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Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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Du hast die Welt verändert, aber hast du sie auch zu dem verändern wollen, was sie heute ist?
    Gavin hatte seine eigene Mutter getötet, und sie hatte es ihm gedankt. Was war das bloß für eine verkehrte Welt? Sie hatte sich bei ihm dafür bedankt!
    Er erinnerte sich an diesen Künstler, diesen von seinem Genie besessenen Künstler, wie hieß er doch gleich? Aheyyad Leuchtwasser. Er, Gavin, hatte dem Jungen einen Namen gegeben und ihn dann getötet. Mit der einen Hand verteilte er wertlosen Tand, mit der anderen nahm er alles weg. Und Aheyyad hatte ihm gedankt. Gavin hatte in Garriston versagt, es zugelassen, dass den Bewohnern ihre Stadt genommen wurde, ihr Besitz und das Leben so vieler, die ihnen am Herzen lagen – und sie verehrten ihn als Gott. Sie liebten ihn.
    Wie konnte es sein, dass er als Einziger sah, wer er wirklich war?
    In den verblassenden Sternen waren keine Antworten zu finden. Genauso wie da keine Götter waren, kein Orholam, kein Licht in der Geisterstunde.
    Er konnte die Sache überleben, oder? Vielleicht – wenn Ana Jorvis eine Sklavin gewesen wäre. Aber das war sie nicht. Ihr Vater besaß mehr als die Hälfte der Schiffe auf dem Großen Fluss, und ihre Mutter war die Schwester von Arys Grünschleier. Arys, der Infraroten. Einer vormaligen Verbündeten, leidenschaftlich und dem Krieg nicht abgeneigt. Arys hatte Ana geliebt. Arys würde es zu ihrer Lebensaufgabe machen, den Mann zu zerstören, der ihre Nichte ermordet hatte. Mit all ihrer Leidenschaft und der Rücksichtslosigkeit von jemandem, der nur noch ein paar Jahre zu leben hat. Verdammt, selbst ihre Stimme im Spektrum zu verlieren bedeutete für Gavin …
    Nichts war mehr möglich. Es war alles vorbei.
    Schließlich griff die Sonne mit blutigen Fingernägeln nach dem Horizont, um sich daran emporzuziehen. Gavin ging zu dem auf sein Drehlager montierten großen Kristall hinüber, und als das Sonnenlicht endlich auf ihn herabfiel wie Orholams schwere Hand, legte er seinen Schimmermantel ab und ließ ihn zu seinen Füßen fallen. Dann löste er die Schutzhaube und legte seine Hände auf den großen kalten Stein.
    Gavin weitete sich, fühlte, spürte das Licht. Er konnte das Blau nicht sehen, aber er konnte es fühlen. Es war nicht direkt aus dem Gleichgewicht – Blau war im Moment etwa gleichauf mit Rot –, doch es war außer Kontrolle. Es fühlte sich uneinheitlich an, ein Schachbrett mit Bereichen, in denen entweder totales Chaos oder eine unerträgliche Ordnung herrschte. Er konnte jedoch eine Art Knoten spüren, winzig, weit draußen in der Azurblauen See, der vielleicht noch nicht einmal körperliche Form angenommen hatte, wo sich etwas wieder zusammenfügte, auf dem Wasser trieb wie einer der legendenumwobenen Gletscher aus den großen Meeren jenseits der Ewigdunklen Pforten. Gavin hatte den Gottesbann vernichtet, aber es würde nie zu Ende sein. In sechs Monaten würde es einen neuen geben. Er konnte Gottesbann für Gottesbann vernichten, aber sie würden sich langsam wieder neu formieren – bis ein echtes Prisma sie erneut in ihre Schranken wies.
    Dann konzentrierte er sich auf das Grün. Da gab es keine Ordnung, kein Schachbrett mit unterschiedlichen Feldern. Grün griff ungezügelt um sich, aber nur da und dort, wie zufällig. Die Grünen Ebenen leuchteten nun, im Herbst, förmlich auf, weil ein breiter Streifen üppigen Grüns sie bedeckte. Dann kamen Lücken. Große Algenblüten im Meer, leere Räume und ein weiterer Knoten, der sich gerade irgendwo im Südwesten formte. Wo war das?
    Orholam. Direkt vor Ru. Genau auf dem Weg der vorrückenden Armee des Farbprinzen.
    Beide … Knoten – was immer sie waren, sie wuchsen jedenfalls sehr langsam.
    Indem er all seinen Willen in den großen Kristall fließen ließ, versuchte Gavin zu balancieren, das Gleichgewicht der Farben wiederherzustellen, der ganzen Welt ihre unbeschwerte Harmonie zurückzugeben, wie er das schon so viele Male zuvor getan hatte.
    Dies war es, wozu er da war. Dies war, was er immer und immer wieder getan hatte, ohne überhaupt den Kristall zu benötigen. Dies war sein Genius, seine Zielsetzung, seine große Aufgabe!
    Nichts. Ein Vakuum. Leere. Mangel. Er war nur ein Mensch, nur ein Mann, der einen Stein drückte, als glaube er, daraus durch bloßes Wünschen flüssige Träume hervorpressen zu können. Ein Narr.
    Es war vorbei. Er war erledigt. Ein Prisma, das die Farben nicht wieder ins Gleichgewicht bringen konnte, war ein Nichts, und ohne ein

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