Die Blüte des Eukalyptus
dass es auch Gem sein könnte!«
»Kein anderer Mann kann deinem Zigeuner das Wasser reichen, was?« Er packte sie am Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. »Außer Jake Andersen vielleicht.«
Keziah riss sich los. »Sei kein Esel, Jake ist nur ein Kumpel.«
»Dann sieh zu, dass es dabei bleibt, Mrs. Browne!«, warnte er.
Anschließend verließ er das Haus und sattelte das Wildpferd, um sich in Scottys Hütte zu betrinken. Keziah schien es egal zu
sein, wo er seine Zeit verbrachte, aber jedes Mal, wenn er ohne ihre Erlaubnis ihr Pferd nahm, ärgerte sie sich.
Am frühen Weihnachtsmorgen kehrte Daniel in das einzige Heim zurück, das er jemals gekannt hatte. Unrasiert und in den verschwitzten Kleidern vom Vortag torkelte er durch die Tür, als wäre alles wie immer. Keziah stand am Herd, und Gabriel kam im Schlafanzug herein, enttäuscht, dass der Weihnachtsmann ihm nichts gebracht hatte.
»Guck mal, er ist doch da gewesen!«, sagte Daniel und nahm schwungvoll die Tischdecke von dem Holzboot, das er in der Nacht zuvor zu Ende bemalt hatte. Der Junge stieß einen Freudenschrei aus. In den Manteltaschen, der am Haken hing, und in allen möglichen Ecken des Zimmers fand er dann mit Daniels Hilfe noch unzählige, aus Holz geschnitzte Tiere. Gemeinsam stellten die beiden sie vor dem Boot auf. Die Tiere marschierten in Zweierreihen.
»Soll das die Arche Noah aus der Bibel der gaujo sein?«, fragte Keziah.
Daniel nickte. »Ich habe Gabriel die Geschichte von der Sintflut erzählt. Jetzt erwartet er jeden Tag, dass ein Regenbogen am Himmel erscheint, um Gott an sein Versprechen zu erinnern, nie wieder die Welt zu überfluten.« Plötzlich war er besorgt. »Tut mir leid, ich wollte ihm keine Angst machen.«
Er reichte Gabriel ein Geschenk für seine Mutter und ermahnte ihn, »Frohe Weihnachten« zu sagen. An der Tür drehte er sich um und meinte schnippisch: »Du brauchst mir gar nicht erst zu sagen, dass ich stinke. Ich wasche mich im Bach.«
»Da müsstest du meilenweit gehen«, antwortete Keziah herablassend. »Hobson hat mir etwas Wasser aus seiner Zisterne gebracht. Warte draußen, ich bringe dir warmes Wasser.«
Nachdem er sich gewaschen und frische Kleider angezogen hatte, sah Daniel zu, wie sie das holzgeschnitzte Kästchen auspackte, das er mit einem vardo und zwei kleinen Jungen bemalt
hatte – einen schwarzen und einen weißen. Gabriel erkannte auf Anhieb Murphy und sich darin, doch Keziah sagte nichts.
Daniel war seltsam enttäuscht. Er wusste, dass sie Geschenke für Nerida und Murphy hätte, wenn sie von Snowy River High Country zurückkämen. Dort trafen sie sich vielleicht zum letzten Mal mit den verbliebenen Mitgliedern ihres Stammes, um sich an den Bogong-Faltern gütlich zu halten. Jedes Jahr wurden mehr von ihnen von illegalen Siedlern vertrieben.
Daniel wusste auch, dass Weihnachten Keziah nichts bedeutete, aber wie alle Roma tolerierte sie die Götter der anderen. Zumindest hätte sie irgendeine Reaktion auf sein Geschenk zeigen können, schließlich hatte er Stunden damit verbracht, das verflixte Kästchen zu basteln.
»Ich bin nach der Messe wieder da«, sagte er schroff und machte sich auf den Weg in die Kirche.
Als er bei seiner Rückkehr die ganze Hütte mit Kerzen und roten und grünen Zweigen geschmückt vorfand, stieg seine Laune wieder.
Keziah machte eine unbeholfene Geste der Entschuldigung. »Das kommt der englischen Mistel, Stechpalme und Efeu am nächsten.«
»Mir gefällt der australische Beigeschmack«, lächelte er, während er Keziahs Versuch betrachtete, einen Tannenbaum nachzuempfinden. Diese deutsche Tradition wurde immer beliebter, seit der Prinzgemahl der königlichen Familie große, üppig geschmückte Tannenbäume zu Weihnachten aufstellen ließ.
Sie hatte eine kleine mit roten und gelben Glockenblumen aus dem australischen Busch geschmückte Pinie in ein leeres Bierfass gestellt und die Zweige mit handgefertigten weißen Bommeln behängt als Ersatz für den Schnee.
Daniel konnte sein Entzücken kaum verbergen, als er die Figur in der Ecke sah, die seinen gestreiften Schal und einen Hut aus den Blättern der Keulenlilie trug. Augen, Nase und Mund bestanden
aus Knöpfen, die sie auf ein Schafsfell genäht hatte. Es war der verrückteste Schneemann der Welt, trotzdem war Daniel tief bewegt.
»Das ist das schönste Weihnachtsfest, das ich je erlebt habe.« Seine Nase zuckte. »Was duftet denn hier so gut? Ein Truthahn aus dem Busch? Plumpudding? Du bist
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