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Die Blume der Diener

Die Blume der Diener

Titel: Die Blume der Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delia Sherman
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alten Königin Constance einen Aufseher gegeben hatte, tauchte Lord Roylance seine Feder ohne weitere Worte in das Tintenfass und schrieb neben Williams Namen: »fecit metatore den erssten Aprilis. x Thaler Geldes pa ayn Gewandt auß vortrefflichem Stoffe.« Darunter listete der Haushofmeister alle anderen Regalrechte auf, die mit dieser Position verbunden waren: einen Anteil am Weißbrot, eine Gallone Bier, eine heiße Mahlzeit aus der Küche, ein Bratengericht täglich und eine eigene kleine Schlafkammer.
    Nachdem Master Hardy William von seiner Beförderung erzählt hatte, unterrichtete Ned, der in der Nähe gelauert und gelauscht hatte, sofort Jack Priddy, der wiederum überall mit dieser Neuigkeit hausieren ging. Hugh Tusser hörte sie von Peter Rawlings und verkaufte sein neu erworbenes Wissen zum Preis von ein paar Küssen, als er im hinteren Korridor zufällig die Wäschereimagd Joan traf. Dieser Handel war sowohl für die Käuferin als auch für den Verkäufer derart angenehm, dass aus den zwei Küssen beinahe drei oder mehr geworden wären, Hugh darüber die erstaunliche Neuigkeit fast vergessen hätte. Doch Hugh war eine ehrliche Seele. Während er Joan herzte, murmelte er in seines Lieblings Nacken den neuesten Klatsch über Master Flowers Aufstieg zum Aufseher. Sobald er diese Worte ausgesprochen hatte, drückte Joan seine Hand von ihrem Busen fort und rannte schnellstens in die Wäscherei, ohne sich die Mühe zu machen, vorher ihre Kittelbänder zu richten.
    Das steinerne Waschhaus war die Domäne von Mistress Rudyard. Es stank wie eine feuchte Hölle, wobei der Geruch von Lauge und ranziger Seife den Platz von Sulphur und Schwefel einnahm. Wolken aus Dampf und Rauch von den Feuern und Waschzubern waberten durch die Luft und verliehen den Wäscherinnen das Aussehen von Dämonen, welche die Seelen der Verdämmten stampften und wrangen. In einem großen, runden Waschzuber stolzierte Bess, die hübscheste aller Teufelinnen, geräuschvoll mit hochgehobenen und um die drallen Hüften geschlungenen Röcken über die Laken. Joan stemmte die Fäuste in die Seite und rief quer durch den Raum:
    »Master William Flower ist Aufseher geworden und steht jetzt über der ganzen Küche, außer über Master Hardy selbst. Wenn er bisher schon stolz war, wird er jetzt bald noch stolzer. Was gelten dann dein schwarzes Haar und deine weißen Zähne noch, Bess?«
    Zwei Dutzend neugierige Augen wandten sich von Joan zu Bess. Deren scharlachrote Wangen wurden bleicher als Kalk und sie stöhnte kurz auf; dann taumelte sie vom Waschzuber fort und schoss barfuß an Joan vorbei, zur Tür hinaus und quer durch den Hinterhof der Küche, wo sie nach Master William suchte wie ein Hund, der eine Fährte aufgenommen hat. Nach kurzer Zeit hatte sie ihn erschnüffelt; er maß gerade neben der Gerstentruhe Korn ab.
    »William Flower!« Bess raffte die verschmutzten Röcke zu einem Ring um die Hüfte und brachte triumphierend ihre Beute zur Strecke.
    William sah verwirrt zu der tropfenden Waschmagd auf und verneigte sich leicht. »Mistress Bess?«
    »Ich liebe dich, William Flower. Ob du nun Koch oder Aufseher oder Ritter oder verkleideter Prinz bist, ich liebe dich so wahrhaftig, wie eine Frau nur lieben kann.«
    Mistress Rudyard hatte inzwischen keuchend ihre entflohene Magd eingeholt und prügelte sie durch, bis sie verstummte. »Schäm dich, Mädchen! Willst deine Sittsamkeit in den Schmutz ziehen, indem du dein Herz einem Mann zu Füßen legst, der dich nicht begehrt?«
    »’s ist nicht ihr Herz, das sie ihm zu Füßen legt«, höhnte Jack, der Mistress Rudyards Worte mitbekommen hatte, »’s ist eher ihr Bauch.«
    Dick beäugte ihre immer noch bis zum Knie entblößten Beine. »Oder vielmehr ihre Jungfernschaft«, murmelte er, während die Unterköche lüstern dreinblickten und die Küchenjungen kicherten.
    William presste die Lippen zusammen. »Mistress Bess«, sagte er. »Das hier ist ein zu öffentlicher Ort. Ich bitte Euch, Mistress Rudyard, begleitet sie, und wir werden im Verschwiegenen miteinander reden.« Dann schloss er die Truhe und marschierte auf die Kräuterkammer zu; Bess und Mistress Rudyard folgten ihm.
    Die Unterredung dauerte nicht lange. Bess ging daraus besiegt, verdrossen und puterrot hervor. Mistress Rudyard weigerte sich, mitzuteilen, was geschehen war. Sie sagte nur, dass Bess ein großer Dummkopf sei und Master William ein verständiger Mann, aber hochnäsig und so kalt wie ein Hecht. Sie wünschte den Pagen

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