Die Bleiche Hand Des Schicksals
trauerte für den Rest ihres Lebens, und der Vater verließ die Stadt.« Sie ließ die Hände auf die Oberschenkel sinken. »Mit Debba ist es dasselbe. Sie hat versucht, alles richtig zu machen, und jetzt hat sie einen autistischen Sohn und einen Exmann, der versucht, ihr die Kinder wegzunehmen.«
»Ich hätte wesentlich mehr Mitgefühl mit ihrer Misere, wenn ich nicht gesehen hätte, wie sie versucht hat, dem Doktor mit einem Schemel den Schädel einzuschlagen.« Er streckte die Hand aus und half ihr auf die Beine.
»Glauben Sie wirklich, dass sie ihn irgendwo hingeschleppt hat, bewusstlos?«
»Das ist eine Idee. Vielleicht ist er in ihrem Keller, an die Wand gekettet, bis er einwilligt, ein Dokument zu unterschreiben, dass sie die beste Mutter ist und er ein Quacksalber, weil er Kinder impft.«
Sie ignorierte seine flapsige Bemerkung. »Wenn sie ihn hier niederschlug oder er stürzte, und sie ihn sterbend zurückließ, wo ist dann seine Leiche?«
Sie sahen durch die Kiefern zum Stausee. »Ich wünschte, ich könnte ein paar Gewichte hinausschlittern lassen, um zu sehen, ob es dünne Stellen gibt, die einbrechen«, sagte er. Seine Hände formten einen großen, imaginären Stein.
»Wie diese Steine, die man beim Eisstockschießen benutzt«, ergänzte sie.
»Ja.« Er sah sie an. »Okay, Sie sind Debba, und ich bin Rouse. Ich rutsche aus, stürze und schlage mit dem Kopf an den Stein. Ich blute.« Er kniete sich neben Peter Ketchems Stein. »Was tun Sie?«
»Ich versuche, Ihnen hochzuhelfen«, sagte sie. Sie streckte die Hände aus und umklammerte seinen Oberarm.
»Aber ich bin schwerer als Sie und desorientiert.« Er stand auf. »Außerdem bin ich ein mürrischer alter Mistkerl und will Ihre Hilfe nicht.«
»Deshalb greife ich nach Ihnen, versuche Sie festzuhalten, um einen Blick auf Ihren Kopf zu werfen.« Sie streckte die Arme nach ihm aus.
»Und ich weiche zurück.« Er tat es.
»Seien Sie vorsichtig«, mahnte sie.
»Was tun Sie als Nächstes?«, fragte er.
»Ich versuche immer noch, Sie festzuhalten.« Sie legte die im Fäustling steckende Hand an den Mund, dachte stirnrunzelnd nach. »Ich habe Angst, und wahrscheinlich raste ich allmählich aus. Vielleicht schreie ich Sie an, Sie sollen stehen bleiben.« Sie trat einen Schritt auf ihn zu.
»Ich weiche zurück«, sagte er, »weil Sie aussehen wie eine Verrückte, weiche zurück und …« Er bewegte sich rückwärts, ohne sich umzuschauen, weil Rouse sich natürlich auch nicht umgeschaut hatte, er hatte sich Blut aus den Augen gewischt, und als Clare schrie: »Passen Sie auf!«, drehte er sich um, um zu sehen, wohin er trat, aber es war zu spät, seine Ferse traf ins Nichts, und er kippte auf verrückte Weise um, sein gesamter Stiefel verschwand im gefrorenen Schlund einer Murmeltierhöhle und er stürzte mit wirbelnden Armen. Clare schrie etwas, und dann fühlte es sich den Bruchteil einer Sekunde so an, als schmetterte ein Hammer gegen sein Bein, ein bohrender Schmerz über seinem Knöchel, und dann prallte sein Kopf auf den vereisten Schnee und seine Brille flog davon.
20
O h, Scheiße«, fluchte er.
Clare warf sich neben ihm auf die Knie, stammelte etwas, streckte die Arme nach ihm aus, und er brüllte wegen seiner Brille, tritt nicht auf die Brille, als käme es auf die gottverdammte Brille an, wo sein gottverdammtes Bein in dem gottverdammten Loch steckte, außer, dass sie ihn dreihundert Dollar gekostet hatte und nicht versichert war.
»Sch! Sch!«, sagte Clare. »Ich habe sie, Russ, sie ist hier. Gleich hier.« Und sie setzte ihm die Brille auf, ihre Hände strichen über sein Gesicht, rieben seine Brust. Er schloss einen Moment die Augen, während ihn kalte Schauer wie Wogen eisigen Schmelzwassers durchfuhren. Er zitterte am ganzen Leib. Der Schmerz in seinem Bein war so furchtbar, dass er hätte heulen und schreien können. Er schlug die Augen auf. Clare füllte sein gesamtes Blickfeld aus, sie beugte sich über ihn, aus ihren weit aufgerissenen, haselnussbraunen Augen leuchtete die Angst. Doch ihre Stimme klang fest. »Ich will, dass Sie ganz langsam den Kopf bewegen, wenn Sie dazu in der Lage sind.«
»Ich habe mir das Bein gebrochen«, sagte er.
»Ich weiß.« Sie strich ihm eine Strähne aus der Stirn. »Aber ehe ich Sie bewege, will ich mich vergewissern, dass Ihre Wirbelsäule nicht verletzt ist.«
Das jagte einen weiteren eisigen Schauer durch seinen Körper, und er zitterte. Er hob den Kopf vom Boden und starrte an seinem
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