Die Blüte des Eukalyptus
wiederaufzunehmen. Da mir seine Familienporträts aufgefallen waren, erfuhr ich von seinem Schützling, diesem ehemaligen Strafgefangenen Daniel Browne. Die Beschreibung der ›dunklen Schönheit‹, die er geheiratet hatte, ließ mich aufhorchen. Eine Lehrerin, die nichts von Laudanum hielt und Charlotte Jonstone Kräuter gegeben hatte, um ihre Geburt zu erleichtern? Das klang wie die Zigeunerin, die versucht hatte, meiner Stiefmutter zu helfen. Ich stellte diskrete Nachforschungen über die Frau an, die als Saranna Browne bekannt war, und erfuhr, dass sie ein Kind adoptiert hatte. Es war etwa in einem Alter, das auf seine Zeugung in Morgan Park gepasst hätte.«
Keziah wusste, dass es keinen Zweck hatte, zu leugnen. »Ich werde deinem Vater das Geld zurückzahlen, zu mehr bin ich nicht bereit.«
Noch ehe Caleb antworten konnte, wurde er von lautem Kinderlachen ans Fenster gelockt. Gabriel und Murphy jagten einander um ein Gebüsch, bis beide schließlich lachend auf Neridas
Schoß plumpsten. Es war nicht zu übersehen, wie Calebs Ausdruck sich veränderte, als er Gabriel aufmerksam betrachtete. Es war das erste Mal, dass Caleb ihren Sohn sah. Seinen Sohn.
»Das also ist Gabriel Stanley«, sagte er leise. »Mein Sohn und Erbe. Das Kind, das einem Bericht von Trooper Kenwood zufolge gar nicht existiert. Was für ein süßer kleiner Kerl. Meinen Glückwunsch. Er hat die unverwechselbaren Gesichtszüge der Morgans.«
Als Keziah sah, dass Caleb beim Anblick des Jungen aufrichtig gerührt war, empfand sie einen Anflug von Mitgefühl.
Plötzlich wankte er und hielt sich an der Rückenlehne des Holzstuhls fest.
»Es ist nichts, nur die Hitze«, schwindelte er. Um seine Haltung wiederzugewinnen, wischte er sich mit einem seidenen Taschentuch den Schweiß von der Stirn. Keziah zuckte zusammen, als sie das Wappen der verhassten Morgans erkannte. Es war das Symbol ihrer Macht.
Sie stellte einen Krug mit Wasser neben die Kristallgläser auf den Tisch. »Dir ist nicht wohl. Setz dich. Ich mache dir einen Kräutertee.«
Caleb nickte dankbar. Erschöpft ließ er sich auf den Stuhl fallen und schwang ein Bein über die Armlehne, in der vertrauten kindlichen Pose, die sie aus der Bibliothek der Morgans in Erinnerung hatte. Sie nahm ein luftdicht verschlossenes Glas, in dem sie die wertvolle Schafgarbe aus ihrem Kräutergarten aufbewahrte, goss heißes Wasser über die Blüten und Blätter und stellte den Becher vor ihn hin.
Caleb warf einen neugierigen Blick hinein. »Soll das etwa Tee sein?«
»Du kannst mir vertrauen. Trink den Becher aus. Unsere Kräuter besitzen magische Eigenschaften, die mein Volk kannte, noch ehe das Römische Reich entstand. Damals lebten wir noch in Ägypten. Es wird deinem Körper und deiner Seele guttun.«
Sie erinnerte sich daran, dass sie ihm gegenüber keine Schwäche
zeigen durfte. Caleb hatte schon einmal ihren Widerstand mit seinem Charme gebrochen. Sein jetziger Versuch, Mitleid zu erregen, war nicht minder gefährlich.
»Tut mir leid, dass es dir schlecht geht«, sagte sie fest. »Es ändert trotzdem nichts. Ich will lieber sterben, als dir erlauben, mir Gabriel wegzunehmen, damit du ihn zu deinem sogenannten Morgan-Erben machst. Ich bin sehr wohl in der Lage, selbst für mein Kind zu sorgen. Gabriel und ich wollen nichts von deinem Ruhm oder deinem Reichtum haben. Weder jetzt noch später.«
Sie legte die gesetzliche Urkunde, die Joseph Bloom erstellt hatte, auf den Tisch. »Und wenn du unbedingt vor Gericht ziehen willst, das hier beweist, dass Gabriel ein Findling ist, den ich adoptiert habe.«
Caleb wirkte frustriert. »Das ist ein Schwindel! Bedeutet es dir nichts, dass ich mehr als achtzehntausend Meilen zurückgelegt habe, um dich zu suchen? Als ich dir meinen Schutz in England anbot, meinte ich es aufrichtig. Ich bat unseren Anwalt, mir das Erbe meiner Mutter auszuzahlen. Ich wollte mit dir nach Amerika segeln. Und als ich triumphierend zurückkehrte, musste ich feststellen, dass du spurlos verschwunden warst.«
Er hob beschwörend die Hände. »Siehst du denn nicht? Alles, was ich in diesem gottverlassenen Land getan habe, diente nur dazu, deine Hochachtung zu gewinnen. Es sollte dir beweisen, dass ich nicht der nutzlose Bengel reicher Eltern bin. Ich wusste, dass ich dich eines Tages finden würde! Und jetzt kann mich nichts mehr aufhalten. Dein Zigeuner ist tot und vergessen.«
Gem vergessen! Keziah zuckte zusammen. Sie würde ihre Trauer bestimmt nicht diesem gaujo
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