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Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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der Aufstand fast so schnell wieder gescheitert, wie er begonnen hatte. Die Sache mit dem Blutbad hatte funktioniert .
    »Lass mich frei, Bruder«, sagte der Gefangene. »Du bist erledigt, und das weißt du. Vergib mir für das, was ich zuvor gesagt habe. Die Drohungen und Gemeinheiten. Ich habe es nicht so gemeint. Ich bin erst vor ein paar Stunden in diese Zelle hineingefallen. Ich hatte schon geglaubt, ich hätte die Flucht geschafft, und dann hast du mich erneut geschlagen. Du hast einen hervorragenden Verstand, kleiner Bruder. Aber deine Zeit ist um. Ich kann es an deinen Augen ablesen und nicht nur an den Farben, die du verloren hast. Du hast die Intelligenz, aber ich habe den Willen, und nun benötigt die Welt Willenskraft. Da draußen gibt es eine Bedrohung, die wächst und wächst, und ich allein vermag die Sieben Satrapien zu retten.«
    »Du warst immer willens zu tun, was getan werden musste«, entgegnete Gavin. »Das war der Unterschied zwischen uns beiden, nicht wahr?« In einem langen Seufzer stieß er seinen Atem aus. »Es fällt alles auseinander. Ich kann es unmöglich aufhalten … Gavin«, fuhr er fort, und es war eine Erleichterung, seinen älteren Bruder mit seinem richtigen Namen anzureden. »Gavin, ich verlange Garantien. Schwöre mir, schwöre bei Orholam, dass du keinerlei Rache an Karris üben wirst. Ich weiß nicht, wie sie reagieren wird, und es kann gut sein, dass du sie ins Exil schicken musst, aber schwöre mir, dass du darauf achtest, dass sie versorgt ist. Ebenso Kip. Die gleichen Bedingungen.«
    Gavin – der echte Gavin – kniff die Augen zusammen, als gehe er im Geist die Bedingungen und deren mögliche Folgen für seine Regentschaft durch. Bruchlos schien er sich vom verrückten Gefangenen in einen ernst zu nehmenden Herrscher zu verwandeln. »Orholam sei mein Zeuge, ich schwöre.«
    Gavin der Falsche streckte seine Hand zu dem Knoten auf dem gelben Fenster aus.
    »Warte«, sagte der Gefangene. »Bevor du mich herauslässt: Wir haben noch unerledigte Angelegenheiten, Bruder. Was soll ich mit dir anfangen?« Erneut blickte er rasch zur Wand hinüber, ein kurzes irritiertes Stirnrunzeln, das gleich wieder verschwunden war.
    Gavin zögerte. Sein Bruder war wirklich großartig. »Ich habe mir gedacht, dass du mich wohl umbringen wirst. Solange ich lebe, bin ich eine Bedrohung, nicht wahr?«
    »Dir bleibt sowieso nur noch ein Jahr oder so. Dich umzubringen ist nicht nötig. Vater besitzt eine kleine Insel vor Melos, die ein ideales Exil für dich abgeben würde. Er hat sich dort früher eine Geliebte gehalten.«
    »Das ist … ziemlich nett«, sagte Gavin. »Ich … ich habe dich vermisst, großer Bruder.« Er hob die Hand zu dem Knoten und löste das Fenster zwischen ihnen auf. Dann zog er seine beiden Messerpistolen aus dem Gürtel und drückte zweimal ab. Das Dröhnen, als die Bleikugeln durch den Körper des Gefangenen fuhren, erfüllte den engen Raum. Die eine schlug ein formvollendetes Loch in sein Brustbein. Die andere fuhr ihm durch die Zähne und riss ihm die hintere Schädeldecke weg. Der Körper des Gefangenen sackte zusammen. Er zuckte nicht einmal. Der beißende, wohltuende Geruch von Schießpulver stieg auf.
    Beide Pistolen hatten gefeuert. Ilytanische Handarbeit. Gavin konnte sie nur bewundern. Die Ilytaner machten gute Pistolen.
    Er blickte zur Wand hinüber, zu der der Gefangene wiederholt hingesehen hatte, sah aber nichts als die Spiegelung eines toten Mannes.

85
    Warten war ein Bestandteil des Schwarzgardistenlebens. Warten war genauso Dienst wie Magie oder sich vor eine Muskete zu werfen. Aber wie die meisten Schwarzgardisten konnte Karris das Warten nicht ausstehen. Sie war nach oben gekommen, wo man ihr nichts hatte sagen können, und dann war sie angewiesen worden, auf die Weiße zu warten, die schon seit Stunden verschwunden war.
    Schließlich kam eine andere Schwarzgardistin und berichtete der Zimmerwächterin der Weißen, dass eine Dringlichkeitssitzung des Spektrums anberaumt worden sei.
    Nun, nach Anbruch der Morgendämmerung, wurde die Weiße endlich den langen Gang vom Aufzug zu ihrem Zimmer hinuntergeschoben. Karris’ Ungeduld wurde rasch von der Sorge um die alte Frau abgelöst. Man hätte sie nicht die ganze Nacht aufbleiben lassen sollen. Die Belastung war ihrem Gesicht deutlich anzumerken.
    Die Weiße lächelte Karris an, als sie im Rollstuhl zu ihrem Raum geschafft wurde, aber es war ein reines Routinelächeln. Heute umgaben die Weiße mehr

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