Die Blüte des Eukalyptus
seinen Sohn ist.«
Jake hob Gabriels Kinn ein wenig an und schlang ihm das Bändchen um den Hals. »So, das bedeutet also, dass ich von jetzt an dein Vater bin. Für immer. Und du bist mein kleiner Rom.«
Gabriel machte große Augen. »Werde ich das jetzt immer tragen? «
Jake unterdrückte ein Lächeln. »Nein, Kumpel. Nur bis heute Abend die Sonne untergeht.«
Jake traute sich nicht, Keziah anzusehen, trotzdem erkannte er aus den Augenwinkeln, dass ihr erneut die Tränen in den Augen standen. Er nahm Gabriel auf den Arm und schlenderte mit ihm zu dem Versteck, wo er den vardo abgestellt hatte. Dann drehte er sich um. Er wollte Keziahs Reaktion sehen. Seine Belohnung.
Sie schrie so laut auf, dass die Pferde unruhig wurden. Der grün-goldene vardo war ein Kunstwerk. Aus dem gewölbten Dach lugte ein winziger Schornstein aus Metall. Rechts und links von der hinteren Tür befanden sich Fenster mit rautenförmigen Butzenscheiben. Sie erkannte Daniels Handschrift. In der Mitte der goldenen Verschnörkelung prangte ein Wildpferd. Der Brumby.
Mit stolzgeschwellter Brust ließ Jake das hintere Trittbrett herab. Gabriel kletterte hinauf und ließ die Tür hinter sich zufallen, doch sie konnten seine Freudenschreie hören.
Keziah schluchzte, als zerrisse es ihr das Herz. Jake hielt sie ratlos in den Armen.
»Jesses! Soll das heißen, er gefällt dir?«
»Es ist der schönste vardo auf der ganzen Welt. Wenn ich darin mit dir wohnen darf, Jake, dann schwöre ich bei der Hand meines Vaters, dass ich dich niemals verlasse!« Jake sah sie lange an. »Nicht einmal, wenn ich dich darum bitten würde?«
Als sie zwei Stimmen im vardo lachen hörte, erschrak Keziah. »Wer ist da sonst noch drin?«
Jake verzog keine Miene. »Das müsste meine Tochter sein, Pearl.«
»Warum hast du mir das nicht gesagt?«
»Ich glaubte, es wäre nicht nötig. Schließlich kannst du hellsehen oder etwa nicht?«, neckte er sie.
Jake sah, wie Keziah in den vardo stieg und in die Hocke ging, um auf gleicher Augenhöhe mit Pearl zu sein. »Ich bin so froh, dass dich dein Papa gefunden hat, Pearl.« Als die Kleine misstrauisch zurückwich, reichte Keziah beiden Kindern je eine Hand. »Kommt, wir helfen ihm. Sobald wir den Wagen beladen haben, geht es los. Ein großartiges Abenteuer erwartet uns!«
Die Sonne brannte herab, und der Wind blies ihnen ins Gesicht, während sie eine kurvenreiche Nebenstraße entlangfuhren. Hier war Jake zufolge die Wahrscheinlichkeit, von Buschräubern überfallen zu werden, geringer als auf der Hauptstraße. Keziah saß auf dem Kutschbock, die beiden Kinder zwischen ihr und Jake. Horatio trottete dahin, als hätte er schon immer einen vardo gezogen. Der Brumby, Sarishan und das Pony folgten im Schlepptau.
Keziahs Leben flog bruchstückhaft an ihr vorbei, als teilte eine magische Hand Tarotkarten aus.
Wie konnte ich nur so blind sein? Gem war zwar mein Rom, aber er konnte mir nicht verzeihen. Daniel liebte mich wie eine Schwester. Caleb wollte mich in höhere Gesellschaftsschichten einführen, wenn ich meine Seele verriet. Jake ist ein gaujo , der an nichts glaubt. Trotzdem respektiert er als Einziger meine »merkwürdigen Roma-Gesetze«. Und jetzt hat er mir diesen vardo gebaut, um mir mein verlorenes Roma-Leben zurückzugeben!
Sie sah Jake an und fuhr mit der Hand so liebevoll über das Holz, als liebkoste sie seinen Körper.
Jake schwieg. Er warf ihr einen sonderbaren Blick zu, halb verlegen, halb stolz.
Keziah entging Pearls Nervosität nicht, sie spürte, dass es
schwer würde, das Vertrauen des kleinen Mädchens zu gewinnen. Auch bei ihr hatte Jennys Verschwinden tiefe Narben hinterlassen.
Mitten im Busch hielt Jake an. An einer einsamen Straßenkreuzung vor ihnen stand ein handbemalter Wegweiser.
Keziah versuchte, Jakes Ausdruck zu deuten, während er darauf starrte. Die untergehende Sonne fiel auf ein verrostetes Gittertor vor einer verlassenen Farm. Es gab keinen Zaun, nur dieses Tor zwischen zwei wackligen Pfosten. Eine heruntergekommene Holzhütte lehnte sich an einen riesigen roten Gummibaum, als wäre sie beschwipst. Die Sonne bildete ein Muster aus Rosa, Rot und Braun auf dem grauen Stamm.
Jake schien nach den richtigen Worten zu suchen. Keziah kam ihm zu Hilfe. »Dein Land, nicht wahr?«
»Ja. Ich habe es einem Kerl beim Pokern abgeknöpft. Einhundertdreißig Morgen. Natürlich werde ich es nie bebauen. Ich lasse mich nicht wie mein Pa von einem Stück Land versklaven.«
»Nein, natürlich
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