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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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Schulglocke aus Messing, die an einer Schnur im Wind baumelte.
    »Wir läuten sie auch, wenn wir Buschräuber am Horizont entdecken. «
    Obwohl sich Keziah der Magen umdrehte, gab sie sich Mühe, höflich interessiert zu wirken. Sie betete, dass die Glocke niemals für Gem läuten würde, denn dann wäre er automatisch die Zielscheibe ihrer vielen Waffen.
    Die Schule bestand aus einem Raum und besaß eine schmale Veranda vor dem Eingang. Sie kam Keziah vor wie ein Fremdkörper, als wäre sie Teil eines Reihenhauses in Sydney Town. Die Schule war aus grobem Holz gebaut, die unverglasten Fenster standen den Elementen schutzlos gegenüber, das Dach war bloß ein Gerüst, doch der steinerne Kamin schien das robuste Relikt irgendeines älteren Gebäudes zu sein.
    Hobson kam Keziahs Frage zuvor. »Sie werden im Winter einen Kamin brauchen, da die Jahreszeiten hier höchst unzuverlässig sind. Manchmal ist es sogar im Hochsommer nachts bitterkalt.«
    Durch die halb offene Tür sah Keziah eine Tafel und das Lehrerpult. Die Vase mit wilden Blumen überraschte sie. Und als sie
eintrat, erwartete sie ein noch viel größerer Schock. Keziah stand vor einer ganzen Schar nervöser Kinder mit weit aufgerissenen Augen.
    Hobson stellte sie vor, und die Schüler antworteten im Chor: »Guten Morgen, Miss Plews.«
    »Bestimmt wollen Sie gleich mit dem Unterricht anfangen«, sagte Hobson. Als Joseph Bloom sich verbeugte, tat er es ihm hastig nach, und dann verschwanden die beiden Männer.
    »Was für eine nette Überraschung!« Keziah versuchte, aufrichtig zu klingen, und hob den »gesunden« Arm, als wollte sie alle Kinder auf einmal umarmen. Sie musste sich möglichst schnell anpassen.
    Die Kinder hatten offensichtlich genauso viel Angst wie sie, deshalb beugte sie sich zu ihnen herab und gab jedem die linke Hand, während sie sich vorstellten. Die meisten waren Jungen. Vier Brüder standen wie die Orgelpfeifen aufgereiht neben ihrer großen Schwester. Die zehnjährige Winnie Collins war die Älteste in dieser Reihe von irischen Jungs mit roten Locken und Sommersprossen.
    Alle Schüler waren barfuß und trugen gebrauchte Kleidung mit Ausnahme der Kinder von Hobson und Evans. Georgie und Donald waren kornische Miniaturausgaben ihres Vaters. Sie trugen ihren besten Sonntagsstaat und blitzblank polierte Schuhe und verbeugten sich wie zwei kleine Soldaten.
    Gilbert Evans’ Sohn hatte einen derart verschlagenen Blick, dass Keziah vermutete, er würde sie bei seinem Vater anschwärzen, sobald sie den kleinsten Fehler machte. Vor ihm musste sie auf der Hut sein.
    In einer Reihe standen drei Mädchen. Ihre Kleider waren schäbig, aber ihre Gesichter frisch geschrubbt. Jedes schirmte ein oder zwei kleinere Geschwisterchen hinter seinem Rock ab. Aber was war mit den beiden älteren Burschen, die sich ein wenig abseits hielten? Würden sie ihr Ärger machen?
    Harry Stubbs hatte ein angriffslustiges Kinn – als müsste er seine
geflickte Hose aus Sackleinen verteidigen, auf deren Bein noch der Name einer Teesorte erkennbar war.
    Der Älteste war der Schäferjunge, der Keziah am Abend zuvor den Weg gezeigt hatte. Stammelnd stellte er sich als Big Bruce MacAlister vor. Offensichtlich hatte er seit Jahren weder einen Haarschnitt noch neue Kleider bekommen und sah eher aus wie eine Vogelscheuche denn ein Mensch. Als er lächelte, war Keziah innerlich erleichtert. Er ist schon zwölf und könnte wahrscheinlich eins und eins zusammenzählen, aber an seinen Augen sehe ich, dass er mein Verbündeter ist.
    »Was seid ihr für ein netter Haufen, Kinder! Ich werde mir eure Namen bald gemerkt haben. Aber bis dahin müsst ihr noch ein bisschen Geduld mit mir haben.«
    Die Kinder wechselten besorgte Blicke. Little Davey Collins sah zu seiner großen Schwester auf. »Und wann wird uns der Drache den Kopf waschen, Winnie?«
    Keziah verkniff sich ein Grinsen. Kein Wunder, dass sie so schüchtern waren. Ihre Eltern mussten ihnen eine Heidenangst vor der neuen Lehrerin eingeflößt haben.
    Sie ging vor dem kleinen Davey in die Hocke und strich ihm eine verirrte Locke hinters Ohr.
    »Ihr seht alle aus wie aus dem Ei gepellt. Habt keine Angst. Wir werden voneinander lernen. Denn ich bin gerade erst in eurem wunderschönen Land angekommen, ihr müsst mir deshalb eine Menge beibringen! Ich zähle also auf eure Hilfe.«
    Die Hälfte der Klasse verliebte sich auf der Stelle in sie, die andere Hälfte folgte innerhalb von Minuten.
    Sie zeigte auf eine Kiste mit Äpfeln

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