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Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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Seherinsel gesehen hatte. Mhm. »Ich will dich nackt sehen«, verkündete sie.
    Oje! Hatte sie das gerade eben wirklich gesagt? Sie lachte.
    Gavin wandte sich zu einem kleinen Mann um, den Karris bislang noch nicht bemerkt hatte. Ein Wundarzt in Sklavenkleidern. »Ich glaube, wir können die Mohndosis herunterfahren«, erklärte er.
    »Immer versucht er mir zu sagen …« Der Gedanke entglitt ihr. Wie auch ihr Bewusstsein.

94
    Sag es ihr. Du musst es ihr sagen.
    Gavin rollte den kleinen braunen Opiumball zwischen Daumen und Zeigefinger. Karris schlief noch immer, und draußen auf dem Gang eilten die Leute kreuz und quer in alle Richtungen herum, trafen Vorbereitungen für den Krieg.
    Als ihn der Bote bei Kips Prüfung gefunden hatte, war es Gavin zunächst schwergefallen, die Worte des Mannes zu verstehen, und dann wäre er beinahe in Panik geraten. Dass Karris zusammengeschlagen worden war, setzte ihm mehr zu, als er gedacht hätte.
    »Gib acht auf das, was du liebst«, hatte sein Vater gesagt.
    Morgen bei Flut würde die Flotte auslaufen. Die Mobilisierung ging unglaublich zügig vonstatten – jeder hatte gewusst, dass alles ganz schnell würde gehen müssen, sobald der Krieg beschlossene Sache war. Was im Moment ablief, war nur noch die Umsetzung der letzten Anordnungen. Dennoch waren tausend Entscheidungen zu treffen. Und obwohl Gavin streng genommen keinen Anteil an den Kriegsvorbereitungen hatte, wusste er doch immer noch besser als jeder andere hier, wie man erfolgreich eine Kriegsflotte und eine Armee zusammenstellt.
    Aber jetzt saß er erst einmal an Karris’ Krankenbett. Als er sie gesehen hatte, voller verkrustetem Blut, hatte er gedacht, ihre Verletzungen hätten sie für immer zum Krüppel gemacht. Dann, nachdem die Ärzte sie versorgt und Bericht erstattet hatten, war es ihm wie ein Wunder erschienen, dass sie nicht schlimmer verletzt war. Jetzt begriff er, dass sie fachkundig zusammengeschlagen worden war und nur genau so stark, wie der Auftraggeber dieser Tat es beabsichtigt hatte. Sie hatte fürchterlich zugerichtet aussehen sollen – ohne auf Dauer außer Gefecht gesetzt zu werden. Es war eine Warnung an Gavin, keine Kriegserklärung.
    Sein Vater hatte keine Ahnung.
    Er hatte natürlich keinerlei Beweise dafür, dass es sein Vater gewesen war. Es kamen alle möglichen Verdächtigen in Frage – aber zu genau diesem Zeitpunkt, mit solcher Sorgfalt und Präzision? Gavin brauchte keine Beweise.
    Als er sie so im Bett sah, bewusstlos und in Verbände gehüllt, wurde Gavin deutlich, wie klein sie doch war. Wenn sie wach war und redete, war ihre Persönlichkeit so groß, dass man das unwillkürlich vergaß. Aber nun wirkte sie so verletzlich; eine zarte Blume, die jemand beschädigt hatte.
    »Ich werde ihnen ihre verfluchten Arme abreißen, das schwöre ich«, flüsterte Gavin.
    »Sprichst du mit dir selbst, oder bin ich ein so schlechter Simulant?«, fragte Karris und öffnete ein Auge. Das andere erweiterte sich nur zu einem dünnen Schlitz, der die geschwollene Schwärze durchdrang.
    »Du bist wieder bei Bewusstsein«, sagte Gavin. Ein Riesenstein fiel ihm vom Herzen.
    »Habe ich … irgendetwas gesagt …« Sie verstummte.
    »Etwas Peinliches, während du mit Mohn zugedröhnt warst? Etwa dass du mich nackt sehen willst? Nein.«
    Sie schloss die Augen wieder. »Du hast Glück, dass mir jede Bewegung wehtut, sonst würde ich dich blutig schlagen, Gavin Guile.«
    »Dazen«, erwiderte Gavin leise. Dieses eine Wort war der ganze Grund, warum er hierhergekommen war. Der ganze Grund, warum er gewartet hatte, bis Karris wieder klar im Kopf war, aber nach all der vorausgegangenen Anspannung war er noch immer überrascht, das Wort zu hören.
    Ein geschwollenes Gesicht, zwei grün und schwarz geschlagene Augen und eine geplatzte Lippe waren nicht gerade der ideale Untergrund, um Gefühle von ihm abzulesen – und Gavin konnte auch nichts erkennen. Karris’ Augen waren geschlossen. Als hätte sie ihn nicht gehört. Vielleicht hatte sie ihn tatsächlich nicht gehört. Vielleicht hatte sie wieder das Bewusstsein verloren.
    Eine einsame Träne rann aus dem Winkel eines der geschlossenen Augen und bahnte sich einen Weg über ihre Wange.
    Die Tür steht offen. Es bleibt keine andere Wahl mehr, als hindurchzustürmen. Gavin fuhr fort: »Corvan Danavis und ich haben uns den Plan einen Monat vor der Schlacht von den Getrennten Felsen ausgedacht. Wir hatten mit so vielen Teufeln einen Pakt geschlossen, dass

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