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Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees

Titel: Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Monk Kidd
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einem der Rähmchen, die er herauszog, tropfte Honig in der Farbe von Pflaumen.
    »Der ist ja violett«, sagte ich.
    »Wenn es heiß wird und die Blumen vertrocknen, saugen die Bienen den Nektar von Holunder. Dadurch wird der Honig violett. Für ein Glas violetten Honigs bekommt man zwei Dollar.«
    Er tauchte einen Finger in die Waben, lüftete meinen Schleier und hielt den Finger an meine Lippen. Ich öffnete den Mund, ließ seinen Finger hinein und leckte ihn ab. Ein Strahlen erschien auf seinem Gesicht, und mir fuhr eine Hitzewelle durch den Körper. Er beugte sich zu mir. Ich wollte, dass er den Schleier zurückschlug und mich küsste, und ich wusste, er wollte es auch, so wie er mir in die Augen sah. Wir blieben eine Weile unbeweglich so stehen, während rings um uns die Bienen wirbelten, mit einem Geräusch, das wie brutzelnder Schinken klang und überhaupt nicht mehr gefährlich. Gefahr, hatte ich gelernt, ist etwas, an das man sich gewöhnt.
    Aber anstatt mich zu küssen, wandte er sich zum nächsten Stock und fuhr mit seiner Arbeit fort. Der Raucher war ausgegangen. Ich folgte ihm, und keiner von uns sagte ein Wort. Wir beluden den Laster mit Stapeln von Zargen, die schwer von Honig waren, so wie unsere Zungen schwer von Blei, und wir sprachen beide nicht, bis der Honiglaster die Stadtgrenze erreichte, an der das Straßenschild stand:
    TIBURON, 6502 EINWOHNER
Geburtsort von Willifred Marchant
    »Wer ist Willifred Marchant?«, fragte ich, verzweifelt bemüht, das Schweigen zu durchbrechen und so zu tun, als wäre alles normal.
    »Wie bitte, du hast noch nie von Willifred Marchant gehört?«, sagte er. »Sie ist eine weltberühmte Schriftstellerin, die mit ihren Büchern über die Laubbäume von South Carolina drei Pulitzer-Preise gewonnen hat.«
    Ich kicherte. »Sie hat keinen einzigen Pulitzer-Preis gewonnen.«
    »Das sagst du aber besser nicht laut, denn hier in Tiburon kommen die Bücher von Willifred Marchant direkt nach der Bibel. Jedes Jahr feiern wir den Willifred-Marchant-Tag, dann werden an den Schulen feierlich Bäume gepflanzt. Sie kommt dann immer mit einem riesigen Strohhut auf dem Kopf und einem Korb voller Rosenblätter, die sie über die Kinder streut.«
    »Das ist nicht wahr«, sagte ich.
    »Oh doch, Miss Willie ist sehr wunderlich.«
    »Laubbäume sind bestimmt ein interessantes Thema, aber ich würde natürlich lieber über Menschen schreiben.«
    »Ach, stimmt ja, das hab ich ja ganz vergessen«, sagte er. »Du willst ja Schriftstellerin werden. So wie Miss Willie.«
    »Du tust gerade so, als glaubst du nicht, dass ich das schaffe.«
    »Das hab ich nicht gesagt.«
    »Aber gemeint.«
    »Was redest du denn da? Das habe ich nicht gemeint.«
    Ich drehte mich weg und konzentrierte mich auf die Gebäude, die vor den Wagenfenstern vorbeiglitten. Die Freimaurerloge, der Gebrauchtwagenhandel und der Reifenmarkt.
    Zach bremste vor einem Stoppschild neben dem Dixie Café, das sozusagen im Vorgarten des Carolina Viehvertriebs war, und aus irgendeinem Grund machte mich das wütend. Ich hätte gerne gewusst, wie man mit dem Gestank von Kühen - oder schlimmerem - in der Nase frühstücken, Mittag und Abend essen kann. Ich hätte am liebsten aus dem Fenster hinaus geschrien: »Esst eure Frühstücksflocken verdammt noch mal woanders! Hier stinkt’s nach Kuhscheiße!«
    Es machte mich krank, dass die Leute so leben konnten, dass sie Frühstücksflocken mit Kuhmist einfach so hinnahmen. Meine Augen brannten.
    Zach fuhr über die Kreuzung. Ich spürte seinen Blick in meinem Nacken. »Bist du sauer auf mich?«, sagte er.
    Ich wollte sagen: Ja, allerdings bin ich sauer, weil du meinst, dass ich es nie zu irgendetwas bringen werde. Aber natürlich quetschte ich wieder etwas ganz anderes heraus, und das war noch dazu unglaublich peinlich und dumm. »Ich werd niemals Rosenblätter auf irgendwelche Leute streuen«, sagte ich. Und dann fing ich an, wie verrückt zu weinen, es war so ein Weinen, bei dem man keine Luft bekommt und nach Atem schnappt, als ob man ertrinken würde.
    Zach fuhr an den Straßengraben und sagte: »Mädchen, was ist denn los mit dir?« Er legte einen Arm um mich und zog mich zu sich rüber auf seinen Sitz.
    Ich hatte gedacht, ich müsste um meine Zukunft weinen, an die Mrs. Henry mich ermutigt hatte zu glauben, indem sie mich mit Büchern und Leselisten und großartigem Gerede über Stipendien für das Columbia College überhäufte, aber als ich da so nahe bei Zach saß, wusste ich, dass

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