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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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unschlagbar, Kez. Alles, was an zuhause erinnert, sogar der Schnee.«
    »Das sind Federn, die die Engel beim Fliegen verlieren«, erklärte Gabriel.
    Am Ende der Mahlzeit trank Daniel seinen Rotwein aus und lehnte sich satt zurück. Plötzlich runzelte Keziah besorgt die Stirn, und er trat ans Fenster, wo sie beide den Horizont absuchten. Ein Unheil verkündender Rauch stieg zum Himmel auf, Hinweis auf ein Buschfeuer in der Ferne. Daniel beruhigte sie, doch der heiße Westwind war eine Warnung: Er musste auf ein plötzliches Drehen des Windes achten.
    Keziahs wehmütiger Ausdruck verriet ihm, dass sie sich nach Gem sehnte. Oder war es Jake?
    Er wappnete sich gegen ihre Reaktion in der Hoffnung, dass der Wein sie besänftigt hätte.
    »Du meinst mich zu kennen, Keziah, aber das stimmt nicht. Ich bin noch verabscheuenswerter, als du dir vorstellen kannst. Verstehst du denn nicht? Nicht Gems Schatten steht zwischen uns, sondern der von Jake Andersen.«
    Keziah hielt seinem Blick einen langen Moment stand, während sie den Auswirkungen seiner Worte nachspürte. Dann wandte sich Daniel vor der Intensität in ihren Augen ab.
    Endlich hatte Keziah verstanden.

VIERUNDDREISSIG
    K eziah betrachtete Jake, der sich in »seinem Sessel« vor dem Kamin räkelte. Er hatte die Stiefel auf das Gitter gestützt und den Hut in den Nacken geschoben. Es war Sommer, und ein Feuer war eigentlich nicht nötig, außer bei Nacht, aber wenn Jake kam, zündete sie immer den Kamin an, weil das Feuer ihn sichtlich entspannte. Sie erinnerte sich daran, dass er unter freiem Himmel schlief und kein eigenes Zuhause hatte. Ihre kleine Feuerstelle kam für ihn einem Familienleben am nächsten.
    Belustigt sah sie, wie er ihre Roma-Kekse verschlang und ihren Tee austrank. Ein fairer Tausch für die Neuigkeiten aus Sydney Town und den Stapel von drei Monate alten englischen Zeitungen. Er hatte sie von einem Frachtschiff gekauft, das im Hafen von Port Jackson lag.
    Obgleich sie es kaum erwarten konnte, die Nachrichten von zuhause zu lesen, hörte sie sich gespannt die Einzelheiten über die königliche Familie an, die Jake aus erster Hand von einem Schiffsoffizier in The Rocks erfahren hatte.
    »Wie romantisch«, sagte sie. »Die kleine Prinzessin Victoria Adelaide Mary Louise muss also während der Flitterwochen gezeugt worden sein!«
    »Ja. Aber sie wird nur so lange Thronanwärterin sein, bis ein Junge geboren wird und seine Schwester von diesem Platz verdrängt. Ich glaube, der deutsche Cousin der Königin, Albert – wie hieß er noch?«, fragte Jake respektlos.
    »Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha ist jetzt unser Prinzgemahl und sehr attraktiv. Ich bin sicher, dass sie viele Kinder haben werden«, sagte Keziah.

    »Ja«, antwortete Jake unschuldig. »Ich wette, dass man ihn früh zu Bett schickt, damit er seinen Pflichten nachkommt, so wie ganz England von ihm erwartet. Der arme Kerl durfte ihr ja nicht einmal einen Heiratsantrag machen, weil Victoria im Rang höher steht als er.«
    »So ist nun mal das Protokoll bei den Royals.«
    Jake grinste. »Ich frage mich, ob sie vor ihm auf die Knie gegangen ist, während sie den Antrag stellte. Und was hätte sie getan, wenn der arme Kerl Nein gesagt hätte? Hätte sie ihn köpfen lassen?«
    Keziah verteidigte ihre Königin. »Was ist schon dabei, wenn sie ihn sich ausgesucht hat? Die Frauen in meinem Stamm hatten immer das Recht, sich ihre Männer auszusuchen.«
    Jake versuchte, verlorenen Boden wiedergutzumachen. »Tja, offensichtlich hat Albert das Herz auf dem rechten Fleck. Ich habe gehört, dass ganz London auf seine neueste Erfindung gespannt ist. Ein seidener Sonnenschirm, mit einem Futter aus Kettenrüstung, falls jemand auf die Idee käme, auf sie zu schießen, wenn sie in ihrer Kutsche unterwegs sind.«
    »Wie klug von ihm«, sagte Keziah voller Bewunderung, bis sie sah, wie Jake Mühe hatte, sich zu zügeln. »Was ist daran so falsch?«
    »Nichts. Nur dass der Sonnenschirm so viel zu schwer für deine kleine Königin ist und sie ihn nicht halten kann. Er ist völlig nutzlos.«
    »Mach dich nur lustig. Königin Victoria wird uns noch lange regieren. Sie wird uns alle überleben!«
    Jake sah sie ernst an. »Das hast du wohl aus dem Bodensatz ihrer Teetasse gelesen, was?«
    Endlich erlaubte sich Keziah ein Lächeln und fügte dann wehmütig hinzu: »Wenigstens ist es etwas Echtes zwischen den beiden. Keine Vernunftehe.«
    Jake richtete sich auf. Er wusste, dass sie auf Daniel anspielte, und

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