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Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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getroffen.«
    »Du redest wie ein billiger Jahrmarktswahrsager. Wenn ich eine Infrarote wäre, würdest du sagen, oh, Infrarot, für das Mädchen, das so wütend darüber ist, dass man es zur Außenseiterin gemacht hat. Oder Blau, oh, du hast die Mädchen beneidet, die dazugehörten. Alles Müll.« Liv faltete die Hände, holte tief Luft und drückte die Finger gegeneinander. »Ich meine … Verzeihung, aber ich bin nicht überzeugt. Ich weiß, dass die Chromeria Lügen gelehrt hat, aber das bedeutet nicht, dass ich dem erstbesten Gegenargument zustimme, das mir über den Weg läuft.«
    Zymun schien ihre Worte nicht persönlich zu nehmen. »Du bist niedlich, wenn du wütend bist. Und wenn du das mit deinen Armen machst, bringt es deinen Busen hübsch zur Geltung.«
    Liv sah an sich herab und ließ die geballten Fäuste sinken, als habe sie sich verbrannt. »Wie bitte?!« Sie blieb stehen, und er hielt ebenfalls an und musterte sie. Sie hätte ihm beinahe in sein dummes Gesicht geschlagen. »Das ist das Ungehörigste, was jemals irgendwer zu mir gesagt hat. Und ich erwarte, dass du dich auf der Stelle entschuldigst!«
    »Ungehörig? Warum? Wer sagt das? Du bist schön. Das habe ich dir zuvor schon gesagt. Wer kann entscheiden, dass ich dir nicht sagen darf, was ich denke? Ich würde es dir noch mal sagen, wenn du nicht klug genug wärst, es bereits zu wissen: Du hast dich den Freien angeschlossen, Aliviana. Wir entscheiden selbst, und das verleiht uns Macht. Die Chromeria will, dass du sittsam und züchtig bist. Warum? Wenn es Orholam gäbe, warum sollte es ihn dann kümmern, wie eng dein Kleid ist oder wer sich zu dir ins Bett legt? Er sollte sich mit größeren Problemen abgeben, meinst du nicht auch?«
    »Nun ja …« Aber Liv hatte nichts, was sie diesen zwei Silben folgen lassen konnte.
    »Die Chromeria bringt dir bei, genau jene Dinge an dir zu hassen, die dich stark machen. Du bist schön. Setze deine Schönheit ein. Auf welche Weise auch immer du es wünschst. Verstehst du denn nicht? Du entscheidest . Also, du könntest entscheiden, eine Hure zu werden – nein, jetzt tu nicht beleidigt, verdammt, es ist rein hypothetisch! Du könntest deine Sache zweifellos sehr gut machen, und es wäre nicht unrecht, nur weil Orholam sagt, dass es unrecht ist: Es wäre überhaupt nicht unrecht. Es wäre einfach bloß dumm. Es wäre eine schlechte Verwendung all deiner Gaben, die außerdem deine anderen Entscheidungsmöglichkeiten einschränken würde, zumindest bis die Welt sich verändert. Also wäre es eine schlechte Entscheidung, aber keine unrechte. Dem entspricht auch, wie wir wandeln. Einige Menschen durchbrechen ihren Halo, bevor sie bereit dazu sind, und entscheiden sich dafür, ihren Körper dauerhaft freizugeben, bevor sie die Vereinigung mit intaktem Geist überleben können. Sie benutzen ihre freie Entscheidungsmöglichkeit auf eine Weise, die ihnen diese Entscheidungsmöglichkeit nimmt, wie bei der Entscheidung zum Selbstmord. Es ist dumm, so zu handeln, und es würdigt sie als sittlich handelnde Wesen herab. Was wir haben – wir, die Freien –, was wir zu bieten haben, ist für alle frei. Aber es ist kein Chaos. Freie Entscheidungen, aus freiem Willen getroffen, aber trotzdem nicht ohne Konsequenzen. Wenn du dich entscheidest, der Armee beizutreten, musst du Befehlen gehorchen, bis deine Dienstzeit zu Ende ist. Dies hier ist eine härtere Welt als diejenige, die du hinter dir gelassen hast, Liv. Freiheit ist hart. Wenn du nicht willst, dass ich dir Komplimente mache, weil dir irgendwelche Leute gesagt haben, du solltest nicht stolz sein auf deine schönen Kurven, deine vollen Lippen, deine leuchtende Haut, deine anmutigen Halslinien, deine glänzenden Augen, dann ist das lächerlich. Zur Hölle mit ihnen. Wenn du mit mir nicht ins Bett gehen willst, weil du mich nicht magst, ist das etwas vollkommen anderes.« Er ist schrecklich klug, nicht? Und ungeheuer hartnäckig. Es steckt so viel Kraft in ihm.
    Sie kämpfte eine plötzliche Welle der Bewunderung nieder, zu der sich eine tiefe und törichte Freude über seine unverschämte Schmeichelei gesellt hatte. In der Chromeria hatte sie keiner je als schön bezeichnet. Tyreanerinnen konnten nicht schön sein, konnten nicht schick sein; nicht nach dem Krieg des Falschen Prismas. »Du bist es gewohnt, deinen Willen durchzusetzen, hm?«, fragte sie.
    »Das Risiko muss man in Kauf nehmen, wenn man geistreich ist und gut aussieht.«
    Sie schnaubte verächtlich.

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