Die Blendende Klinge
zur Folge. Verletzungen während der Ausbildung nicht.«
»Mein Knie! Mein Knie !« Aram begann zu heulen. Der Klang seiner Stimme verriet, dass er wusste – wie auch Kip und alle anderen Anwesenden es wussten –, dass er nie mehr würde kämpfen können. Derartige Knieverletzungen verheilten niemals ganz. Aram war verkrüppelt .
Kruxer sprach laut, deutlich und ohne sich zu entschuldigen. »Ich wollte ein Schwarzgardist werden, seit ich laufen kann. Ich schätze diese Bruderschaft zu hoch, um einem Menschen den Zutritt zu ihr zu erlauben, der Einheit eher zerstört statt aufbaut, einem Menschen, der Geld dafür nimmt, einen der Seinen zu vernichten. Wenn der Preis, den ich dafür zahlen muss, ihn aus der Schwarzen Garde zu entfernen, darin besteht, dass auch ich ausgeschlossen werde, dann muss es eben so sein.« Seine innere Bewegung stahl sich für einen Moment in seine Stimme, aber er fasste sich sogleich wieder.
»Was?« Ausbilder Fisk verlangte Klarheit. »Wovon redest du?«
»Aram war der zweitbeste Kämpfer in unserem Kurs«, erklärte Kruxer. »Er hat Geld dafür angenommen, auf einer niedrigen Position in die Abschlussprüfung zu gehen. Er hat Geld dafür angenommen zu verhindern, dass Brecher es in die Schwarze Garde schaffte.«
»Er ist Tyreaner !«, schrie Aram. »Und er ist ein Bastard! Ich hätte es auch umsonst getan! Er ist keiner von uns!«
»Du hättest es auch umsonst getan? Also hast du es für Geld getan«, sagte Ausbilder Fisk, ungläubig, verletzt. Er warf einen raschen Blick auf Hauptmann Eisenfaust. Ein direktes Schuldeingeständnis. Wie dumm war Aram eigentlich?
»Er ist keiner von uns!«, brüllte Aram erneut.
»Du meinst, keiner von euch «, sagte Hauptmann Eisenfaust mit leiser, gefährlicher Stimme und trat vor. »Denn du wirst nie einer von uns sein, Aram. Anders als Brecher.«
Beim letzten Wort durchfuhr es Kip wie ein Schock.
»Brecher!«, bellte Ausbilder Fisk. »Du hast gehört, was er gesagt hat. Wir haben Platz für vierzehn, und ich sehe hier oben nur dreizehn. Reih dich ein! Aber Tempo, na wird’s bald! Irgendwer soll diesen Dreck hier fortschaffen.«
»Nein! Neiiin!«, schrie Aram. Aber die Wundärzte waren sofort zur Stelle und trugen ihn weg.
Kip humpelte zu der Reihe hinüber, aber er fühlte sich, als würde er schweben. Wie viel Mohn hatte der Wundarzt ihm verabreicht?
Nein, das war nicht der Mohn.
Hauptmann Eisenfaust stellte sich vor ihn. Er nahm Kips goldene Kampfmarke und steckte sie in einen Anhänger. Der Anhänger zeigte vorn eine schwarze Flamme. »Das ist die Flamme von Erebos. Sie symbolisiert Dienst und Opferbereitschaft. Wie eine Kerze das Feuer empfängt und von ihm verzehrt wird, um Licht und Hitze zu schenken, so ist es auch mit dem Mann, der seine Pflicht annimmt. Tag für Tag geben wir unser Leben, um Orholam und seinem Prisma zu dienen. Willst du diese heilige Pflicht annehmen, Kip Guile, Brecher?«
»Ich will.« Kip liefen kleine Schauer den Rücken hinunter.
»Und willst du allen anderen Treuepflichten abschwören und deine allererste Treuepflicht dieser Bruderschaft, Orholam und seinem Prisma leisten?«
»Ich will.«
»Dann erkläre ich dich, Brecher, zum Auszubildenden der Schwarzen Garde.«
»Bre-cher! Bre-cher!«, skandierte die Menge.
Eisenfaust ließ sie noch einige Augenblicke gewähren, dann gebot er ihnen Ruhe und fuhr mit dem Nächsten in der Reihe fort.
Die übrige Zeremonie verflog wie im Traum. Jedem Frischling wurde sein Eid abgenommen, und dann versammelten sich die Schwarzgardisten zum Gratulieren um sie.
Sie beschlossen schließlich, sich in ein bei den Schwarzgardisten beliebtes Wirtshaus zu begeben – alle Getränke gingen natürlich auf die neuen Auszubildenden. Bevor er sich in den Trubel des Abends mitnehmen ließ, hielt Kip Ausschau nach seinem Vater.
Gavin Guile stand noch da, wo Kip ihn verlassen hatte, ließ für einen Augenblick den Boten, der mit dieser oder jener Nachricht zu ihm gekommen war, unbeachtet stehen und hatte nur Augen für Kip. Auf dem Gesicht des Prismas lag ein versonnenes Lächeln, aber vielleicht war es mehr als nur versonnen. Vielleicht war es auch ein wenig stolz.
93
Karris bekam noch undeutlich mit, wie die Männer verschwanden. Sie legte ihr Gesicht auf die Pflastersteine, betete, dass sie nicht zurückkamen, hoffte darauf, das Bewusstsein zu verlieren. Doch sie wurde nicht ohnmächtig. Sie hob den Kopf und sah, dass sich dort, wo ihr Mund gewesen war, eine Blutlache
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