste wie dein Hündchen. Du benimmst dich, als wärste meine Aufpasserin. Als ob ich so’n dämlicher hilfloser Nigger wär!« Ihre Augen waren kalt und eng.
    Ich stand auf. »Das ist ungerecht!« Wut sog mir die Luft aus den Lungen.
    »Du hast es ja gut gemeint, und ich bin froh, da weg zu sein. Aber haste einmal daran gedacht, mich zu fragen?«, sagte sie.
    »Aber du bist dämlich«, rief ich. »Du musst doch total dämlich sein, diesen Männern deine Spucke über die Schuhe zu kippen. Und noch dämlicher, nicht zu sagen, dass es dir Leid tut, wenn das dein Leben retten kann. Die kommen doch zurück, um dich zu töten, oder noch Schlimmeres. Ich hab dich da rausgeholt, und so dankst du’s mir. Na, wunderbar.«
    Ich zog meine Turnschuhe aus, griff meine Tasche und watete in den Creek. Die Kälte des Wassers schnitt sich in meine Waden. Ich wollte nicht mit ihr auf demselben Planeten sein, und schon gar nicht auf der gleichen Seite des Flusses.
    »Du kommst ja jetzt alleine klar«, rief ich ihr über die Schulter zu.
    Am anderen Ufer ließ ich mich auf die moosige Erde fallen. Wir fixierten uns über den Fluss hinweg. Im Dunkeln sah sie aus wie ein Felsblock, der fünfhundert Jahre lang von Wind und Wetter geformt worden war. Ich legte mich hin und schloss die Augen.
    In meinem Traum war ich wieder auf der Pfirsichfarm, saß hinter dem Traktorschuppen, und obwohl es taghell war, konnte ich einen riesigen, runden Mond am Himmel sehen. Er sah so wunderschön aus dort oben. Ich sah ihn eine Weile an, dann lehnte ich mich an den Schuppen und schloss die Augen. Dann hörte ich ein Knacken, als ob Eis bricht, und als ich aufblickte, sah ich, wie der Mond zerbarst und stürzte. Ich musste um mein Leben rennen.
    Ich wachte auf, und mir tat die Brust weh. Ich suchte den Mond und fand ihn in einem Stück, er goss noch immer sein Licht über den Flusslauf. Ich sah hinüber zu Rosaleen. Sie war weg.
    Mein Herz tat einen Satz.
    Bitte, lieber Gott, ich wollte sie doch nicht wie einen Hund herumkommandieren. Ich wollte sie doch bloß retten.
    Als ich mich abmühte, mir die Schuhe anzuziehen, spürte ich den gleichen Kummer, der mich jedes Jahr am Muttertag in der Kirche heimsuchte. Mutter, verzeih mir.
    Rosaleen, wo bist du? Ich nahm meine Tasche und lief den Fluss entlang zur Brücke, ich merkte kaum, dass ich weinte. Ich stolperte über einen toten Ast und fiel der Länge nach in die Dunkelheit, ich bemühte mich nicht einmal aufzustehen. Ich konnte mir Rosaleen genau vorstellen, wie sie Meilen von hier den Highway entlang wankt und dabei verdammter Mist, du verrücktes Huhn murmelt.
    Ich sah hoch und merkte, dass ich unter einem Baum hingefallen war, der fast kahl war. Bis auf ein wenig Grün hier und da und viel graues Moos, das auf den Boden reichte. Selbst im Dunkeln konnte ich sehen, dass er starb, ganz allein inmitten dieser gleichgültigen Kiefern.
    Ein Summen

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