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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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    Es begann zu regnen, und im Nu wimmelte es auf der George Street von schlammbespritzten Kutschen und Männern mit Regenschirmen. Obwohl Jake oft auf Horatio durch diese Straße geritten war, wäre es etwas anderes, im Regen eine Kutsche durch die vielen betrunkenen Fußgänger und Fahrer zu manövrieren. Seine Passagiere hatten sich unter dem Vordach der Schenke versammelt. Dr. O’Flaherty ist angenehm betrunken, Miss Plews unruhig und nervös, und die Witwe Smith schaut sich um wie ein Kind auf einem Jahrmarkt .
    Gerade als Jake seine Passagiere bitten wollte, einzusteigen, wurde er von einem Kerl mit verschlagenem Gesicht angesprochen. Jake hatte beobachtet, wie er sich zuvor mit einem anderen Kutscher unterhalten hatte.
    Jake warf einen Blick auf den Mantel des Mannes. Der Schein des Pfandleihers hing noch am Kragen. Kein Zweifel, der Kerl hat Dreck am Stecken .
    »Könnte ich dich auf ein Wort sprechen, alter Schwede?« Der Mann hatte einen unruhigen Blick und einen hundertprozentig reinen Cockney-Akzent. »Hast du vielleicht eine gewisse Keziah Stanley unter deinen Passagieren gehabt? Sieht ein bisschen wie eine Zigeunerin aus und ist erst vor Kurzem aus dem alten Kontinent angekommen.«
    Jake horchte auf. »Wer will denn das wissen?«
    »Ein Gentleman aus England. Vornehme Familie. Jede Menge Knete. Würde sich lohnen.« Der Mann klimperte mit den Münzen in seiner Tasche, um sein Anliegen zu unterstreichen.
    Jake registrierte, wie sich Mrs. Smith zu Tode erschrocken hinter der Tür der Schenke versteckte.
    »Nie gehört«, entgegnete Jake. »Und jetzt zieh Leine, ich habe zu tun.«

    Als der Spitzel außer Sicht war, warf Mrs. Smith Jake ein ängstliches Lächeln zu. Das ist es also. Eine anständige Frau auf der Flucht vor einem Kerl mit Geld .
    »Alles einsteigen, es geht los«, rief Jake und legte eine breite Holzplanke auf den Gehsteig, damit seine Passagiere nicht mit ihren Stiefeln durch den Schlamm treten mussten. Die Witwe stieg als Letzte ein. Jakes Blick blieb erneut an dem gebauschten Unterrock und den anmutigen Knöcheln hängen. Keine Angst, ich schaue nur .

DREIZEHN
    M i-duvel! Gott sei Dank bin ich wieder unterwegs .
    Als die Kutsche durch das Toll Gate am Ende der Parramatta Road fuhr, berührte Keziah ihr silbernes Amulett unter der Bluse und dankte ihren Ahnen. Offensichtlich hatten sie sie davor bewahrt, von dem Cockney-Spitzel entdeckt zu werden, den ihr die Morgans auf den Hals gehetzt hatten. Hatte Jake Andersen ihre Panik bemerkt und sie gedeckt? Auch bei ihm bedankte sie sich im Geiste. Für alle Fälle.
    Wie aufregend das alles war! Sie reiste zum ersten Mal in einer Pferdekutsche, und mit jeder Meile kam sie Gem näher. Natürlich würde eine Kutsche niemals so gemütlich sein wie ihr vardo . Bei jedem Schlagloch flog Dr. O’Flaherty gegen sie, und der Regen spritzte manchmal durch das offene Fenster hinein. Glasfenster wären binnen fünf Minuten zerborsten auf diesen rauen Straßen, doch Keziah wollte die Tuchblenden nicht hinunterziehen. Lieber wurde sie ein wenig nass, als die außergewöhnliche Landschaft zu verpassen.
    Sie versuchte, Saranna Plews’ stumme Missbilligung zu übersehen, mit der diese den roten Unterrock unter Keziahs schwarzem Trauerkleid beäugte. Keziah schlang den Schal über die Brust, um die rote Bluse zu verstecken, und lächelte zaghaft, woraufhin die andere Frau sich abwandte und entschlossen aus dem Fenster blickte.
    Die Abweisung überraschte Keziah nicht, aber Dr. O’Flaherty, der neben ihr saß, zwinkerte ihr freundlich zu. »Sollte ich an Ihrer Schulter einnicken, dann schieben Sie mich einfach wieder in meine Ecke.« Er nahm einen Schluck aus seinem Flachmann,
drückte sich die Melone in die Stirn und schlief augenblicklich ein.
    Keziah machte sich im Geiste Notizen über ihre Mitreisenden, als läse sie ihnen aus der Hand.
    Der Doktor ist Alkoholiker, aber harmlos. Saranna Plews hat einen feinen Chester-Akzent. Erstklassige Reiseausstattung. Teure Lederstiefel, allerdings sind die Absätze abgelaufen. Das und das Loch in ihren Handschuhen zeugen von vornehmer Herkunft, aber auch Armut. Warum berührt sie ständig diese Kamee-Brosche? Plötzlich hatte sie eine Eingebung. Ah, ein Andenken an ihre verstorbene Mutter.
    Je tiefer die Kutsche ins Landesinnere vorstieß, desto sicherer fühlte sich Keziah in der Weite der Landschaft. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Spitzel der Morgans sie hier fanden, war gering. Niemand wusste, wie sie hieß oder

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