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Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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ihm stillstehen.
    »Geh. Runter«, zischte sie. Ihr Körper war starr. Er musste diesen für einen Sekundenbruchteil aufgeblitzten Blick falsch gedeutet haben. Für einen winzigen Moment hätte er schwören können …
    »Entschuldige«, sagte er und stemmte sich hoch. »Gut gefangen«, wiederholte er. Hatte sie sich gerade, nur für einen winzig kurzen Augenblick, an ihn geklammert? Hatte sich ihr Körper mit dem seinen zusammen erhoben, den Kontakt nur noch für einen ganz kleinen Moment länger gehalten? Er sah sie an.
    Die Sonne strahlte sengend auf die Bucht herab, wie sie es auch schon die letzten beiden Tage getan hatte. Um etwas Kühlung zu finden, hatte sich Gavin gleich am ersten Tag seines Hemdes entledigt, und nachdem sie den einen Tag lang züchtig geschwitzt hatte, war Karris am zweiten seinem Vorbild gefolgt und trug nun nur noch das eng anliegende Unterhemd der Schwarzgardistinnen. Der Anblick, wie sie auf dem Rücken lag, der entblößte schlanke Bauch, ihre Beine links und rechts von ihm, die Haut von Schweiß und der goldenen Sonne leuchtend – ihm stockte der Atem, und seine Gedanken verloren sich im Nirgendwo. Er versuchte – vergebens – nicht ihre Brüste anzustarren.
    Nur kurz, aber sie bemerkte es.
    Gavin konnte plötzlich die schneidende Stimme seines eingekerkerten Bruders hören: »Na wie wär’s? Du würdest es doch auch machen, nicht wahr, Brüderchen? Es mit ihr treiben, als seist du ich? Willst du, dass sie meinen Namen schreit, wenn sie auf dem Höhepunkt der Lust anlangt?«
    Wenn es sich um jede andere Frau gehandelt hätte, hätte er es jetzt bewusst darauf angelegt: Er hätte sie auf der Stelle geküsst und den Rest ihr überlassen. Du willst Nein sagen? Schön, zum Teufel mit dir. Und weiter geht’s. Oder, wahrscheinlicher, sie würde Ja sagen, und er würde sie flachlegen, und wenn er dann ging, würde sie ein Lächeln im Gesicht haben – aber gehen würde er. In jedem Fall würde er mit einer anderen zumindest etwas unternehmen .
    Karris war die einzige Frau, die ihn lähmte.
    Er erinnerte sich daran, wie er im Haus ihres Vaters in ihrem Zimmer neben ihr gelegen hatte, vor ewiger Zeit. Er erinnerte sich, wie er diese Brust geküsst, ihren Körper liebkost hatte, wie sie geredet hatten, bis die Morgendämmerung nahte. Sie hatten sich im Laufe der Nacht ein halbes Dutzend Mal geliebt, und ihre Leidenschaft und ihr drängendes Verlangen waren stärker gewesen als Unbeholfenheit und Unerfahrenheit. Er hatte dann gehen müssen, bevor ihre Zofe sie am Morgen wecken kam.
    Sie hatten beide gewusst, dass ihre Romanze zum Scheitern verurteilt war, selbst damals, selbst als die Kinder, die sie damals noch gewesen waren. »Ich werde dich holen kommen«, hatte Dazen versprochen.
    Er war zurückgekehrt, wie er es geschworen hatte, und sie war fort gewesen – fortgeschafft von ihrem Vater, auch wenn er es damals nicht gewusst hatte; er hatte gedacht, sie hätte ihn verraten –, und dann hatten ihre Brüder ihn in einen Hinterhalt gelockt. Und er hatte das Feuer verursacht, das sie alle tötete: Brüder, Diener, Sklaven, Kinder, Reichtümer, Hoffnung.
    »Ich habe dir so oft unrecht getan«, sagte Gavin – jetzt. Er stand auf. »Und ich bedauere jedes einzelne Mal. Es tut mir leid. Entschuldige.«
    Er streckte Karris die Hand hin, um ihr beim Aufstehen zu helfen. Für einen Moment dachte er, sie würde ablehnen, aber dann ergriff sie seine Hand, sprang auf die Füße und ließ seine Hand nicht mehr los. Sie stand dicht vor ihm, aber ihre Nähe bedeutete eine Herausforderung. »Möchtest du vielleicht genauer ausführen, wofür ich dir verzeihen soll?«
    In Garriston hatte sie gesagt: Ich kenne dein großes Geheimnis, du Arschloch. Und sie hatte ihn geschlagen.
    Was letztlich nicht allzu viel Licht in die Sache gebracht hatte. Er hatte im Laufe der Jahre viele Geheimnisse gehütet, und was immer sie zu wissen glaubte, könnte von der schlimmsten Wahrheit noch meilenweit entfernt sein. Sein zentrales Geheimnis hatte im Laufe der Jahre unweigerlich alle möglichen anderen Geheimnisse nach sich gezogen.
    Und mit Geheimnissen meine ich Lügen.
    Also, wie kaltblütig bist du, Gavin? Wie sehr hast du dich deinem Ziel verschrieben? Du hast schon früher dafür getötet. Kannst du es wieder tun?
    Sie waren Hunderte von Meilen entfernt vom nächsten Spion der Chromeria. Wenn er Karris die ganze Wahrheit sagte und sie sich dann entschlossen zeigte, ihn enttarnen oder ruinieren zu wollen,

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