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Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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Schritt von der einen Art des Kampfes zur nächsten. Er stand auf, um einen weiteren Tag mit Tätigkeit auszufüllen. Wenn er genug zu tun hatte, würde er keine Zeit zum Nachdenken haben.

40
    »Sie ist eine schöne Frau«, bemerkte Karris.
    Gavin schwieg. Sie wanderten durch den Urwald zu ihrem eigenen Lager zurück. Es waren Karris’ erste Worte, seit sie des blauen Schnees wegen in verwunderte Ausrufe ausgebrochen war – Gavin hatte behauptet, nichts über diesen Schnee zu wissen.
    »Du gefällst ihr«, sagte Karris.
    Gavin schwieg weiter.
    »Du kannst ruhig die Nacht mit ihr verbringen, weißt du«, sagte Karris.
    Jetzt begann sie ihn in Rage zu bringen.
    »Du warst recht gereizt«, fuhr Karris fort. »Vielleicht hilft es dir, dich zu entspannen, wenn du mal Druck ablässt.«
    Gavin blieb stehen. »Und das sagst du mir, wirklich. Du?«
    Karris zuckte kaum merklich die Achseln. »Was ich dich da vorhin gefragt habe … es war nicht fair. Ich habe keinen Anspruch auf dich. Zwischen dir und mir gibt es nichts, was dich daran hindern sollte, dein … Vergnügen zu suchen, wo und wie es dir gefällt. Du bist das Prisma, das sollte dir auch den einen oder anderen Vorteil verschaffen, findest du nicht?«
    »Bitte, sag jetzt keine dummen Sachen, Karris.«
    »Ich wollte nur …«
    »Ich habe meine Entscheidung getroffen.« Und mich für dich entschieden.
    »Und ich sage dir, dass du …«
    »Halt verdammt noch mal die Klappe.«
    Normalerweise hätte sie jetzt in die Luft gehen müssen. Doch diesmal sagte sie nichts. Sie gingen schweigend weiter. Richteten schweigend ihr Lager. Schliefen schweigend ein.
    Irgendwie schlief er auch wirklich, aber er träumte von farbigen Höllen und von seinen Brüdern. Das Grauen in ihm ließ es nicht zu, dass der Schlaf ihm Ruhe schenkte. Als Karris ihn zu seiner Wache weckte, Stunden vor Sonnenaufgang, hatte es aufgehört zu schneien. Während Karris schlief, saß Gavin aufrecht da. Aus irgendeinem Grund verfolgte ihn die Erinnerung an seinen toten jüngeren Bruder Sevastian. Der kleine Sevastian, der gutherzige Bruder. Der Friedensstifter zwischen seinen in ständiger Fehde liegenden älteren Geschwistern.
    Auf wessen Seite hätte sich Sevastian im Krieg der Prismen geschlagen?
    In dieser verrückten Welt, in der Gavin angeblich irgendeine Art von heiliger Verbindung direkt zu einer Gottheit hatte, die entweder nicht existierte oder der alles gleichgültig war, interessierte er sich plötzlich nur dafür, was sein toter kleiner Bruder von ihm gedacht hätte. Wer wärst du geworden, Sevastian? Hätte ich Gavin töten und dann das Ruder an dich abgeben können? Wäre die Welt dann jetzt in Frieden? In welcher Welt würden wir jetzt leben, wenn der verdammte Wicht dich nicht ermordet hätte?
    Und dann auch noch ein Blauwicht. Was hatte das zu bedeuten? Genau die Farbe, über die Gavin jetzt alle Macht verloren hatte, war die Farbe, die Sevastian ermordet hatte. Und zugleich war es genau die Farbe, aus der Dazen ausgebrochen war. Zufall?
    Ja, Gavin, genau das ist es, was das Wesen des Zufalls ausmacht .
    Die Sonne ging auf, aber in Gavins Herzen war nur Dunkelheit.

41
    Der Gefangene starrte den toten Mann in der Wand des grünen Gefängnisses an. Er und der tote Mann kratzten sich Schorf von den Knien. Waren sie seit Tagen in der grünen Hölle, seit einer Woche? Gewiss waren es noch keine zwei Wochen. Sie waren still und leise bewusstlos geworden und waren es über Zeitspannen von unbekannter Länge geblieben, hatten still und leise Wasser von der Wand geleckt, still und leise gehungert. Vielleicht doch zwei Wochen, nach dem Schorf zu urteilen.
    Irgendwann, bevor er bewusstlos geworden war, hatte er winzige Splitter von Grün gewandelt. Von all seinen sonstigen Eigenschaften einmal abgesehen, war Luxin sauber. Dazen hatte das Luxin aus seinem Körper hinausgepresst – nicht aus seinen Händen oder unter seinen Fingernägeln hervor, sondern aus seinen Schnittwunden. Zuerst waren die Schnittwunden an seinen Händen und Knien an der Reihe gewesen, dann schließlich die entzündete pochende Wunde an seiner Brust. Der Schmerz war grauenvoll gewesen. Vor dem Luxin war gelber Eiter herausgekommen. Als er wieder erwacht war, hatte er eine Stunde lang Feuchtigkeit von der Wand geleckt, dann hatte er die ganze Prozedur wiederholt und war erneut ohnmächtig geworden. Beim dritten Mal sickerten nur noch Plasma und Blut aus der Wunde.
    Schließlich hatte sich das Fieber gelegt und ihn

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