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Die blaue Sonne der Paksi

Die blaue Sonne der Paksi

Titel: Die blaue Sonne der Paksi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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formierten sich die an Zahl weit überlegenen Weißkittel und rückten vor. Nun ergriffen die Räuber die Flucht – oder taten so, als ob sie flüchteten, denn merkwürdigerweise rannten sie nicht sofort in den Wald, wie das ihrer sonstigen Kampfweise entsprochen hätte, sondern den Pfad entlang, der nach Nordosten führte.
    Natürlich verfolgten die Beobachter das Geschehen auf dem Pfad weiter. Sie sahen, was die Weißkittel nicht sehen konnten: daß nämlich der verfolgte Räubertrupp immer kleiner wurde, weil nach und nach immer mehr Räuber im Wald verschwanden.
    Als sie aber das Objektiv zum Tal zurückschwenkten, entdeckten sie, daß zwanzig, dreißig andere Räuber dabei waren, die Höhle auszuräumen und die Vorräte abzutransportieren. Schwer beladen marschierten sie auf dem Pfad ab, auf dem vorhin die Weißkittel gekommen waren, nach Südwesten, wo keine Weißkittel mehr waren. Offenbar war ihnen dieses Tal nun doch nicht mehr sicher genug.
    Inzwischen waren die Weißkittel auf dem jenseitigen Pfad umgekehrt. Die Beobachter hatten den Augenblick verpaßt, aber es war anzunehmen, daß der Befehlshaber der Weißkittel das Ablenkungsmanöver endlich durchschaut hatte, als der letzte der scheinbar flüchtenden Räuber vor ihnen im Wald verschwunden war.
    Jetzt aber wurde den Weißkitteln der Weg nicht so leicht. Obwohl sie eine bemerkenswerte Marschordnung entwickelt hatten – sie gingen hintereinander und richteten ihre Waffen abwechselnd nach links und rechts –, fanden die Räuber immer wieder Möglichkeiten anzugreifen. Wahrscheinlich wollten sie die Weißkittel so lange aufhalten, bis ihre Vorräte in Sicherheit waren. Mit großem Geschick nutzten sie alle Gegebenheiten des Geländes aus, das sie freilich viel besser kannten als die Weißkittel.
    Auch die Räuber hielten sich an die offenbar allen Paksi gemeinsame Regel, den Rumpf des Gegners – als Träger des Gehirns – nicht zu zerstören. Sie hätten zum Beispiel mit Leichtigkeit von überhängenden Felsen herab Steine auf die Weißkittel stürzen können, aber sie taten das nicht oder vielmehr nicht so, daß ein Weißkittel dabei verletzt wurde. Sie blockierten nur mehrfach auf diese Weise den Pfad, griffen die Spitze oder die Nachhut der Weißkittel direkt an und zogen sich dann wieder in den Wald zurück.
    Tondo wunderte sich ein wenig, daß die Weißkittel so brav und einfältig den Pfad entlangtrotteten. Mehrfach überquerten sie Waldlichtungen, die ihnen durchaus die Möglichkeit geboten hätten, sich zu entfalten und den Räubern einen Kampf zu liefern.
    Warum sie davon keinen Gebrauch machten, darüber gab eine kleine Episode, die die Menschen beobachten konnten, wenigstens teilweise Auskunft. Wieder einmal mußten die Weißkittel über eine Sperre klettern, die die Räuber auf dem Pfad aus Gestrüpp und Steinen schnell errichtet hatten. Der Anführer war bei der Sperre stehengeblieben, wohl um Weisungen zu erteilen, die ersten beiden marschierten bereits weiter, während dem dritten ein Mißgeschick passierte: Er rutschte aus und mußte sich dabei wohl irgendwie beschädigt haben – jedenfalls gab es einen Aufenthalt.
    Die ersten beiden Weißkittel aber marschierten weiter, als sei nichts geschehen. Als der Pfad einen Knick machte, blickten sie noch einmal zurück, und statt nun zu warten, schienen sie das Tempo noch zu beschleunigen. Bei der nächsten Wegbiegung blieben sie stehen, und nun geschah es: Sie rissen sich die Kittel herunter, warfen sie auf den Pfad und verschwanden im Wald, der hier so dicht war, daß man sie nicht weiter beobachten konnte.
    „Sie sind zu den Räubern übergegangen“, sagte Tondo triumphierend mit glänzenden Augen.
    „Du anscheinend auch“, fragte Raja. Sie hatte das nebenbei gefragt, denn es wollte ihr nicht gelingen, das Verhalten dieser beiden Roboter zu analysieren. Gerade die Weißkittel waren doch echten, alten, programmgesteuerten Robotern am ähnlichsten – die Einheitlichkeit ihres Verhaltens, ihre exakten Bewegungen… Und plötzlich agierten zwei gegen ihr Programm, offensichtlich ohne daß das Programm geändert worden war. Geändert von außen. Und von innen, aus sich selbst? Was konnte stärker sein als das Programm? Selbsterhaltung kam wohl auch nicht in Frage, nicht in dieser Situation. Blieben nur – Ideen? Aber Ideen waren kein Produkt der Technik, sondern, so schwer es ihr auch fiel, das zuzugeben, ein Produkt der – Gesellschaft!
    Rajas Frage war mehr als

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