Die Blendende Klinge
könnte er sie töten. So einfach war das. So leicht.
In einem fairen Kampf hätte sie auch eine faire Chance gegen ihn. Ihre Ausbildung zur Schwarzgardistin hatte sie zu einer gefährlichen Waffe gemacht. Aber es gab keinen fairen Kampf gegen ein Prisma.
»Es tut mir eben einfach leid«, murmelte Gavin. Er wandte den Blick ab.
Sie ließ seine Hand noch immer nicht los. Presste sie zusammen, bis er ihren feurigen Blick erwiderte. »Es ist keine Entschuldigung, wenn du nicht auch Verantwortung übernehmen willst. Wenn du nicht einmal sagen kannst, wofür du dich entschuldigst, gibst du mir gar nichts. Du kannst dir nicht billig Absolution erkaufen, nicht nach dem, was du getan hast. Nicht von mir.«
Gavin versuchte seine Hand wegzuziehen. Sie weigerte sich loszulassen.
»Lass los, oder du musst schwimmen«, sagte Gavin kalt.
Sie ließ los.
Verfluchtes Weib. Sie machte ihn so wütend. Dass sie recht hatte, machte ihn nur noch wütender. Verdammt sollte sie sein!
Aber er würde sie nicht töten können, und er wusste es. Davor würde er erst die ganze Welt niederbrennen lassen.
Sie hob die Luxin-Röhre hoch, mit der er die Sprengladungen positioniert hatte, und reichte sie ihm.
»Vier weitere Sprengladungen, und die Fahrrinne sollte fertig sein«, bemerkte sie. »Aber wir müssen uns beeilen, um es vor der Ebbe zu schaffen. Dann können wir uns die Fundamente für den Damm vornehmen.«
Sie arbeiteten, bis Gavin nicht mehr genug Licht hatte, um zu wandeln. Karris hielt das Boot ruhig, half Gavin mit den Vorbereitungen und stellte sicher, dass sie die Sprengladungen auch an den Stellen anbrachten, wo sie es geplant hatten.
Der Damm sollte sich in Wirklichkeit aus drei verschiedenen Dämmen zusammensetzen, mit zwei breiten Öffnungen dazwischen: eine für in die Bucht hereinkommende Schiffe und eine für Schiffe, die sie verließen. Die zu den Öffnungen führenden Fahrrinnen durch die Korallen waren in Zickzacklinien angelegt, und die Stellen, wo sie ihre Richtung änderten, wurden mit Bojen markiert. Sobald ein Angriff drohte, konnten die Einheimischen die Bojen entfernen. Da kommt eine harte Arbeit auf mich zu, dachte Gavin. Er hatte beim Bau der Leuchtwassermauer so einiges Nützliche gelernt, aber da hatte er Tausende von Arbeitern und Dutzende von Wandlern gehabt, die ihm halfen.
Großartig, dass ich dem Farbprinzen eine so leicht zu verteidigende Fluchtburg gebaut habe.
Nun, aller guten Dinge sind zwei . Er würde dieses Werk den Tyreanern überlassen – die jetzt seine Tyreaner waren, sein Volk – und noch ein paar andere Dinge erledigen, um ihnen beim Bau der Stadt einen guten Start zu ermöglichen. Dann würde er fortgehen.
Sie hatten ein kleines Lagerfeuer angezündet, und Karris briet ein paar Fische, die sie gefangen hatte, während Gavin schlief. Sie weckte ihn, und sie aßen zusammen.
»Entschuldige«, sagte er, »ich hätte dir beim Essenmachen helfen sollen.«
Sie sah ihn an wie einen Verrückten. »Du errichtest in dieser Woche das neunte Weltwunder, ich kann Abendessen machen.«
»Ist es nicht ungerecht?«, fragte Gavin. »Ich könnte das hier ohne dich nicht durchziehen, aber es wird trotzdem ›Das Ding, das Gavin gebaut hat‹ sein, genau wie die Leuchtwassermauer.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ihr seid mir ein Rätsel, Lord Prisma.«
Er erinnerte sich nicht daran, eingeschlafen zu sein, aber als er mitten in der Nacht erwachte, war eine Decke über ihn gebreitet. Er sah Karris im Licht des herabgebrannten Feuers sitzen und in die Dunkelheit starren. Er verspürte eine ungeheure Dankbarkeit ihr gegenüber. Auch sie hatte den ganzen Tag lang hart gearbeitet, und jetzt blieb sie die ganze Nacht auf.
Sie hatte ihm und dem Feuer natürlich den Rücken zugewandt, um so gut wie möglich im Dunkeln sehen zu können. Gavin und die meisten Infraroten hatten ihre Augen gut genug im Griff, um schnell auf volle Nachtsicht umschalten zu können, aber Karris wollte nicht einmal diese wenigen Sekunden ihrer Nachtsicht verlieren.
Gavin richtete sich auf und war drauf und dran, ihr zuzurufen, dass er die nächste Wache übernehmen würde, als er sah, dass ihre Schultern bebten.
Es war kein Frösteln. Sie weinte. Gavin hatte Karris seit Jahren nicht mehr weinen sehen.
Er wusste, dass es ihr unangenehm sein würde, bemerkt worden zu sein, dennoch stand er auf und legte ihr die Hände auf die Schultern. Sie verkrampfte sich.
»Ich übernehme die nächste Wache«, raunte er sanft.
»Nein,
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