Die Blendende Klinge

von Ru von den Rebellen gehalten wird. Die Generäle glauben ihm nicht. Die Kanonen der Festung bestreichen fast die halbe Meerenge. Wenn sie von den Rebellen gehalten wird, müssen wir diese Kanonen zum Schweigen bringen, bevor sie unsere Flotte auslöschen können. Wenn Gavin sich irrt, sorgen wir dafür, dass die Rebellen sie nicht einnehmen, um dann den Übrigen zu Hilfe zu kommen. Falls sich der Gottesbann in Reichweite der großen Kanonen befindet, werden wir tun, was wir können, um ihn zu zerstören, ihn zu versenken, was auch immer. Hat jeder verstanden? Dann los.«
    Das dritte Kommando, zu dem auch Teia und Hauptmann Eisenfaust gehörten, machte sich auf den Weg. Kip nickte ihr zum Abschied zu und fragte sich, ob er einen von ihnen jemals wiedersehen würde. Als sie gerade dabei waren, das Schiff zu verlassen, kam auf einem der Streitgleiter das Prisma mit Karris herangeglitten. Sie grüßten das abrückende Kommando. Das Gesicht des Prismas wirkte abgezehrt, und dunkle Ringe lagen unter seinen Augen. Er überließ es einem Schwarzgardisten, seinen Gleiter mit dem Mutterboot zu verbinden.
    Gavin ergriff auf der Stelle das Wort: »Erstes und zweites Kommando, unsere Aufgabe ist es, den Gottesbann zu zerstören. Wenn wir das getan haben, wird die Vernunft zurückkehren. Den Gottesbann zu zerstören wird unsere Grünen schwächen, aber ihre Wichte wird es noch viel stärker schwächen. Sein Untergang wird jeden Grünwicht mindestens einige Minuten lang handlungsunfähig machen. Wir können erwarten, dass es dort im Heiligtum von Grünen nur so wimmelt. Im Zentrum werden wahrscheinlich zwölf Grüne im Inneren von Luxin-Säulen stehen. Es wäre am besten, wenn wir an ihnen vorbeikämen, ohne sie zu wecken. Ist aber unwahrscheinlich. Und auch wenn wir es von hier aus nicht sehen können, dürfte sich in der Mitte ein Turm erheben. Wir klettern auf den Turm, töten Atirats Inkarnation – hoffentlich, bevor er oder sie zum Leben erwacht –, und alles verschwindet. Wer unter euch nicht schwimmen kann, sollte dann schnell etwas finden, was auf dem Wasser treibt.«
    Die Schwarzgardisten starrten ihn seltsam an.
    »Was ist los?«, fragte Gavin.
    »Lord Prisma, woher wisst Ihr das alles?«, fragte Tempus.
    »Weil ich vor ein paar Wochen den blauen Gottesbann vernichtet habe.«
    Tempus rieb sich die Schläfen. Andere Schwarzgardisten scharrten unruhig mit den Füßen. Kip hörte einige von ihnen »Promachos« murmeln wie einen halblauten Fluch. Erst dachte Kip, das liege daran, dass sie Gavin nicht glaubten, aber dann begriff er, dass es eben daran lag, dass sie ihm glaubten.
    Mein Vater ist ein Gigant, ein wahrer Gott unter den Menschen.
    »Promachos?«, fragte Tempus. Er zögerte. »Wenn wir zu spät kommen und die Inkarnation zum Leben erwacht …«
    Gavin blickte grüblerisch drein. »Wer auch immer sie ist, diese Leute werden auch nicht viel mehr darüber wissen als wir. Die Inkarnation wird mit Sicherheit ein unglaublich machtvoller Wandler sein, möglicherweise in der Lage, aus einem Minimum an Licht unendliche Mengen zu wandeln. Vielleicht kann sie die Grünwandler in ihrer Nähe kontrollieren. Zumindest eure Körper. Sie könnte Macht über das grüne Luxin erlangen, das im Laufe eurer Jahre als Wandler Teil von euren Körpern geworden ist. Vielleicht letztlich auch über euren Geist. Aber wenn wir heute zu ihr vorstoßen können, sollte sie gar nicht erst in der Lage sein, das volle Ausmaß ihrer Macht kennenzulernen. Am besten, wir töten sie, bevor sie erwacht, so dass all diese Dinge theoretische Fragen bleiben, klar?« Gavin verzog den Mund zu einem Lächeln. »Bald wird es hell«, fuhr er fort. »Bringen wir ihnen das Licht. Wir durchbrechen zuerst die feindlichen Linien und suchen dann das Tempelheiligtum. Die Grünen werden erst bei vollem Tageslicht zu Kräften gelangt sein.«
    Sie begaben sich zu dreien der Gleiter. Gavin bezog mit Karris und Kip an seiner Seite das Zentrum des einen; Wachhauptmann Tempus stellte sich in die Mitte eines vorwiegend mit Grünwandlern bemannten Gleiters, und Wachhauptmann Klinger übernahm den letzten. Eisenfaust hatte keinem der Grünen gestattet, Lenker zu sein, nicht einmal in der Gruppe, die Tempus unterstellt war. Sie sollten auf jedem der Streitgleiter die Bogenschützen sein, wenn sie sich vom Mutterboot lösten.
    Mit dem ersten grauen Licht im Osten machten sich die Gleiter auf den Weg. Das Licht war noch so schwach, dass selbst mit erweiterten Augen nicht