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Die Blueten der Freiheit

Die Blueten der Freiheit

Titel: Die Blueten der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Anthony
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zurück, als könnte sie es nicht glauben, dass jemand sie in seiner Nähe haben wollte. Der Graf von Montreau hatte durch seine Erpressung nicht nur dem Vicomte Geld abgenötigt, er hatte auch das Herz meiner Base an sich genommen.
    Der Vicomte von Souboscq hatte stets bescheiden und anspruchslos gelebt und die einfachen Freuden seines Anwesens auf dem Land dem pompösen Leben am königlichen Hof vorgezogen. Er hatte jeglichen raffinierten Schlagabtausch und die unterwürfigen Galanterien, auf denen jedoch in inneren Kreisen der gute Ruf des Königs beruhte, nie gemocht. Es war ungerecht, dass er zu einem Leben in Armut gezwungen wurde, um für die Extravaganz eines anderen zu bezahlen. Doch wann immer ich mich über die ungerechtfertigten Forderungen des Grafen erboste, wurde das Gesicht meines Vetters blass, und er meinte lediglich: »Ich trete lieber diesem Unglück entgegen als Richelieus Henker.«
    Hätte ich den Verfall unseres Besitzes vorhergesehen, hätte ich mich wohl nach einer wohlhabenden Braut umgesehen, um uns alle zu retten. Doch damals, vor gerade einmal fünf Jahren, als zwanzigjähriger Mann, war ich noch zu sehr der Sohn eines aussätzigen Ritters gewesen und nicht der Erbe eines Vicomte. Ich verstand nicht, dass Probleme, die so schwerwiegend zu sein schienen, durch höfliche Verhaltensweisen im Salon oder vor dem Altar gelöst werden konnten. Damals hatte ich außerdem eine unmögliche, wenn auch unsterbliche Hoffnung entwickelt. Ich hatte alle meine jungfräulichen Bekanntschaften an meiner Base Lisette gemessen. Und ich hatte sie allesamt abgewiesen, da ich hoffte, Lisettes Liebe gewinnen zu können. Mittlerweile war ich fünfundzwanzig Jahre alt, und der Vicomte benötigte dringend das Geld, das eine Heirat mit sich bringen würde, doch es war zu spät, um die Sachlage neu zu überdenken. Die Aussicht auf ein Vermögen, die eine zukünftige Braut womöglich überzeugt hätte, war mit der Ernte verdorrt. Und obwohl ich glaubte, dass den Vicomte nichts mehr erfreut hätte, war der Funke der Liebe, vom dem ich gehofft hatte, dass er zwischen Lisette und mir ein Feuer entfachen würde, niemals übergesprungen.
    Und so lebten wir in einer unbehaglichen Nähe beieinander und hegten gemeinsam nur eine sanfte Hoffnung: dass der Graf von Montreau sterben würde. Und zwar bald. Jedes Mal, wenn ich die Kapelle auf unserem Anwesen besuchte, kniete ich mich auf dem Prie-Dieu nieder und betete für seinen Tod, obwohl ich keinen Grund zu der Annahme hatte, dass Gott meine Gebete erhören würde.
    Ich ließ noch einmal den Blick über die sanften Hügel schweifen, die für den Rest der Welt wohl aussahen wie Weinreben, die aus der Wiege der Welt entsprungen waren. Ich stellte mir vor, wie die Wasserläufe und Bäche sich wie Finger über das Land legten und ihre schlammigen Tiefen silbern und golden glänzten. Ich musste dieses Land retten. Souboscq war die einzige Heimat, die ich jemals gehabt hatte.
    Wenn es nötig war, dass wir den Rest der Wandteppiche und der türkischen Webarbeiten verkauften, um den Grafen zu bezahlen, dann würden wir es tun. Aber ich würde nicht zulassen, dass das Land verkauft wurde. Ich konnte es einfach nicht.

    »Bon anniversaire, ma biche.« Der Vicomte sang die Worte beinahe, während Lisette zum Abendessen an den Tisch trat. Er deutete aufgebracht in Richtung Tür, und eine Gruppe Diener kam auf ihn zu. Obwohl unsere Felder verdorrt waren, warfen die Hügel noch immer genügend ab. Es gab wilde Tauben mit einer Tarte, die offensichtlich mit Pilzen gefüllt war. Außerdem wurden Birnenkonfitüre und Apfelmus serviert.
    Lisette sah überrascht aus, als ob sie ihren eigenen Geburtstag vergessen hätte. Sie wurde rot, als sie sich umsah. » Non, Papa.« Ich konnte die Worte lediglich von ihren Lippen ablesen, so leise sprach sie. Sie zog sich vom Tisch aus in den Schatten zurück, als würde sie es nicht aushalten, dass ihr so viel Aufmerksamkeit entgegengebracht wurde.
    »Bitte, ma chéri. Es gibt derzeit so wenig zu feiern. Du musst mir diese eine Freude lassen.«
    Ich zog einen Stuhl für sie zurück.
    Sie senkte einen kurzen Augenblick den Kopf, dann hob sie ihn wieder und sah mich an.
    Ich nickte.
    Sie mochte ihr Kleid vielleicht verkehrt herum tragen, um zu verbergen, wie abgenutzt der Stoff bereits war, und der Saum ihres Rockes mochte vielleicht ausgefranst sein, doch als ich den Stuhl wieder unter den Tisch schob, ließ sie sich so anmutig darauf nieder wie eine

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