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Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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jetzt tot.
    Aber es war keine Zeit zu verlieren. Gavin blutete aus einer Schnittwunde in der Brust, und Karris rauchte buchstäblich, als hätte sie eben noch gebrannt. Aus Baya Niels Nase strömte Blut. Eine Reihe von Riesen lagen hinter ihnen tot auf dem Boden, und das Licht im Zentrum wurde schwächer, so dass nun die Umrisse einer Gestalt erkennbar waren. Das schwächere Licht sollte eigentlich ein gutes Zeichen sein. Kip zweifelte, dass dem auch wirklich so war. Er rannte zur nächsten Zinne, rammte dem dort befindlichen voll ausgeformten Riesen die Klinge ins Fleisch und lief weiter zur letzten.
    Die Riesin dort war wach, zog sich gerade aus der Zinne heraus, suchte sich zu orientieren.
    Kip sprang mit erhobener Klinge auf sie zu.
    Die Riesin hob den Arm, um den Angriff zu blockieren, und traf Kip am Unterarm. Kip wurde durch seinen Schwung mit dem Gesicht gegen die eigenen zurückgebogenen Fäuste geschleudert.
    Er stürzte und lag ihr zu Füßen, wie gelähmt, während ihm Blut in die Augen schoss. Im verzerrten Gesicht der Riesin sah er seinen Tod.
    »Daneben!«, schrie der Mann an der Teleskoplinse. »Fünfzehn Schritt zu weit, zwanzig Schritt links. Hat ein Türmchen nach Südosten abgerissen. Und beinahe Brecher getötet.«
    Flüche wurden laut, aber es gab keine Beschuldigungen. Jeder wusste, dass es eine unglaubliche Leistung war, die Spitze des Turms aus fünftausend Schritt Entfernung überhaupt zu treffen. Sie gingen bereits mit höchster Geschicklichkeit zu Werke. Was das Glück betraf, so konnte man sich darauf eben nicht verlassen.
    Aber die Geschützmannschaft arbeitete weiter, säuberte den Lauf der Feldschlange. Das benötigte Pulver war bereits abgemessen.
    »Ist es wirklich ganz sicher, dass wir keine weitere Munition mehr haben?«, vergewisserte sich Hauptmann Eisenfaust.
    »Wir haben alles dreimal durchgesucht, Herr«, antwortete Hezik. »Nur noch die eine Sprenggranate. Wenn ich durch irgendein Wunder den Turm treffe, bringe ich auch unsere eigenen Leute dort oben um.«
    Hauptmann Eisenfausts Gesicht war düster und grimmig. Sekunden verstrichen. Jeder sah ihn an.
    »Ladet sie mit der Granate.«
    Jetzt wäre eine Kanonenkugel nicht schlecht, dachte Kip, während er dem Tod ins Auge sah.
    Aber keine Kanone wurde abgefeuert. Keine Rettung. Selbst wenn sie jetzt eine abfeuerten, würde es sechs Sekunden dauern, bis die Kanonenkugel Kip retten könnte – und in sechs Sekunden war er bereits tot.
    Kip schlug und hieb um sich. Sein Dolch traf den Wadenmuskel der Riesin.
    Er dachte, es sei jetzt alles vorbei. Er hatte sie verletzt, aber nicht schwer, und nun würde sie ihn umbringen. Aber die Riesin tat nichts. Sie stand nur da wie in einen Eisblock eingeschlossen. Durch das Blut in einem seiner Augen zwinkerte Kip zu ihr hinauf. Sie wurde weiß – verblasste buchstäblich vom Kopf bis zu den Füßen, als hätte jemand einen Strohhalm in sie hineingestoßen und sauge ihr nun alle Farbe aus. Das grüne Luxin, das ihre Züge bedeckt hatte, löste sich auf. Ihr grünes Haar fiel ihr vom Kopf, die grüne Maske der Perfektion über ihrem Gesicht erschlaffte, häutete sich, verschwand in einer nach frischem Zedernholz duftenden Rauchwolke. Ihre Jadeaugen sanken in die Höhlen, ihr Körper schrumpfte zusammen. Binnen weniger Momente stand eine Frau über Kip, deren ausgemergelte Glieder in die Fetzen eines Kleides gehüllt waren, das ihre vormalige Riesengröße völlig zerrissen hatte. Die zerbrochenen grünen Kristalle ihrer Halos schimmerten noch einmal im Weiß ihrer Augen auf und verschwanden dann. Auch das Grün ihrer Regenbogenhäute verschwand mit einem letzten Schimmern. Ihre Haut war zu ihrer natürlichen Ruthgari-Blässe ausgebleicht.
    Kraftlos stürzte sie über Kip, und ihre Bewegung ließ den Dolch aus ihrer blutenden Wade rutschen.
    Er kam wieder auf die Knie. Sie hob ihre Hand, wie um zu wandeln.
    Kip schlitzte ihr den Hals auf, und sie seufzte. Ihre Augen rollten nach innen, und im Tod entspannte sie sich.
    Sie hatte die Hand gehoben, um zu wandeln, um Kip zu töten. Er hatte es tun müssen. Oder hatte sie die Hand gehoben, um um Gnade zu flehen?
    Das grüne Licht aus Ru erlosch.
    »Genug«, sagte eine Stimme. Sie war nicht laut, aber sie schien alles zu durchdringen. Sie ließ Kip bis ins Mark erzittern.
    Kip vergaß die tote Frau und blickte in die Mitte des Turms, wo ein neuer Gott stand.
    Atirat – die Königin der Lüsternheit, die grüne Göttin, die Gemahlin der Himmel, die

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