Die Blueten der Freiheit
etwas, das Ihr wirklich braucht, Eure Eminenz: Mehr Spitze. «
»Spitze?« Er sah mich mit zusammengekniffenen Augen an. »Spitze ist verboten.«
»Natürlich. Wie alle Dinge, die man einem Priester beichten kann, um danach die Absolution zu erhalten.« Ich lehnte mich noch weiter zu ihm hin. »Absolution«, flüsterte ich ihm zu. »Das ist ein Privileg, das nur den Frommen zugesprochen wird. Und Spitze ist eine Absolution, die nur noch einige wenige, sehr Privilegierte finden können.« Ich streckte meine Hand aus, um die Spitze zu berühren, die seinen Kragen zierte. »Ich kann Euch alles beschaffen, was Ihr wollt. Ich kann Euch eine noch schönere Spitze beschaffen als diese hier.«
Sein Blick fiel auf meine Lippen und wanderte dann hoch zu meinen Augen. »Ihr ekelt mich an.«
»Erzählt Gott, was immer Ihr denkt, und er wird es Euch glauben. Aber zwischen Euch und mir sollte nichts als die Wahrheit stehen. Und die Wahrheit ist, dass ich Euch die schönste Spitze beschaffen werde, die Ihr jemals gesehen habt, wenn Ihr den Wunsch meines Vaters ausschlagt. Die Menschen am königlichen Hof werden Euch beneiden, und Richelieu selbst wird sich fragen, warum er Euch noch nicht in seinen Hofrat aufgenommen hat. Denkt darüber nach. Ihr könntet der Besitzer der schönsten Spitze in ganz Frankreich sein. Und alles, was Ihr dafür tun müsst, ist, mit Gott im Einklang zu stehen und mich als Zeugen Eurer Entscheidung anzuerkennen. Mein Vater hat meine Mutter geheiratet. So einfach ist das, Eure Eminenz. Wie kann man von Euch erwarten, etwas anderes zu behaupten?«
Er zog sich seine Handschuhe über und blinzelte. »Ich habe gehört, dass die Nonnen oben in Lendelmolen die schönste Spitze in ganz Flandern herstellen.«
Ich nahm seine behandschuhte Hand in meine und presste sie gegen meine Lippen. »Das habe ich auch gehört.«
Kapitel 7
Alexandre Lefort
Château Souboscq
Provinz Gascogne, Frankreich
D iese verdammte, verabscheuungswürdige Spitze!
Wie war es möglich, dass sich ein Machwerk aus derart dünnen Fäden in eine solche Belastung verwandelte?
Ich stand hinter dem Sims auf dem Dach des Châteaus und blickte auf die Felder von Souboscq hinunter, während sich eine immense Wut in mir aufstaute. Alles, was ich vor mir sah, alles, was dort unten auf den Feldern wuchs, die sich so weit ins Tal hinab erstreckten, dass ich das Ende nicht mehr sehen konnte, brachte den Leforts nichts mehr ein. Unsere Sorgfalt und Liebe, die harte Arbeit der Bauern – das alles füllte nun nicht mehr unsere eigenen Kassen, sondern jene des Grafen von Montreau. So war es nun bereits seit zehn Jahren. Es war ein geringer Trost, dass auf den Feldern kaum noch etwas wuchs. Beinahe die gesamten Feldfrüchte waren – wieder einmal – noch vor der Ernte verdorrt.
Verflucht seien der Graf und seine verdammte Spitze!
Wir, Lisettes Vater und ich, hatten vor all den Jahren nicht gewollt, dass er bei uns übernachtete. Sein Ruf als freizügiger Wüstling war ihm vorausgeeilt und selbst in unseren kleinen, entlegenen Winkel des Königreiches vorgedrungen. Doch wir konnten ihm unsere Gastfreundschaft nicht verwehren. Er stammte aus einer alten adeligen Familie, und sein Vater war einer der treuesten Befürworter des Königs. Er durfte nicht anders behandelt werden als die Dutzende anderen Adeligen, die auf ihrem Weg durch Frankreich in Souboscq haltmachten. Es wäre äußerst unhöflich gewesen, ihn abzuweisen.
Und so ertrugen wir sein geziertes Gebaren und seine geheuchelte Höflichkeit. Wir litten unter der Aufmerksamkeit, die er dem Begleiter, den er bei sich hatte, zuteilwerden ließ. Und wir litten nach wie vor unter ihm. So oft ich Lisette bereits versichert hatte, dass das, was geschehen war, nicht ihre Schuld war, so oft hatte sie sich geweigert, mir zu glauben. Und so oft ihr Vater versucht hatte, sie an sich zu ziehen, so oft hatte sie ihm den Trost einer Umarmung verwehrt.
Sie hatte recht, was ihre Schuld betraf.
Und gleichzeitig auf so furchtbare Weise unrecht.
Sie hatte die Spitze ruiniert, doch sie war nicht verantwortlich dafür, dass der Graf uns damit erpresste. Sie hatte ihren Vater nicht dazu überredet, an der Verschwörung des Marquis von Chalais zur Ermordung Richelieus, des ersten Ministers des Königs, teilzuhaben. In unserer großen Naivität, die wir vor zehn Jahren noch besessen hatten, hatten wir geglaubt, dass der Plan von Erfolg gekrönt sein würde.
Wäre er doch bloß nicht gescheitert!
Hätte
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