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Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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genug, dass Teia die leicht grünliche Verfärbung erkennen konnte, wie sie typisch für eine Wandlerin war, die ihrer Tätigkeit schon sehr lange nachging. Sie überquerte die Hauptmarktstraße mit der Melone in der Hand. Einer ihrer Arme sank herab, und sie ließ die Melone fallen. Sie lächelte, als sei sie überrascht und verwirrt, aber nur eine Hälfte ihres Gesichts bewegte sich dabei. Dann taumelte sie und stürzte plötzlich zu Boden.
    Einige Leute feixten und kicherten. Aber die Frau stand nicht wieder auf. Ein Krampf packte sie. Ein Schlaganfall!
    Das Grinsen verschwand, und Menschen begannen zu der Frau hinzulaufen.
    »So helft doch! Holt den Heiler!«, rief eine Passantin.
    Grauen durchzuckte Teia. Gütiger Orholam, was hatte sie da gerade gesehen?

33
    Die Große Halle der Chromeria wurde jede Woche einmal in einen Ort der Anbetung umfunktioniert. Für alle Schüler, ob Wandler oder nicht, war Anwesenheit Pflicht. Kip bewegte sich schlurfend zu seinem Platz zwischen Ben-hadad und Teia in der Bankreihe. Ben-hadad klappte die farbigen Gläser seiner seltsamen Brille herunter und blickte vom weißen Marmor der Gewölbebogen zu den vielfarbigen Glasscheiben des Lichtgadens empor.
    Kip war zu beschäftigt mit dem, was unten auf dem Boden geschah, um sich den im Buntglas über ihnen dargestellten Szenen zu widmen. »Also, was müssen wir jetzt tun?«, fragte er.
    »Hm?«, murmelte Ben-hadad.
    »Wir hören zu«, antwortete Teia. Ihr Tonfall war kurz angebunden und in sich gekehrt, ungewöhnlich für sie. »Es ist die zweite Woche des Jahreskreises, also denke ich, dass der Blaue persönlich sprechen wird.«
    »Oh nein«, sagte Ben-hadad. »Er ist der Schlimmste von allen. Ich habe von einem der Glimmer gehört, dass letztes Jahr Gavin Guile am Blauen Tag gepredigt hat und dass er einfach unglaublich war. Aber dieser Dingsda ist schrecklich.«
    »Klytos Blau«, sagte Kip. Lastende Angst drückte ihn nieder. Jener Mann, auf den Gavin ihn angesetzt hatte.
    »Er versucht, besonders gelehrt zu klingen, weil er denkt, das würde von Blauen so erwartet, aber ich habe gehört, wie sich echte Gelehrte über ihn lustig gemacht haben.«
    Kip kümmerte das wenig, obwohl er hoffte, eine Abneigung gegen jenen Mann entwickeln zu können, den zu vernichten er gelobt hatte. Es war seine erste Gelegenheit, Klytos Blau persönlich zu sehen. Er spürte, wie sein Herz hämmerte.
    Die große Halle füllte sich langsam, aber in der letzten Minute vor Mittag drängte sich dann ein beachtlicher Schwung von Menschen herein. Noch während weitere Besucher eintrafen, erhob sich von einer vorne im Raum versteckten Vertiefung leiser Chorgesang. »Was ist das?«, flüsterte Kip.
    »Der Männerchor der Infraroten«, erklärte Ben-hadad, der immer noch zum Licht hinaufstarrte, das durch den Obergaden hereinfiel.
    »Schscht«, zischte Teia mürrisch, ganz der Musik hingegeben.
    »Warum machen die Blauen nicht ihre eigene Musik?«, erkundigte sich Kip bei Ben-hadad.
    »Keine Ahnung. Es ist einfach eine Spezialität der Infraroten.« Ben-hadad grinste plötzlich und wandte den Blick von der Decke ab. »Infrarote sind natürlich stets besonders leidenschaftlich, aber die Männer sind fast immer steril. Beides Eigenschaften, die sie bei den Damen ziemlich beliebt machen.«
    »Musikalisch zu sein schadet da auch nicht gerade«, meinte Teia schmachtend.
    »Was?«, wandte Kip sich erneut an Ben-hadad. »Warum?«
    Ben-hadads Augenbrauen zuckten in die Höhe.
    »Also Kip, hat dir dein Vater etwa nicht die ›Siebzig Wege von Mann und Mägdelein‹ erklärt?«, fragte Teia.
    »Das habe ich nicht gemeint. Ich wollte nur …?« Oh, sie wollte ihn nur aufziehen. Sie grinste, als er errötete.
    Siebzig?
    Sie ließ sich erweichen und sagte mit leiser Stimme: »Niemand weiß, warum sie steril sind. Es ist einfach Teil ihrer Bürde, ihres Opfers, das sie Orholam bringen.«
    »Schscht!«, machte ein Mädchen in der Reihe vor ihnen und drehte sich verärgert um.
    Der Chor stimmte ein neues Lied an, und diesmal fiel ein großer Teil der Gemeinde in den Gesang mit ein. Kip hatte keine Ahnung, was sie da sangen. Er konnte nur vermuten, dass es Altparianisch war. Aber der Gesang war schön, und er war froh, dass er ihn nicht verstand. Er konnte in purer Musik schwelgen.
    Zwei große Oberlichter leuchteten plötzlich auf, und ihr Licht war heller als das der Mittagssonne. Kip vermutete, dass zwei der großen Spiegel auf den anderen Türmen auf die Halle gerichtet

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