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Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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Nach jenem einzigen Stelldichein hatte sie bei ihren Oberen darum gebeten, einem anderen zugeteilt zu werden, aber sie hatte nicht gesagt, warum sie es wollte. Sie war zu schwach, es war ihr zu peinlich. Sie lehnten ab.
    Dennoch hatte er sie seit damals nicht mehr berührt. Sie war gut im Umgang mit dem Dolch, gut mit Schusswaffen, gut, wenn sie einen Groll in ihrer Brust hegte. Trotzdem fantasierte er weiter darüber, sie noch einmal ans Bett zu fesseln. Normalerweise verlor er das Interesse an einer Frau, sobald er sie einmal gehabt hatte. Bei Niah war das anders. Dann war es ja vielleicht Liebe.
    Oh, Orholam hilf. Der junge Mann war schon dabei, sich ganz in die Karte zu verlieren, dabei hatte er noch nicht einmal alle Punkte berührt, die …
    Sein kleiner Finger, rechts unten, Infrarot und Rot, und in praktisch demselben Augenblick berührte sein Mittelfinger oben in der Mitte – Gelb.
    Alles selbstlose Studium der Mechanismen der Karten, der Art und Weise, wie sie einen Wandler mit seinem Objekt verbanden, war vergessen im Ansturm von Vox’ verkrüppelten Leidenschaften und seiner unbeirrbaren Zielstrebigkeit. Und dann war da noch Vox’ Schimmermantel.
    Ich werfe mir meine Tasche über die Schulter und folge Niah den Landungssteg hinunter. Ich habe den Geruch des Meeres nach verrottetem Seetang noch nie ausstehen können. Aber es ist gut, endlich von der Korvette herunterzukommen. Ich hasse Schiffe. Hätte ich noch länger auf dem Schiff bleiben müssen, hätte ich diesem vom Faulbrand befallenen Kapitän wahrscheinlich den Bauch aufgeschlitzt. Bei dem Gedanken muss ich lächeln, wie auch beim Anblick von Niahs wiegenden Hüften vor mir. Niahs Hintern könnte Luxiaten zum Fluchen verleiten und Eunuchen Erektionen bescheren. Er macht wohl wett, was ihr Gesicht nicht bieten kann, nehme ich an.
    Niah schwingt sich ihr eigenes Gepäckbündel auf den Rücken und richtet ihren Gürtel. Sie streckt dabei einen einzelnen Finger nach unten. Ein kleines Zeichen ihrer Anerkennung meiner Wertschätzung.
    Ich lache. Niah liebt es zu flirten.
    Wir haben noch nicht einmal die Zollstation passiert, als Niah hustet. Es ist das Zeichen, dass sie ihre Befehle empfangen hat. Unsere Oberen lassen immer sie die Befehle empfangen. Glauben wohl aus irgendeinem Grund, sie sei besser als ich. Aber es bindet mich an sie. Und hält mich davon ab, ihr wehzutun, glauben sie. Wie ich ihr schon zuvor wehgetan habe.
    Sie geht weiter. Ohne mir die Nachricht mitzuteilen, ohne sie mir zu zeigen. Sie ist ohnehin in einer Geheimschrift verfasst, in einem Code, in den sie mich nicht eingeweiht haben und den sich Niah weigert mir beizubringen. Schlaues Mädchen; manchmal jedenfalls.
    Ich schaue zur Chromeria auf. Sie erfüllt mich mit Zorn und Hass. Sie haben mich in meinem ersten Jahr dort hinausgeworfen, als ich dreizehn war. Und weswegen? Wegen einer Katze.
    Wer mag schon Katzen? Katzen sind nicht einmal fähig, deine Liebe zu erwidern. Warum haben sie entschieden, dass das verdammte Vieh mehr wert war als ich? Ich war ein vielversprechender angehender Grünwandler. Sie konnten damals noch nicht wissen, welche speziellen Begabungen ich entwickeln würde – aber wer verstößt schon einen Wandler wegen einer Katze?
    Dennoch, jene Katze hat mich etwas gelehrt. Hat mich gelehrt, vorsichtig zu sein. In meiner Tätigkeit etwas Unschätzbares. Nur deshalb bin ich immer noch am Leben, zwanzig Jahre später. Meine ersten drei Partnerinnen waren nicht so vorsichtig wie ich. Ich habe es beim letzten Mal nur mit Mühe geschafft, Gebalyns Umhang zu bergen, und bis ich ihn aus dem Feuer geholt hatte, hatte ich unten am Saum sechs kostbare Daumenbreit Stoff verloren. Diesen Umhang muss nun immer jemand tragen, der so klein ist wie Niah. Es war schon schwer genug, einen Lichtspalter zu finden – nun würde meine Herrin einen kleinen Spalter finden müssen.
    Nicht mein Problem.
    Ich hoffe nur, dass dieser Auftrag der Chromeria Schaden zufügen wird. Atirat hat viel mehr Verständnis für meine kleinen Marotten, als es Orholam und seine Chromeria je aufbringen würden. Die Grüne Göttin legt diejenigen, die sie lieben, nicht in Ketten. Atirat hat mich vor einem Leben in Selbsthass errettet. Sie gibt mir Freiheit, Anerkennung. Dieses Vieh, diese Sklaven wissen nicht einmal, was das ist.
    Die Zollbeamten halten mich nicht auf, durchsuchen meine Tasche nicht, auch wenn sie das Recht dazu hätten. Doch die ankommende Menschenmasse ist einfach zu groß, um

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