Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Blütenfrau

Die Blütenfrau

Titel: Die Blütenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
Vom Netzwerk:
zu spät.»
    Axel, der an der Gardine stand und aufpasste, dass kein Unbefugter diese kleine Nische betrat, mischte sich ein. «Wir waren auch zu spät.»
    «Aber mich haben Sie gerettet, ausgerechnet mich.»
    «Ja, seien Sie doch froh! Dass wir Sie überhaupt gefunden haben, verdanken Sie einem Kassenbon, Ihren Bonbons und dieser Frau.» Er schaute Wencke an. Die drehte den Kopf zu Gernot Huckler.
    «Warum haben Sie sich die Mühe gemacht?», fragte er.
    Wencke hatte mit dieser Frage gerechnet. «Weil Sie ein Mensch sind. Und weil es Menschen gibt, die Sie brauchen. Ihre Frau wartet auf Sie. Ihre Tochter auch.»
    Er seufzte. «Sie sind mir so fremd.» Es war nicht klar, ob er damit Wencke meinte oder seine Familie. Wahrscheinlich beides.
    «Griet hat auch eine schwere Zeit hinter sich. Sie wurde entführt.»
    Huckler schreckte hoch, wurde aber von den Schmerzen auf das schmale Nackenkissen zurückgeworfen. Der Arzt beugte sich über ihn. Doch Huckler war nicht zu beruhigen. «Was   … Was ist passiert?»
    «Kennen Sie einen Rüdiger Wesselmann?»
    Er schüttelte den Kopf.
    «Wir gehen davon aus, dass er Ihre Stieftochter auf dem Heimweg entführt hat. Nach einem anonymen Hinweis haben wir seine Wohnung in Norden durchsucht und dabei neben Ihrer unverletzten Stieftochter auch etliche Beweise gefunden, die ihn als Mörder von Allegra Sendhorst überführen könnten. Er wird derzeit vernommen.»
    «Nein, das kann nicht sein. Es war Hanno Thedinga.» Huckler regte sich auf, ein Hustenanfall mischte sich in die nächsten Worte. «Hanno   … er hat die Mädchen   … ganz sicher   …!»
    «Das haben wir auch gedacht. Aber wie passt dann Griet in die Geschichte? Thedinga war zur Zeit der Entführung auf Spiekeroog.»
    «Hanno und Griet kennen sich.»
    «Das wissen wir inzwischen auch. Sie nannte ihn Samael.»
    «Ja   …» Das Sprechen setzte ihm zu, der Arzt schaute schon vorwurfsvoll in Wenckes Richtung. Aber es schien Huckler wichtig zu sein, alles zu erzählen. «Ich habe die beiden gesehen.»
    «Ja, erzählen Sie.»
    «Sie trafen sich am alten Friedhof.»
    «Eine Liebesbeziehung?»
    «Hanno Thedinga führt keine Liebesbeziehungen. Ihm geht es um   …» Er schloss kurz die Augen.
    Der Arzt beugte sich zu Wencke vor und flüsterte: «Könnten Sie die Vernehmung nicht auf später verschieben? Sie sehen doch   …»
    Gern wäre sie dem Rat des Mediziners gefolgt und hätte Huckler Zeit gelassen. Doch wahrscheinlich war seine Aussage eines der letzten Puzzleteile in diesem Fall. Gleich, wenn sie in Aurich ankamen, würden sie ihr Wissen mit dem der Kollegen teilen – und vielleicht endlich die Übersicht gewinnen, was tatsächlich geschehen war.
    «Schon gut», stammelte Huckler. «Hanno Thedinga geht es um Macht und Gewalt.»
    «Sie meinen, es
ging
ihm darum.»
    Huckler stutzte.
    «Ich sagte: Es ging ihm darum, weil Hanno Thedinganicht mehr lebt. Er hat Selbstmord begangen, heute Nacht. Auch da waren wir wieder einmal zu spät.»
    «Es ist besser so», sagte Huckler. Und es klang nicht nach grausamer Rache, eher nach Erleichterung. «Ich habe mir Hanno einmal vorgenommen. Ihm ins Gewissen geredet. Weil ich Angst hatte, er könne sich an Griet vergreifen.»
    «Und warum wusste Ihre Frau nichts davon?»
    «Ich habe es einmal versucht, aber sie hat   …» Die Schmerzen hinderten ihn am Weiterreden.
    «Sie hat abgeblockt. Weil sie mit der Situation überfordert war», vollendete Wencke seinen Satz.
    «Stimmt.»
    «Aber was in aller Welt hat Sie denn veranlasst, nach Spiekeroog zu fahren und keiner Menschenseele ein Wort darüber zu sagen? Das hat Sie mehr als verdächtig gemacht. Und zumindest Ihre Frau hätte doch sicher Verständnis gehabt.»
    «Ich habe morgens im Radio diese Nachricht gehört, von dem vermissten Mädchen und so. Und ein paar Tage vorher hatte ich dieses Gespräch mit Hanno   … wegen Griet.»
    «Hat Hanno Thedinga Ihrer Stieftochter etwas angetan?»
    «Sie war wahrscheinlich nicht sein Typ. Vielleicht wollte er sich Griet für   …» Er hustete wieder, und der Arzt trat mit besorgter Miene ans Bett. «Hanno brauchte sie für schlechtere Zeiten. Als Vorrat quasi. So etwas in der Art hat er mir auch gesagt. Ich krieg jede, hat er behauptet. Ich habe Griet gewarnt, habe von meiner Geschichte erzählt und meine Vermutung über Hanno geäußert. Aber sie war verliebt. Wirklich verliebt. Das ist ja das Schlimme, dass es eben auch Mädchen gibt, die sich in Männer wie uns verlieben. Und wenn

Weitere Kostenlose Bücher