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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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die Strafe verlesen wurde. Der Junge war erwischt worden, als er die Frau des Aufsehers beklaute, und zu zwanzig Peitschenhieben verurteilt worden. Daniel ließ sein Leiden kalt, auch dann, als er wieder losgebunden wurde und nach seiner Mutter plärrte. Jedes Mal, wenn er die Erniedrigung eines Gefangenen sah, war ein Gefühl stärker als alle anderen. Dankbarkeit – dass die Jungfrau Maria ihm es dieses Mal erspart hatte.

    Und während Daniel leise ein Dankgebet sprach, brachte der Teufel in Person sein tänzelndes Pferd vor ihm zum Stehen. »Was sagst du dazu? Zwanzig Hiebe dafür, dass er meiner Frau Zeichenpapier gestohlen hat. Ist die Strafe nicht gerecht, Daniel? «
    Jetzt endlich begriff Daniel die Regeln dieses neuen Katz-und-Maus-Spiels. Der Teufel ergötzte sich an der Auspeitschung eines unschuldigen Jungen, der bezichtigt wurde, das Zeichenpapier gestohlen zu haben, das die Frau des Aufsehers auf dessen ausdrückliche Anweisung hin Daniel gegeben hatte.
    »Du sollst nicht stehlen«, sagte der Aufseher leise.
    Daniel ließ den Kopf hängen, von Scham überwältigt. Sein Schweigen brandmarkte ihn endgültig als den Feigling, für den der Aufseher ihn stets gehalten hatte.
    »Das hier hat man in einem Postbeutel Ihrer Majestät gefunden, der von einem Buschräuber ins Gestrüpp geworfen wurde.«
    Er warf Daniel einen Brief vor die Füße und ritt ein Marschlied pfeifend weiter.
    Daniel registrierte, dass der von Rotwein befleckte Brief geöffnet worden war. Bestimmt hatte der Hundesohn ihn gelesen. Er war auf feinem Büttenpapier geschrieben und bereits vor Monaten aufgegeben worden.
    Mein geliebter Daniel, ich schreibe Dir in aller Eile, per Kutsche unterwegs nach Ironbark, wo ich in einer Schule unterrichten soll. Ich werde Himmel und Erde in Bewegung setzen, um wieder bei Dir zu sein. Ich sende Dir meine unsterbliche Liebe.
    Deine Saranna
    Daniel knüllte den Brief zusammen und machte seinem Ärger über seine abwesende Verlobte Luft.
    Ironbark! Sie war achtzehntausend Meilen nach Sydney Town gereist, um in seiner Nähe zu sein. Und warum hatte sie dann
nicht auch noch die paar Meilen von Ironbark bis Gideon Park drangehängt? So viel zum Thema unsterbliche Liebe!
    Er hatte Sarannas Herz erobert, ohne sich im Geringsten anzustrengen. Ihr jetziges Schweigen konnte nur bedeuten, dass sie ihn bei dem Überfall erkannt hatte. Es war zwecklos, ihr zu schreiben.
    Irgendwie muss ich nach Ironbark und mit ihr reden. Mit einer grauen Maus verheiratet zu sein ist ein geringer Preis für die Freiheit.

ACHTZEHN
    J ake Andersen lag in seinem Krankenbett und starrte auf den Fliegenfänger voller toter Fliegen an der Decke. Die neue Trennwand in der Station roch nach frischem Holz, alles andere war von dem Geruch nach Desinfektionsmittel durchdrungen, selbst das Essen hier im Krankenhaus von Goulburn.
    Das Gebäude war 1834 als Gefängnishospital gebaut worden, doch immer wenn eins der dreißig Betten frei war, nahm man auch freie Männer als Patienten auf. Jake wusste, dass er Glück gehabt hatte, ein Bett zu bekommen. Seinem Bein war es schlecht ergangen. Dr. O’Flaherty war dermaßen betrunken gewesen, als er es geschient hatte, dass man es später erneut hatte brechen müssen, um es endgültig zu richten. Jake fluchte über den beschwerlichen Gipsverband und schlug nach einer Schmeißfliege.
    Ihm war so langweilig, dass er sich sogar mit dem Teufel unterhalten hätte. Als eine Schwester hereinkam und Besuch ankündigte, hellte sich sein Gesicht auf.
    Mühsam zog er sich in eine halbwegs sitzende Position, um Mac Mackie zu begrüßen, der als Einziger wusste, wo Jake war. Doch die Gestalt, die auf ihn zutrat, war ihm völlig fremd.
    Ein stämmiger, bärtiger Mann mit einem Zylinder unter dem Arm; sein schwarzer Frack, die Weste und die dazu kontrastierenden Hose wirkten überaus förmlich.
    Jake war misstrauisch. Diese Art von Kleidung tragen nur Direktoren der verdammten Bank von New South Wales oder arme Teufel im Sarg .
    Der Mann verbeugte sich höflich und stellte sich als Joseph
Bloom aus Ironbark vor. Fehlte nur, dass er wie ein preußischer Offizier die Hacken zusammenschlug. »Ich habe von Ihnen gehört. Sie sind Anwalt aus England, nicht wahr? Hobsons neuer Partner.«
    »Wenn Sie mit neu seit zwei Jahren meinen, ja, das trifft zu. Und auch, dass ich Anwalt bin, aber in der Kolonie habe ich noch nicht praktiziert. Lassen Sie es mich erklären. Ich komme regelmäßig nach Goulburn, um mit meinen

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