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Die Bleiche Hand Des Schicksals

Die Bleiche Hand Des Schicksals

Titel: Die Bleiche Hand Des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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jedes Mal für eine allgemeine Krankenversicherung, stimmt’s?«
    Sie warf den Kopf zurück und lachte, und so fand Margy Van Alstyne sie vor.
    »Aha! Sieht aus, als würde ich eine Party verpassen.« Sie eilte geschäftig herein, eine Frau, klein und rund wie ein Hydrant, und warf ihren Mantel auf das andere Bett. »Hallo, Clare.« Clare rappelte sich aus dem Stuhl hoch und hatte sie kaum begrüßt, da fegte Margy auch schon zum Kopfende des Bettes. »Hallo, Schätzchen.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihren Sohn. »Wie geht es dir? Ist der Bruch schlimm? Ist es dieselbe Stelle wie damals?« Sie schaute flüchtig zu Clare. »Russ stolperte über einen Fuchsbau und brach sich das Bein, als er in Vietnam war«, erklärte sie.
    Es waren beide Beine gewesen, und er hatte sie gebrochen, als er sich mit einem Sprung aus einem Helikopter rettete, der abgeschossen worden war. Russ sah Clare warnend an. Sie nickte.
    »Sich mit achtzehn das Bein zu brechen ist eine ganz andere Sache als mit fünfzig«, fuhr Margy fort. Sie strich sein Haar zurück, das ihm in die Stirn gefallen war.
    »Ich bin noch keine fünfzig, Mom.«
    »Aber fast, es macht keinen Unterschied. Was haben sie unternommen? Was sagt der Arzt?«
    »Er hat es genagelt. Ich muss sechs Wochen Gips tragen.«
    Margy Van Alstyne drehte sich zu Clare, und sie teilten einen Moment vollkommenen Einverständnisses über die Fähigkeit von Männern, die dramatischsten und komplexesten Sachverhalte in zwei Sätze zu packen. Kurze Sätze. Mit kurzen Worten.
    »Und wie ist das passiert?«, fragte Margy sie.
    »Ach.« Clare rief sich das Drehbuch ins Gedächtnis. »Russ und ich sind spazierengegangen. Im Wald.«
    »Wirklich?« Margy drehte sich wieder um und bedachte Russ mit einem skeptischen Blick. »Als ich im Revier anrief, meinte Harlene, du hättest dich an einem Tatort herumgetrieben und nach jemandem gesucht, der gestern Abend verschwunden ist.«
    »Erwischt«, sagte Russ.
    »Es war im Wald«, sagte Clare. »Wir waren zu Fuß.«
    »Siehst du, was alles passieren kann?«, wandte sich Margy an ihren Sohn. »Und das war erst hinterher, nicht mal bei der direkten Konfrontation mit einem Kriminellen. Schätzchen, du machst diese Arbeit schon zu lange. Früher oder später wendet sich das Glück gegen dich, und du endest am falschen Ende der Waffe irgendeines Wahnsinnigen.« Ihre Stimme klang gepresst. Bei allen Klagen von Russ über die übertriebene Fürsorge seiner Mutter war es Clare nie in den Sinn gekommen, wie es wohl aus Margys Warte aussah, die Angst, dass der eigene Sohn eines Tages einen Wagen anhalten oder eine Wohnung betreten könnte und niemals zurückkehrte.
    »Mom, es war einfach ein dummer Unfall. Es hätte überall passieren können.« Russ’ Stimme klang halb flehend, halb scherzhaft. »Allan Rouse wird vermisst«, sagte er. »Der Arzt, der die Armenklinik leitet. Am Stewart’s Pond wurde er zum letzten Mal gesehen. Wir haben seinen Wagen gefunden, aber von ihm fehlt jede Spur.«
    Margys Miene gab ganz deutlich zu erkennen, dass sie sich von seinem durchsichtigen Versuch, das Thema zu wechseln, nicht zum Narren halten ließ. Aber sie ließ sich trotzdem darauf ein. »Was hat er getan, ist er hineingesprungen?«
    »Das wissen wir nicht«, erwiderte Russ. »Kurz bevor er verschwand, war eine Frau bei ihm. Wir müssen sie weiter befragen.«
    Margy machte runde Augen. »Tatsächlich, der alte Streuner«, sagte sie.
    »Nein, Mum, nicht so.« Er sah sie stirnrunzelnd an. »Ich verrate es dir, aber du musst versprechen, es für dich zu behalten. Es war diese Frau, die vor der Klinik demonstriert. Deborah Clow.«
    »Die kenne ich!« Clare und Russ zwinkerten überrascht. »Sie besuchte einmal eine unserer Versammlungen«, fuhr Margy fort. »Wollte uns für ihren Kreuzzug gegen Impfungen einspannen. Behauptete, sie würden Autismus auslösen.« Sie verdrehte die Augen. »Mein erster Gedanke war, sie sofort rauszuschmeißen. Ich erinnere mich noch, wie die Kinderlähmung umging und die Schulen schlossen und man die Kinder aufs Land schickte. Aber ich dachte, ich schau es mir mal an. Stelle selber fest, ob etwas dran ist.«
    »Und?«, fragte Clare.
    »Alles Humbug. Keine seriöse wissenschaftliche Studie hat jemals einen Zusammenhang zwischen Impfungen und Autismus nachgewiesen. Ich sagte ihr, wir könnten sie nicht unterstützen. Es gibt zu viele echte Bedrohungen dort draußen, um unsere Zeit mit eingebildeten Ungeheuern zu verschwenden.«

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