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Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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ihm.
    »Weiter geht es hier nicht, Herr«, sagte Zitterfaust sanft. Er war einer der Halbbekleideten, und auch wenn er nicht ganz so groß war wie Eisenfaust, war er immer noch größer als Gavin. Gewaltige Brustmuskeln, die Schultern breit genug, um die Ewigdunklen Pforten verschließen zu können.
    »Aus dem Weg!«, schrie Gavin.
    Sie antworteten nicht; hielten nur die Stellung.
    »Der Teufel soll euch alle holen, ihr könnt mich nicht aufhalten!«
    »Doch, können wir«, erwiderte Zitterfaust. »Nun geht bitte, Herr. Geht, bevor Ihr Eure treuen Diener noch mehr beschämt, als Ihr es bereits getan habt. Wir haben neue Männer in unserer Kompanie. Die verstehen das nicht.«
    Gavin schrie frustriert auf und stürmte davon.
    Die Fahrt ein Stockwerk nach oben reichte nicht aus, seinen Zorn zu lindern. Seine beiden jungen Schwarzgardisten beobachteten ihn aufmerksam und sehr erschrocken, sagten aber nichts, als er an ihnen vorbeischritt und wieder in seinem Raum verschwand.
    Ana sollte jetzt auf dem Boden knien, weinen und um Vergebung betteln. Stattdessen stand sie in einer raffiniert verführerischen Pose da, die Gavin von einer berühmten Skulptur her kannte: »Das Geschenk der Jungfrau«. Sie hatte sogar ein edles Unterkleidchen aus Seide angezogen, das dem der Statue glich. Etwas abgewandt, das Haar über die Schulter geworfen, eine Hüfte hochgezogen und auf der gleichen Seite die Schulter gesenkt, eine Brust im Profil gut sichtbar. Es war so offensichtlich gestellt, dass Gavin gelacht hätte, wäre er nicht so wütend gewesen. Stattdessen goss es nur Öl in sein Feuer.
    »Herr«, sagte sie. »Wollen wir fortfahren? Ich weiß noch so viele Freuden, die ich mit Euch teilen möchte.«
    Mühsam nahm Gavin noch einmal alle Selbstbeherrschung zusammen. Er schloss die Augen, knirschte mit den Zähnen. Schließlich presste er hervor: »Hast du irgendeine Vorstellung … Ich wollte nur … ich dachte, du wärst sie!«
    »Was?! Sie? Sie ist völlig muskelbepackt und unansehnlich. Karris ist alt genug, um meine Mutter zu sein. Ich meine, wenn Ihr einen Trainingspartner benötigt, ist sie sicherlich großartig, aber als Geliebte? Sie flachzulegen wäre, wie Staub zu bumsen. Diese alte Ziege …«
    Ein wildes Geräusch drang aus Gavins Kehle. Es klang wie ein aus seinem Käfig ausbrechender Tiger. Er schlug auf den Hebel, der alle Fenster im Raum öffnete, und kniete einen Augenblick später über Ana.
    Die Nacht war mondhell, die Wolken wurden von den peitschenden Winden davongejagt.
    »Mein Herr, was tut Ihr?«, schrie einer der Schwarzgardisten, aber Gavin hörte ihn nicht einmal. Er griff dem Mädchen ins Haar und zog sie rückwärts in die kalte Nacht hinaus. »Diese Ziege «, schrie er, dass seine Stimme den heulenden Wind übertönte, »ist die Frau, die ich liebe!« Mit einem unmenschlichen Brüllen schleuderte er Ana von sich. Schleuderte sie so heftig weg, dass sie gegen das Geländer des Balkons schlug und in ihrem Schwung darüber hinweggerissen wurde.
    Sie fiel.
    Sie schrie nicht. Sie winselte nur ein wenig, und Gavin konnte es durch das Geräusch des Windes kaum hören.
    Gavins Herz stand still, und dann verstummte der Wind, aber er hörte sie nicht aufschlagen. Vielleicht hatte etwas ihren Fall gestoppt? Vielleicht hatte sie jemand gerettet?
    Eine närrische Hoffnung, und Gavin wusste es.
    Er eilte zum Balkongeländer und sah hinab.
    Gütiger Orholam, hab Erbarmen. Über hundert Meter weiter unten war Ana mit dem Kopf zuerst aufgeschlagen. Ihr Körper war auf unnatürliche Weise zerdrückt. Von hier oben sah sie aus wie eine zwischen den Fingern zerquetsche Traube: die Haut noch zusammenhängend und der Saft überall verteilt.
    »Mein Herr …«
    Gavin drehte sich um und erblickte seine beiden jungen Schwarzgardisten. Ihr Gesichtsausdruck verriet ihm, dass Ana nicht der einzige Mensch war, der gerade vom Himmel gefallen war. Er bedeckte sein Gesicht mit den Händen, ging wieder hinein, und einer von ihnen schloss mit geweiteten Augen die Fenster. Gavin setzte sich auf sein Bett und wurde sich zum ersten Mal seiner Nacktheit bewusst.
    »Geht und berichtet, was ihr euren Vorgesetzten zu berichten habt«, sagte Gavin. »Ich werde hier zu finden sein.«
    Er log natürlich.

80
    Als es an der Tür auf der Frauenseite der Quartiere zu pochen begann, dachte Karris, Gavin müsse wohl zurückgekommen sein, aber die Stimme gehörte zu Wachhauptmann Klinger. »He! Warum ist diese Tür verschlossen? Ich sagte, alle

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