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Die Blechtrommel

Die Blechtrommel

Titel: Die Blechtrommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Grass
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werde zweimal in der Woche abends seine neuen Skatbrüder, die alle Zellenleiter seien, in der Gaststätte Springer treffen, auch Sellke, der neue Ortsgruppenleiter, wolle manchmal kommen, alleine schon deswegen müsse er hin und uns leider alleine lassen. Das Beste sei wohl, man quartiere den Oskar an den Skatabenden bei Mutter Truczinski ein. Mutter Truczinski war damit einverstanden, zumal ihr jene Lösung weit besser gefiel als der Vorschlag, den ihr Matzerath ohne Marias Wissen am Vortage gemacht hatte. Da hieß es, nicht ich sollte bei Mutter Truczinski übernachten, sondern Maria sollte zweimal in der Woche bei uns auf der Chaiselongue ihr Nachtlager aufschlagen. Zuvor hatte Maria in jenem breiten Bett geschlafen, in welches vor Zeiten mein Freund Herbert seinen narbigen Rücken gebettet hatte. Das schwere Möbel stand im kleineren hinteren Zimmer. Mutter Truczinski hatte ihr Bett im Wohnzimmer. Guste Truczinski, die nach wie vor im Hotel »Eden« am kalten Büfett servierte, wohnte auch dort, kam manchmal an ihren freien Tagen, übernachtete selten und wenn, dann auf dem Sofa. Brachte jedoch ein Fronturlaub Fritz Truczinski mit Geschenken aus fernen Ländern in die Wohnung, schlief der Fronturlauber oder Dienstreisende in Herberts Bett, Maria in Mutter Truczinskis Bett, und die alte Frau machte sich ihr Lager auf dem Sofa.
    Diese Ordnung wurde durch meine Ansprüche gestört. Zuerst sollte ich auf dem Sofa gebettet werden. Dieses Ansinnen lehnte ich knapp, aber deutlich ab. Dann wollte mir Mutter Truczinski ihr Altfrauenbett abtreten und mit dem Sofa vorliebnehmen. Da erhob Maria Einspruch, wollte nicht haben, daß Unbequemlichkeiten die Nachtruhe ihrer alten Mutter störten, erklärte sich, ohne viele Worte zu machen, bereit, Herberts ehemaliges Kellnerbett mit mir zu teilen, und drückte das so aus:
    »Das jeht schon mit dem Oskarchen in ain Bett. Där is ja man doch nur né achtel Portion.«
    So trug Maria von der folgenden Woche an zweimal wöchentlich mein Bettzeug aus unserer Parterrewohnung ins zweite Stockwerk und schlug mir und meiner Trommel zu ihrer Linken das Nachtlager auf. In Matzeraths erster Skatnacht ereignete sich gar nichts. Es wollte mir Herberts Bett sehr groß vorkommen. Ich lag zuerst, Maria kam später. Sie hatte sich in der Küche gewaschen und betrat das Schlafzimmer in einem lächerlich langen und altmodisch steifen Nachthemd. Oskar hatte sie nackt und behaart erwartet, war anfangs enttäuscht, dann jedoch zufrieden, weil ihn der Stoff aus Urgroßmutters Schublade leicht und angenehm Brücken schlagend an den weißen Faltenwurf der Krankenschwesterntracht erinnerte.
    Vor der Kommode stehend machte Maria ihre Zöpfe auf und pfiff dabei. Immer wenn Maria sich an-oder auszog, wenn sie die Zöpfe flocht oder löste, pfiff sie. Selbst beim Kämmen preßte sie unermüdlich diese zwei Töne zwischen gespitzten Lippen hervor und brachte es dennoch zu keiner Melodie.
    Sobald Maria den Kamm weglegte, brach auch das Pfeifen ab. Sie drehte sich, schüttelte noch einmal ihr Haar, schaffte mit wenigen Griffen Ordnung auf ihrer Kommode, die Ordnung stimmte sie übermütig: ihrem fotografierten und retuschierten, schnauzbärtigen Vater im schwarzen Ebenholzrahmen warf sie eine Kußhand zu, sprang dann mit übertriebener Wucht ins Bett, federte mehrmals, griff sich beim letzten Federn das Oberbett, verschwand unter dem Berg bis zum Kinn, berührte mich, der ich unter den eigenen Federn daneben lag, überhaupt nicht, langte mit rundem Arm, an dem der Nachthemdärmel zurückrutschte, noch einmal unter den Daunen hervor, suchte über ihrem Kopf jene Schnur, mit der man das Licht ausknipsen konnte, fand, knipste und sagte mir erst im Dunkeln mit viel zu lauter Stimme »Gute Nacht!«
    Marias Atem wurde schnell gleichmäßig. Wahrscheinlich tat sie nicht nur so, sondern schlief wirklich bald ein, denn ihrer tagtäglichen Arbeitsleistung konnte und durfte nur eine ähnlich tüchtige Schlafleistung folgen.
    Oskar boten sich noch längere Zeit lang betrachtenswerte, den Schlaf vertreibende Bildchen an. So dicht die Schwärze zwischen den Wänden und dem Verdunklungspapier vor dem Fenster auch lastete, es beugten sich dennoch blonde Krankenschwestern über Herberts narbigen Rücken, aus Schugger Leos weißem Knitterhemd entwickelte sich, weil das nahe lag, eine Möwe und die flog, flog und zerschellte an einer Friedhofsmauer, die danach frischgekalkt aussah und so weiter und so weiter. Erst als ein sich

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