Die Blüte des Eukalyptus
nur noch aus seiner Erinnerung kannte.
Dann traf eine zweite Kutsche ein, deren Dach sich unter den zahllosen Gepäckstücken bog. Drei junge Männer sprangen heraus und luden Kästen ab, die offensichtlich Musikinstrumente
enthielten. Einer der Männer trug ein Cello, so vorsichtig wie ein Vater sein Kind.
Musiker! Die Aussicht auf ein Fest war aufregend – prächtige Kleider, Tanz, ein Blick auf die Welt draußen, den er zu Kunst machen konnte. Er wollte unbedingt nahe genug heran, um das Ganze zu beobachten. Aber wenn man ihn dabei erwischte, wie er seine Herren bespitzelte, würde man ihn auspeitschen. Bei diesem Gedanken brach ihm der Angstschweiß aus, trotzdem arbeitete er weiter.
Als Nächstes kam die schönste Kutsche, die er jemals gesehen hatte. Kutscher und Diener trugen eine blaue, mit Gold besetzte Livree und weiße Perücken unter dem Dreispitz, ziemlich ausgefallen mitten im abgelegenen Busch, deren Pracht jedoch nicht einmal von der feinen Staubschicht, die sie von Kopf bis Fuß bedeckte, gemindert werden konnte.
Daniel überkam ein Gefühl von Ehrfurcht, als er das halb von Schlamm bedeckte Wappen auf der Kutschentür entdeckte. Jeder wusste, dass die Jonstones in den höchsten gesellschaftlichen Kreisen von Sydney Town verkehrten. Ob in dieser Kutsche etwa der Gouverneur saß?
Es war eine noch aufregendere Person. Die junge Frau, die ausstieg, faszinierte ihn. Ihr Seidenkleid glänzte, als sie sich wie die Puppe einer Spieluhr um die eigene Achse drehte.
Daniel hatte seine Augen darin geschult, sich die Einzelheiten eines Gesichts, das er malen wollte, genau einzuprägen, und in seinem ganzen Leben hatte er etwas so Wunderschönes wie diese Frau noch nicht gesehen.
Als spürte sie die Intensität seiner Augen, drehte sie sich um, und als sich ihre Blicke trafen, lächelte sie verstohlen und wissend. Anschließend trat sie am Arm ihres Begleiters, eines elegant gekleideten, jungen Gentlemans, ins Haus.
Trotz des Risikos, entdeckt zu werden, lief Daniel zu seinem Versteck und begann, sie zu zeichnen. Er brannte darauf, sie erneut zu sehen, um ihre Schönheit zu studieren. Er war sicher, dass
er ihre koketten Augen und ihren herausfordernd roten Schmollmund eingefangen hatte. Nur mit der Nase kam er nicht zurecht. War die Nasenspitze leicht nach oben gebogen gewesen? Und an der komplizierten Anordnung ihrer glänzend schwarzen Locken stimmte auch etwas nicht.
Die Stimme eines Soprans, der ein deutsches Liebeslied sang, flirrte durch die Nachtluft. Sie klang so verlockend wie der Gesang der Loreley. Ein alter Seebär hatte Daniel erzählt, dass sie eine Zauberin gewesen war, die die Schiffe ins Verderben gelockt hatte. Um besser sehen zu können, kletterte er auf einen Apfelbaum und zerkratzte sich das Bein, doch das blutende Knie war ein geringer Preis für einen privilegierten Blick in den Ballsaal. Tanzende Paare wirbelten an den offenen Balkontüren vorbei wie die Muster eines Kaleidoskops.
Als die zierliche Schönheit, die er am Morgen gesehen hatte, plötzlich auf die Terrasse hinaustrat und mit einem schwarzen Spitzenfächer wedelte, der ihm so filigran wie das Netz einer Spinne erschien, stockte ihm der Atem. Sie setzte sich auf einen Stuhl, um die kühle Brise zu genießen, und nippte an ihrem gläsernen Pokal.
Ihr Haar war kunstvoll zu einem Knoten auf dem Kopf hochgesteckt und mit Federn und einem juwelenbesetzten Haarkamm geschmückt; eine einzelne lange Locke hatte sich gelöst und fiel ihr über die Wange. Über dem mit Spitze besetzten Halsausschnitt eines Ballkleids aus schwarzer Seide, dessen Mieder und Rock mit goldenen und violetten Blumen bestickt waren, erhoben sich runde, schneeweiße Schultern. Daniel beobachtete entzückt, wie sie schmollend den Mund verzog und anschließend mit einem nervösen Rascheln ihres Rockes auf den Rasen zuging. Und dann kam sie geradewegs auf den Apfelbaum zu. Nur noch ein paar Schritte, und sie hätte ihn entdeckt.
»Was haben wir denn da?«, neckte sie ihn lächelnd. »Einen jungen Mann, der sich auf einem Baum versteckt. Ich habe dich
heute Morgen im Garten gesehen. Du hast mich die ganze Zeit angestarrt. Wie heißt du?«
»Daniel Browne, Ma’am. Bitte, Sie dürfen nicht mit mir sprechen. Es würde dem Master nicht gefallen.«
»Unsinn. Mir sagt niemand, was ich zu tun habe.« Sie trank ihr Glas aus, Daniel vermutete, dass sie ein wenig beschwipst war.
Dann ließ sie es achtlos auf den Rasen fallen. Ohne den Blick von ihm
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