Die Bischöfin von Rom
in der Unendlichkeit des Alls von Ewigkeit zu Ewigkeit vollbringt.«
Während sie die letzten Worte sprach, trat sie so nahe wie möglich an das Quellbecken heran und wartete ab, bis auch Kigva und Branwyn ihre Plätze an den schräg gegenüberliegenden Rändern des Borns eingenommen hatten. Die drei Frauen bildeten damit einen Kreis um die Heilige Quelle und schlossen ihn, indem sie die Arme ausstreckten und die Hände ihrer Gefährtinnen zur Linken und Rechten ergriffen. Gleich darauf stimmten sie zusammen den uralten Sprechgesang zu Ehren Ceridwens an: das melodische Gebet, wie es seit vielen Jahrhunderten überliefert war.
Nachdem sie die liebevolle Anrufung der Göttin beendet hatten, öffnete Branwyn noch einmal ihren Tragesack und nahm einen kleinen Strauß von verschiedenartigen Kräutern heraus. Arawn hatte ihn am Abend zuvor, als sie die Heilpflanzen im Rundhaus ausbreitete, gebunden; er enthielt je eine der seltenen Blumen, Dolden und Rispen, die Branwyn auf dem Festland gesammelt hatte. Jetzt legte sie das Gebinde auf einem Moospolster seitlich des Borns als Opfergabe an Ceridwen nieder und brachte dabei ihre Gedanken mit ihrem Tun in Einklang; auf diese Weise konnte der Geist der Pflanzen, die sie gestern der Natur entnommen hatte, wieder in den Schoß der Erde heimkehren.
Zum Schluß dankten die Frauen der Dreifachen Göttin abermals durch einen Sprechgesang; heiter und gelöst machten sie sich sodann auf den Rückweg. Sie scherzten miteinander, neckten sich und wußten dabei, daß – nach dem stillen Ernst des Rituals – auch solch ausgelassene Fröhlichkeit im Sinne Ceridwens war. Lachend kamen sie aus der Kluft, folgten dem schmalen Pfad talwärts und erreichten schließlich die Stelle, wo er in den breiteren Weg einmündete, der zum Dorf führte.
Dort blieb Kigva stehen, deutete in Richtung der Ansiedlung und wandte sich schmunzelnd an Branwyn: »So ein Zufall! Dafydd kommt genau zum richtigen Zeitpunkt hier herauf. Fast möchte man glauben, ihr hättet euch verabredet …«
Die Antwort der jungen Frau mit den rotblonden Haaren bestand in einem Lächeln; Arawn zwinkerte ihr zu und bemerkte: »Wenn ich es mir recht überlege, brauchen wir dich heute eigentlich gar nicht mehr im Rundhaus …«
»Und ehe du jetzt noch weiter mit uns bergab läufst, nur um dann doch wieder umzukehren, wartest du am besten gleich hier auf Dafydd«, riet Kigva. Sie wies auf einen sonnenbeschienenen flachen Felsblock am Wegrand. »Auf dem könntest du es dir solange bequem machen.«
Branwyn umarmte ihre Gefährtinnen, übergab Kigva den Tragesack mit den leeren Farbtöpfen und ließ sich auf dem Steinquader nieder. Von dort aus beobachtete sie, wie die beiden älteren Frauen weitergingen, ein gutes Stück weiter unten Dafydd begegneten, kurz mit ihm sprachen und ihr dann noch einmal zuwinkten. Wiederum eine Weile später war der großgewachsene Mann mit dem dunklen Haar und den tiefblauen Augen bei ihr; an einem Strick führte er den Widder, den sie im Curragh zur Insel gebracht hatten.
Als der Schafbock Branwyn wiedererkannte, blökte er freudig, drängte sich an sie und wollte gestreichelt werden. Sie liebkoste ihn ausgiebig und erreichte dadurch, daß Dafydd ungeduldig wurde. Um so zärtlicher fiel gleich darauf die Begrüßung zwischen ihm und Branwyn aus. Während sie in seinen Armen lag und sie sich lange küßten, spürte sie, wie ihre Knie weich wurden und wie sehr sie sich nach ihm gesehnt hatte.
»Heute haben wir den ganzen Tag für uns«, flüsterte sie ihm glücklich zu, nachdem ihre Lippen sich wieder voneinander gelöst hatten. Im nächsten Moment packte sie der Übermut. »Denn diesmal kannst du dich nicht nach Aberdaron davonmachen, so wie gestern …«
»Aber du warst es doch, die unbedingt Heilkräuter sammeln wollte, statt mit mir zu gehen!« entfuhr es ihm. Als er das verräterische Zucken um ihre Mundwinkel sah, begriff er, daß sie ihn einmal mehr auf den Arm genommen hatte. »Du bist und bleibst ein Biest«, setzte er in gespielter Empörung hinzu. »Und ich frage mich wirklich, ob ich dir jemals gewachsen sein werde …«
»Wenn du dich das fragst, ist immerhin noch nicht alle Hoffnung verloren«, entgegnete Branwyn augenzwinkernd. »Doch jetzt komm! Wir haben einen langen Weg bis zur Hochweide vor uns, und die Sonne steht schon mehr als zwei Ellen über dem Horizont.«
Hand in Hand, der Widder jetzt an der Seite der jungen Frau, machten sie sich an den Aufstieg zum Walbuckel des
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