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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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hochzufrieden mit sich auf dem Bett und trank den besonderen Rotwein, den Lily immer für ihn bestellte. Nach einer Weile fiel ihm auf, dass sie länger als sonst hinter ihrem asiatischen Paravent herumtrödelte.
    »Was führst du jetzt wieder im Schilde, Lil?«
    Als sie auftauchte, trug sie Jakes Hut auf den wilden kastanienbraunen Locken, sein rotes Halstuch und seine Reitstiefel, ansonsten war sie splitternackt. Sie stemmte die Fäuste in die Hüften, ahmte eine männliche Pose nach und rief mit barscher Stimme: »Ich habe gutes Geld für dich bezahlt! Also mach dem Namen dieses Hauses Ehre, sonst brenne ich es ab und jage dich aus der Stadt!«
    Jake prustete in seinen Wein und ließ sich lachend wieder auf das Bett fallen. »Ich meine es ernst! Los, zieh dich aus, du Mistkerl! «, befahl Lily.
    Dann wälzten sie sich im Bett herum, und Lily ließ ihrer losen Zunge freien Lauf.
    Schließlich kapitulierte Jake. »Ich tue, was du willst, Hauptsache, du behältst den Hut auf! Ich sehe dich in einem ganz neuen Licht, Lil!« Dann prustete er erneut los, entzückt von ihrer Wut.
    Lilys Auftritt war wirklich erstaunlich, sie schien sich vollkommen auf ihn und seine Wünsche eingestellt zu haben. Jake fragte
sie nicht nach dem Grund für diesen Wandel. Er würde sie gut bezahlen. Sie lenkte ihn so gründlich ab, dass er alles andere vergaß, die patrins , das Wildpferd, Gem und vor allem diesen Blick in Keziahs Gesicht, als sie ihm den Kuchen in den Mund gesteckt und gesagt hatte: »Es ist wie ein Kuss – zu nichts nutze, wenn man ihn nicht teilt.«

VIERUNDZWANZIG
    D aniel Browne spürte, dass das Licht seine Rettung war und die Kunst der Schlüssel für sein Überleben. Die australische Sonne hatte etwas Verführerisches; sie verwandelte alles, was er unbedingt zeichnen wollte: Szenen, Landschaften und vor allem Porträts. Im Februar 1839 herrschte bereits seit zwei Jahren Trockenheit, und er war ebenso lange in Gideon Park. So weit er trotz seiner eingeschränkten Bewegungsfreiheit sehen konnte, war das Land ausgedörrt und kämpfte ums Überleben. Wann immer er dem Tag vor Sonnenuntergang ein paar Stunden abringen konnte, hielt er die Brutalität, Einsamkeit und Erniedrigung im Leben eines Strafgefangenen fest. Jeden Abend sah er verzweifelt zu, wie die Sonne am Horizont versank, um England einen neuen Tag zu bescheren. Er beneidete die Sonne um ihre Kraft, nach Hause zurückkehren zu können. Im Grunde seines Herzens wusste er, dass es ihm nicht vergönnt sein würde.
    Auf dem Höhepunkt seiner Mutlosigkeit, an jenem Tag, als der Einheimische in sein Leben geritten kam, waren seine Bitten erhört worden. Die Malutensilien, die er ihm später gebracht hatte, waren wie Manna vom Himmel. Aber es war noch mehr. Jake inspirierte ihn. Er war ein Symbol für Freiheit – der Beweis, dass es ein Leben gab jenseits der Hölle, die der Teufel in Person nach seinem eigenen Bild erschaffen hatte.
    Seitdem hatte Daniel aus dem Gedächtnis unzählige Skizzen von Jake gemalt, aus sämtlichen Blickwinkeln und in allen möglichen Stimmungen. Sie hatten zu einem Ölporträt geführt, das so lebendig und ausdrucksvoll war, dass es Jake perfekt einfing. Daniel
war selbst überrascht, als ihm bewusst wurde, dass Jake der erste Mensch war, dem er vertraute.
    Kurz vor Weihnachten war er das Risiko eingegangen, sich den Zorn des Teufels in Person zuzuziehen, und hatte Jonstone heimlich aufgelauert, um ihm dieses Porträt zu zeigen. Es hatte sich gelohnt. Der Master hatte ihn beauftragt, seine dreijährige Tochter Victoria zu porträtieren.
    Während Daniel nun wie aufgetragen mit schnellen Schritten zum Anwesen der Jonstones ging, betete er, dass der heutige Tag ein Erfolg würde. Hätte Saranna ihr Versprechen gehalten, dann wäre ich jetzt nicht hier gefangen. Irgendwie muss ich es schaffen, nach Ironbark zu kommen und sie zur Rede zu stellen.
    Auf der Terrasse des Hauses ging er vor der Balkontür auf und ab. Jeder Muskel seines Körpers schmerzte vor Anspannung. Durch die Terrassentür sah er, wie Julian Jonstone das in Auftrag gegebene Ölporträt äußerlich reglos betrachtete. Das war die Feuerprobe. Sein Master würde ein Urteil fällen.
    Als er erneut an der Terrassentür vorbeikam, war er irritiert. Sein Werk lag einsam und verlassen auf Jonstones Schreibtisch, während sein Master gleichgültig eine Prise Tabak schnupfte.
    Heilige Muttergottes, weiß der Kerl denn nicht, dass er mein Schicksal in den Händen hält? Ich ertrage

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