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Die Bleiche Hand Des Schicksals

Die Bleiche Hand Des Schicksals

Titel: Die Bleiche Hand Des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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Klinik demonstriert. Sie glaubt, die Konservierungsstoffe in deren Impfseren hätten bei ihrem Sohn Autismus ausgelöst.«
    In George Stillmans Miene spiegelte sich die Erkenntnis. »Diese Frau. Oh, Himmel, die war auch hier im Krankenhaus. Total durchgeknallt. Was hat sie getan? Ihn dort rausgeschleift, um ihn umzubringen?«
    Clare sah ihn überrascht an. »Das bezweifle ich. Er hat sie gebeten, sich mit ihm zu treffen. Er wollte ihr die Gräber einiger Kinder zeigen, die 1924 an Diphtherie gestorben sind.«
    Dr. Stillman blieb vor dem Aufzug stehen und drückte den Knopf. »Wirklich? Und die Gräber waren dort draußen? Ich frage mich, ob sie zu den Patienten meines Großvaters gehörten. Anfang der zwanziger Jahre hat er ziemlich viele an die Diphtherie verloren. Konnte die Leute nicht überreden, das Serum zu nehmen. Sie glaubten, Gurgelwasser und Nasenspray würden reichen, um sie loszuwerden.« Er verdrehte die Augen.
    »Woher wissen Sie das?«
    Er sah sie an, als ob sie nicht ganz dicht wäre. »Diphtherie? Habe ich im Medizinstudium gelernt.«
    »Nein, ich meine das über Ihren Großvater. Und seine Patienten. Hat er über sie gesprochen?«
    Dr. Stillman schüttelte den Kopf. »Er starb 1948, vor meiner Geburt. Aber er hat sein ganzes Leben lang Tagebuch geführt. Mein Vater hat alle Bände aufgehoben und sie mir vererbt.« Die Aufzugtüren glitten mit einem Zischen auseinander, und sie stiegen ein. »Ich habe sie mindestens zweimal gelesen. Es sind unglaubliche Einblicke in das Leben Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts und das Dasein eines Landarztes. Eines Tages werde ich sie für eine Veröffentlichung bearbeiten.« Er grinste. »Wahrscheinlich im Ruhestand.«
    Clare drückte die zusammengeknüllte Albe und den Lederkoffer gegen ihre Hüfte. Sie war wie elektrisiert. »Meinen Sie, ich dürfte sie mir mal ansehen? Die von 1924?«
    Eine Klingel ertönte, und die Türen öffneten sich. Dr. Stillman sah sie erneut an, als wäre sie nicht ganz dicht. »Warum?«
    »Das ist kompliziert. Haben Sie eine halbe Stunde Zeit?«
    Sie traten aus dem Fahrstuhl in den Aufnahmebereich im Erdgeschoss. Ehe er antworten konnte, fuhr sie fort: »Die Kurzversion lautet, dass das überlebende Kind meiner Gemeinde angehört. Und eine große Summe des Geldes ihrer Mutter – der Mutter, die ihre übrigen vier Kinder an die Diphtherie verloren hat – wurde zur Finanzierung der Klinik verwendet und fließt jetzt an St. Alban’s. Seit ich erfahren habe, dass wir ihr Geld bekommen, habe ich Stück für Stück die Familiengeschichte der Ketchems ausgegraben. Wenn er ihr Hausarzt war, könnten die Tagebücher ihres Großvaters die einzigen zeitgenössischen Augenzeugenberichte der Ereignisse sein.«
    »Das ist die Kurzversion?«
    »Wie gesagt, es ist kompliziert.« Sie presste die Hand gegen die Brust und lenkte so nicht besonders subtil die Aufmerksamkeit auf ihren Priesterkragen. »Ich verspreche Ihnen, sie sehr vorsichtig zu behandeln. Ich weiß, wie man mit wertvollen alten Büchern umgeht.« Sie hatte im Priesterseminar gelegentlich anhand von Originalquellen recherchiert. Allerdings unter der Aufsicht des Bibliothekars, der dafür bekannt gewesen war, die Seiten für die Seminaristen umzublättern, deren Hautfettpegel er bedenklich fand.
    Dr. Stillman hob abwehren die Hand. »So alt und wertvoll sind sie gar nicht«, sagte er.
    »Für Sie schon.«
    Er sah sie an. »Okay.«
    »Okay?«
    »Okay, Sie dürfen sie ausleihen. Die Bände, die Sie benötigen.« Er warf einen Blick auf seine Uhr. »Es dauert eine halbe Stunde, bis ich mit meiner Visite fertig bin. Wie wäre es, wenn wir uns hinterher in meinem Büro treffen? Es ist gleich nebenan, in Block A.«
    »Sie bewahren sie in Ihrem Büro auf?«
    »In meinem Haus leben zwei Teenager und eine angeblich Erwachsene, die wieder im Hotel Mama wohnt«, sagte er mit gequältem Blick. »Alles, was nicht zerstört werden soll, hebe ich in meinem Büro auf.«

    Clare blieb genug Zeit, um nach St. Alban’s zu sausen, ihre Nachrichten abzuhören und sich bei ein paar Leuten zu melden, ehe sie sich wieder zu Dr. Stillman aufmachte, wobei ihr Lois’ Mahnung, »den Mann zurückzurufen«, in den Ohren klang. Hugh Parteger hatte wieder angerufen. Clare konnte sich nicht helfen, darüber nachzudenken, dass er wesentlich größere Chancen hätte, sie zu erreichen, wenn er sie abends von seiner Wohnung aus anriefe statt tagsüber über die Geschäftsleitung.
    Die Blöcke A, B und C waren so

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