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Die blaue Sonne der Paksi

Die blaue Sonne der Paksi

Titel: Die blaue Sonne der Paksi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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wir von der Natur in unser Leben hineinnehmen – Gartenpflanzen und Haustiere, Wanderwege und Bäder –, das alles ist streng ausgewählt nach tausend medizinischen, biologischen, sportlichen, ästhetischen und anderen Gesichtspunkten.
    Nun, unsere theoretische Vorstellung war, daß die nächste große Spiralwindung, die schon begonnen hat, darauf gerichtet ist, diese Trennung wieder aufzuheben, die Natur so umzugestalten, daß man direkt in ihr wohnen kann. Und also auch den Menschen so umzugestalten, daß er das vermag.“
    „Zurück zur Natur“, warf Ming ein.
    „Nein – vorwärts zur Natur!“ entgegnete Hellen. „Wir sind damals mit geradezu utopischer Konsequenz zu Werke gegangen. Der Industriekomplex, der unseren Anteil an der Weltproduktion lieferte, dazu ein Versorgungs- und ein Forschungskomplex wurden unter die Erde verlegt. Die Investitionskosten dafür waren hoch, aber nicht höher als bei jedem beliebigen anderen soziologischen Experiment, sie wurden aus den dafür bereitgestellten Mitteln gedeckt. Wir waren knapp zehntausend Menschen. Wohnten in Laubhütten, und auch das war nur für den Anfang gedacht, für die erste Generation. Wir haben freilich mehr gearbeitet als die anderen Erdbewohner, denn für uns wurde alles zur Arbeit, auch die alltäglichsten Verrichtungen. Aber wir wurden selbstverständlich keine Urmenschen, keine Jäger mit Pfeil und Bogen – wir wurden alle Biologen, Mediziner… Ein Forschungskombinat mit zehntausend Leuten.“
    „Und woran ist das Ganze gescheitert?“ fragte Ming.
    „Böse Zungen behaupten, daran, daß unsere Insel Mode wurde. Immer mehr Besucher trafen ein. Das waren dann die Jäger mit Pfeil und Bogen. Sie hielten uns von der Forschung ab. Wer konnte es ihnen verbieten? Am Schluß kamen auf jeden Einwohner zwei Gäste. Aber der wirkliche Grund bestand darin, daß das noch kein Weg für fünfzehn Milliarden Menschen war. Ja, seiner Zielstellung nach war das Experiment gescheitert. Zugleich jedoch hatte es großen Nutzen gebracht: neue Urlaubsformen, heute überall verbreitet. Und Forschungsergebnisse auf biologischem und medizinischem Gebiet, die jetzt zum Grundwissen gehören. Neue Züchtungen – na und so weiter.“ Eine Weile herrschte Schweigen.
    „Und was hat das mit uns hier zu tun?“ wollte Ming wissen.
    „Wenn man sich damals der Insel aus der Luft näherte – was meinst du, wie das aussah?“ fragte Hellen ruhig.
    „Das ist es also“, sagte Ming. „Keine Städte, keine Anlagen, keine Verbindungswege.“
    „So wie hier“, bestätigte Hellen.
    „Und du warst mit der Sache sehr verbunden?“
    Es dauerte eine Weile, bis Hellen antwortete. „Mein Vater war einer der führenden Leute bei diesem Experiment“, sagte sie.
    Ming erkannte am Ton ihrer Stimme, daß es besser war, in dieser Richtung nicht weiterzufragen.
    „Wenn man euren Gedanken weiterverfolgt“, sagte er vorsichtig, „und einmal annimmt, die Gesellschaft hier basiere auf solchen Prinzipien, welche Rolle könnten dann die Roboter spielen?“
    „Grobe, regulierende Arbeiten in der Natur verrichten. Ihr Verhalten ergäbe einen Sinn, wenn sie so programmiert wären, daß sie zum Beispiel landschaftliche Veränderungen erkunden – wie unser Raumschiff –, aber Tieren aus dem Wege gehen.“
    „Gut, und warum sind wir noch keinem Angehörigen dieser Gesellschaft begegnet? Warum nehmen sie keinen Kontakt zu uns auf?“
    „Vielleicht sind sie daran nicht interessiert.“
    „Das verstehe ich nicht“, sagte Ming, „das mußt du mir erklären.“
    „Ich verstehe es auch nicht“, gab Hellen zu, „das ist es ja, was mir Kopfzerbrechen macht. Als du mich vorhin gefragt hast, habe ich an die übernächste Windung der Spirale gedacht. Nehmen wir an, diese – diese Verschmelzung mit der Natur des Planeten ist geschafft, wie immer das auch am Ende aussehen mag. Was kommt dann? Sicher haben sie in der zurückliegenden Periode auch den sie umgebenden Kosmos erforscht, vielleicht sogar bis zu unserer Erde, und sind in hunderttausend Jahren zu der Erkenntnis gekommen, die nächste Aufgabe bestehe darin, den Kosmos nicht mehr zu durchwandern wie wir – oder wie vor zehntausend Jahren unsere Vorfahren die Natur –, sondern ihn unmittelbar zu bewohnen, zu ihrem eigentlichen Lebensraum zu machen. Deshalb haben sie die uns bekannte Art der kosmischen Forschung eingestellt. Infolgedessen nehmen sie uns gar nicht wahr.“
    „Gerade im eigenen Lebensraum“, sagte Ming lächelnd, „weiß

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