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Die blaue Sonne der Paksi

Die blaue Sonne der Paksi

Titel: Die blaue Sonne der Paksi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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hatte, zugleich ein Vergnügungsapparat: Weniger Umdrehungen der beiden Scheiben bewirkten ein angenehm taumelndes Gefühl, eine Art Rausch, nach dem zu urteilen, was Kisa darüber sagte.
    Der Fürst erklärte viel, wortreich, aber beileibe nicht alles. Auf mancherlei Fragen antwortete er ausweichend, und solche ausweichenden Antworten begannen in ihrem Wortlaut immer gleich. Auf die Frage, warum der Soldat hingerichtet worden sei, hieß es: Der Wille des Iskatoksi ist oberstes Gesetz. Auf die Frage, warum sie vorher den Hof nicht hatten betreten dürfen, jetzt aber doch, lautete die Antwort: Der Wille des Iskatoksi ist unerforschlich.
    Raja deprimierte das alles. Der Fürst bemerkte das sicherlich nicht, zumal sein Partner ja der Omikron war, aber Juri fühlte es. „Warum nur schlägt dir das so aufs Gemüt?“ fragte er schließlich.
    Raja suchte nach einer Antwort. „Ich glaube“, sagte sie, „wenn wir in einer menschlichen Klassengesellschaft gelandet wären, ich meine, einer menschenähnlicheren, wo die Barbarei noch offener zutage träte – ich glaube, da wäre ich nicht einmal so beeindruckt, aber…“
    Juris Entgegnung zeigte, daß er sie nicht verstanden hatte. „Wir können es doch nicht ändern“, erwiderte er. „Tondo wird schon recht haben. Sie werden sich entwickeln und eines Tages auch ihre Klassengesellschaft hinter sich lassen. Bis dahin – sie müssen eben da durch. Ist doch Unsinn, sich darüber aufzuregen!“
    Raja lächelte. Sie hatte auch nicht damit gerechnet, daß Juri sie verstehen könnte; dazu war er wohl zu robust. Und ein Psychologe war er nie gewesen. Aber es wärmte sie doch, daß er wenigstens versucht hatte, sie zu trösten. Daß er ihre Stimmung überhaupt bemerkt hatte, wo er doch so sehr mit sich selbst beschäftigt war.
    Raja kämpfte durchaus gegen ihre Stimmung an. Sie setzte das Mittel dagegen, das ihr am ehesten zu Gebote stand, und das war die sachliche Aufmerksamkeit. Oder eigentlich mehr eine wütende Aufmerksamkeit, mit der sie die Paksi studierte, um sich selbst zu beweisen, wogegen ihr Gefühl sich sträubte: daß nämlich die Paksi ebenfalls von Emotionen bewegt waren. Ihr Vermögen, räumliche Vorgänge zu verfolgen, geschult an den kompliziertesten Bewegungen Tausender von Mechanismen, half ihr dabei, nach und nach Unterschiede zu finden in der Sprechgestik der Paksi, Differenzierungen, die über die Wortbedeutung hinausgingen.
    Als erstes war ihr aufgefallen, daß untergeordnete Paksi in der Regel die notwendige Geste großräumiger ausführten als beispielsweise Kisa oder ein anderer hoher Würdenträger. Höhere sprachliche Ausprägung? Teil des Klassenjargons? Dann gab es Bewegungen, die auch allein, ohne Worte, Bedeutung trugen, wie Bejahung, Verneinung, hinweisende Gesten. Besonders bei Kisa, der ja ihr häufigstes Studienobjekt war, fiel ihr auf, daß er gelegentlich eine Sprechgeste zusätzlich mit Fingerbewegungen begleitete, die die Rede gewissermaßen verzierten, Floskeln vielleicht, wie sie auch in der menschlichen Altgeschichte üblich waren?
    Diesmal aber sprach Fürst Kisa ohne die gewohnten Fingerspiele. Er überbrachte eine Einladung, die den Gesandten der Fremden zu einer Audienz beim Götterboten beorderte.
    Raja antwortete, das heißt, sie ließ den Omikron antworten, daß er sich freue, und ließ ihn dabei solche Fingerspiele vollführen, wie sie sie bei Kisa gesehen und inzwischen für den Omikron programmiert hatte. Es war eine augenblickliche Eingebung gewesen, aber sie erwies sich als fruchtbar. „Das ist eine ernste Angelegenheit“, sagte Kisa. „Der Götterbote ist Herr über Sein und Nichtsein, über Werden und Vergehen der Paksi.“
    Jetzt fragte Raja, was diese Fingerspiele zu bedeuten hätten.
    Kisa schien zu verstehen, daß es sich hier um ein Mißverständnis handelte. Seiner bereitwilligen Erklärung war zu entnehmen, daß damit eine gewisse ironische Haltung ausgedrückt wurde, wie sie am Hofe gebräuchlich war, allerdings nur unter Gleichgestellten. Dem Götterboten gegenüber aber sei sie völlig unangebracht.
    Der Omikron, Raja und Juri wanderten durch viele Talkessel, durch Gänge, die sie noch nie betreten hatten, und wurden schließlich in einen geschlossenen Raum eingelassen. Selbst Kisa mußte draußen bleiben.
    An der Helligkeit des Raumes erkannte Juri sofort das gleiche Beleuchtungssystem, das er schon in dem Demontageberg gesehen hatte. Er machte Raja darauf aufmerksam.
    Und dann trat der dunkelfarbige Pak

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