Die Blüte des Eukalyptus
Richtung, in der ihr Stamm lebte. »Aber er hat versprochen, oft mit mir hinzufahren. «
Keziah wusste, dass in Neridas Innerem Ängste schlummerten, die sie nur Mitgliedern ihres Stammes mitteilen konnte.
Nerida berührte sanft Keziahs Nase, so wie die Mütter der Eingeborenen, wenn sie ihre Kinder wecken wollten. »Jetzt musst auch du endlich aufwachen, Saranna. Such dir den besten Mann für dich aus.«
In einer perfekten Imitation machte Nerida Jakes eingebildetes Grinsen nach, schlenderte lässig wie ein Currency Lad ein paar Schritte weiter, warf ihm einen Blick über die Schulter zu und verschwand. Sie jedenfalls stand eindeutig auf seiner Seite. Keziah
spürte, dass Jake nicht daran dachte, sie so einfach davonkommen zu lassen.
»Du wolltest dich also heimlich auf den Weg machen. Hält so eine Roma Wort?«
»Ich wusste nicht, ob ich den Mut aufbrächte, mich von dir zu verabschieden.«
»Und?« Jake sah sie an. Die Botschaft war unmissverständlich: Jede Wette, dass du vor mir aufgibst, Mädchen.
Da brach Keziahs Widerstand zusammen. »Ich wusste, dass ich dich nie verlassen könnte, wenn ich dich noch einmal sehen würde.«
Sie hielt den Atem an. Würde auch Jake beigeben? Oder war er wie Gem zu stolz, um ihr zu vergeben?
Jake bröselte immer noch mit seinem Tabak herum, obwohl er gar nicht vorhatte zu rauchen. Die kleine Hexe schämt sich zu Tode. Und ich stecke in der Zwickmühle. Wenn sie nur zwei Schritte auf mich zumacht, schleppe ich sie in den Busch und reiße ihr dieses dämliche Kleid vom Leib. Und dann verliere ich sie für immer. Wie, zum Teufel, kann ich ihr bloß ihren verdammten Roma-Stolz zurückgeben?
Keziah machte zwei Schritte auf ihn zu.
»Halt, keinen Schritt weiter, junge Dame!«, rief Jake liebenswürdig. »Letztes Mal hast du mich übel zugerichtet. Fordere dein Glück nicht allzu sehr heraus. Ich habe noch nie im Leben eine Frau geschlagen, es wäre unter meiner Würde. Wenn du aber wieder unter meine Gürtellinie zielst« – es klang beinahe wie eine Liebkosung –, »könnte ich mich vergessen, mein Schatz.«
»Ich muss mich bei dir entschuldigen«, sagte Keziah steif und wandte errötend den Blick ab.
»Das ist es, nicht wahr?«
Die Worte, die er aussprechen musste, gingen ihm gegen den Strich, aber es musste sein, sonst würde er sie verlieren.
»Erwarte nicht von mir, dass ich mich für das entschuldige, was
ich über Männer gesagt habe. Ich bin selbst einer. Du kannst keinem von uns Mistkerlen trauen. Ich würde alles tun, um dich vor ihnen zu beschützen, aber …« Er zögerte. »Aber dir, Kez, würde ich mein Leben anvertrauen.«
Keziahs Beschämung schmolz im Strom ihrer Tränen dahin.
»Die Wahrheit ist, dass ich nicht immer so klug bin, wie ich es sein will, Jake, aber ich bin auch nicht so schwach, wie du glaubst. Ich gehöre dir, wenn du mich willst.«
Jake nahm sich Zeit, um auf diese Aufforderung zu reagieren. Er wehrte sie nicht ab, als sie sich an ihn schmiegte, klammerte sich aber weiter an den Verandapfosten, damit er sie nicht berühren musste.
»Wie wäre es, wenn wir eine Abmachung treffen?«, schlug er vor. »Ich erwarte nicht von dir, dass du Gem vergisst. Er wird immer ein Teil von dir sein. Ich verstehe das. Aber ich will dich nicht teilen. Wenn du dich mit mir einlässt, kannst du so bleiben, wie du bist. Du kannst deine Schüler unterrichten, Pferde abrichten, deine Zauberkräuter anbauen, was immer du willst. Aber nachts, wenn die Sterne am Himmel aufgehen, sollst du nur mir gehören. Und ich warne dich«, fügte er sanft hinzu. »Ich bin ganz schön anspruchsvoll!«
»Einverstanden!« Keziah warf ihren Hut in die Luft, und das offene Haar fiel ihr in die Stirn. Doch gerade als Jake sie umarmen wollte, stand Gabriel in der Tür und quengelte, er hätte Hunger.
»Ich auch, mein Kleiner, ich auch«, murmelte Jake.
Keziah gab Gabriel ein Stück Brot und Käse und bot auch Jake zu essen an. Obwohl er wusste, dass sie selbst mitten in den Reisevorbereitungen ein köstliches Mahl zaubern könnte, lehnte er ab. Ihm war gerade ein großer Stein vom Herzen gefallen, aber es gab noch etwas, das er seit Tagen plante und unbedingt noch erledigen musste. Er nahm ein Bändchen aus der Tasche.
»Gabe, weißt du, was dieses Bändchen bedeutet? Deine Mutter hat mir einmal erzählt, dass es ein Brauch der Roma ist. Wenn ein Kind geboren wird, bindet der Vater dem Jungen ein rotes
Bändchen um den Hals. Um der Welt zu zeigen, dass er stolz auf
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