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Die blaue Sonne der Paksi

Die blaue Sonne der Paksi

Titel: Die blaue Sonne der Paksi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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dem auch sein mochte – zunächst konnten wohl nur die Paksi selbst Auskünfte liefern, die weiterführten. Verschleierte Auskünfte freilich, in das Gewand von Mythen und religiöser Verbrämung gekleidet, aber möglicherweise doch geeignet, Anhaltspunkte zu geben für weitergehende Fragestellungen.
    Deshalb versuchte Tondo zunächst zu klären, warum die Paksi jedem Kott aus dem Wege gingen. Ming bestärkte ihn in seiner Hartnäckigkeit und verwies ihn an Ito; er meinte, jeder Wissenschaftler, gleich auf welcher Entwicklungsstufe, wolle früher oder später sein Wissen mitteilen, das sei sein Lebenszweck, und dann auch möglichst gegen anderes Wissen austauschen.
    Und eines Tages erhielt er von Ito die Antwort: weil die Götter es gebieten.
    Mit aller Energie versuchte Tondo, an diesem ersten dünnen Faden der Konversation weitere Auskünfte herauszuziehen, und schließlich fand Ito sich bereit, über die Religion der Paksi zu berichten. Dem ging eine Zeremonie voran: Ito hockte sich nieder und ließ die Arme kreisen. Tondo als Historiker erkannte sofort, daß Ito betete. Endlich wurde diese Geste, die sie schon öfter gesehen hatten, verständlich.
    Die alten Götter, erzählte Ito, hätten die Paksi geschaffen, um mit ihnen zu spielen. Die Paksi konnten jederzeit zu den Göttern kommen; wenn sie ein bestimmtes Wort sagten, öffneten ihnen die Götter. Aber dann verloren die Paksi beim Spielen das Wort und fanden es nicht wieder. Da wurden die alten Götter zornig, zogen sich in ihre Höhle zurück und geboten den Paksi, sie dürften erst wieder zu ihnen kommen, wenn sie das verlorene Wort wiedergefunden hätten.
    Damit aber die Paksi weiterleben konnten, schufen die alten Götter neue Götter, die sie über sie setzten. Seitdem müssen die Paksi ihren Leib selbst schaffen, und die neuen Götter geben die Seele dazu. Deshalb können die Paksi einzelne Teile des Leibes erneuern, aber die Seele nicht. Diese müssen sie den neuen Göttern zurückgeben, wenn die Zeit gekommen ist. Die Paksi vermögen also ohne die neuen Götter nicht zu leben.
    Aber auch die neuen Götter brauchen die Paksi. Denn die Paksi kannten wenigstens früher das verlorene Wort, aber die neuen Götter kannten es niemals, sie wurden erst von den alten Göttern geschaffen, als das Wort schon verloren war. Nur die Paksi können also das verlorene Wort wiederfinden. Bis dahin verkehren die neuen Götter mit den Paksi nur durch Boten, die sie selbst schicken und die ihren Willen verkünden. Denn sie sind den Paksi böse, daß sie das Wort noch nicht wiederentdeckt haben.
    Es sei aber verheißen, an dem Tage, an dem das Wort gefunden ist, würden die Paksi den neuen Göttern gleich und die neuen Götter den Paksi. Jedoch, fügte Ito plötzlich sehr skeptisch hinzu, was diese Verheißung bedeuten solle, wisse niemand recht zu sagen. Denn wenn alle Paksi den neuen Göttern gleich seien, dann seien sie auch unter sich gleich, wie die Mathematik lehre, und das sei unmöglich. Daraus wären leider schon oft Überlegungen entstanden, die die Betreffenden unglücklich gemacht hätten, und ein kluger Mann enthalte sich allen Nachdenkens über diese Prophezeiung. Ito winkte mit einer fast menschlichen Geste ab und schwieg, als habe er schon zuviel gesagt.
    „Und das Gebot, einen Kott nicht zu berühren“, fragte Tondo, „stammt das von den alten oder von den neuen Göttern?“
    „Von den alten.“
    Die Höhle der alten Götter, überlegte Tondo, ob das wie in den irdischen Religionen der Himmel war? Oder die Unterwelt, in die die alten irdischen Götter später verbannt wurden?
    „Wo liegt die Höhle der alten Götter?“ fragte er.
    Die Antwort war überraschend konkret. „Im Süden von hier, auf der anderen Seite des Gebirges“, sagte Ito.
     
    Kisa begleitete Raja und Juri jetzt von morgens bis abends. Fürst Kisa, wie sie ihn nannten, seinem Rang entsprechend und in Angleichung an altirdische Bezeichnungen. Er zeigte ihnen die weitläufigen Anlagen des inneren Königshofes – darunter auch Werkstätten für Luxusgegenstände. Es war vergleichsweise ein armseliger Luxus, er beschränkte sich auf edelsteinbesetzte Bänder, die um den Kopf gelegt wurden, eine Art Rangabzeichen auf den Kitteln und Verzierungen an den Waffen. Das mochte aber daher rühren, daß die Paksi ja außer der Stromzufuhr keine körperlichen Bedürfnisse kannten. Vergnügungsstätten gab es ebenfalls. Makabrerweise war die Maschinerie, auf der die Hinrichtung stattgefunden

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