Die Blume der Diener
Geflügels unterhielt.
»So sagte der kecke Edelknabe, der an der Tafel des Lords vorlegte, dass die Hinterlassenschaft des Kranken geteilt werden könne, wenn man ein Karrenrad mit zwölf Speichen in die Halle bringe und die Mönche die Nase an das Ende der Speichen legten. Bruder John sollte unter dessen Mitte knien und der Kranke mit blankem Hintern auf ihm sitzen, und da er sich mit Bohnen und anderer blähenden Kost vollgestopft hatte …«
»Genug, guter Bruder«, unterbrach Bet die kichernde Freude ihrer Gehilfenschaft. »Wir können uns sehr wohl vorstellen, wie die Geschichte enden muss, und ’s ist Zeit für die Mägde, zu Bett zu gehen. Es dämmert früh nun, da’s Frühling ist, und die Kühe sind hoch trächtig.«
Ernüchtert schlichen die Tagelöhner und Mägde zu Molkerei und Scheune und die Familie blieb bei den letzten verschrumpelten Winteräpfeln zurück. Bruder Jerome rückte seinen Stuhl etwas von der Tafel fort und beobachtete die Frauen seines Verwandten. Mistress Martindale tat er als runzlige alte Vettel mit platten Zitzen und mangelndem Temperament ab. Mistress Elinor war spröde wie ihre Mutter und genauso flach – sie hatte nicht mehr Busen oder Hüfte als ein Junge. Jacks Frau, Mistress Mary, war viel eher nach seinem Geschmack. Sie hatte herzlich über seine Geschichte gelacht und war im Übrigen ein schmackhaftes Mädchen, drall und braun wie ein Moorhuhn, mit einem kleinen, roten Mund, der eine warme und feuchte Natur andeutete. Aber Bruder Jerome würde sie lieber bespringen als beringen und zum Eheweib nehmen, denn ihr Blick war hart und oberflächlich und ihre vollen Lippen hatten etwas an sich, das für Jacks häuslichen Frieden in der Zukunft nichts Gutes verhieß.
»Du hast eine feine Familie, Tom«, sagte Bruder Jerome herzlich. »Zwei stramme Knaben, die deine Felder bestellen, und für eine neue Generation von Martindales ist bereits gesorgt. Damit habe ich doch ins Schwarze getroffen, Mistress Mary, nicht wahr?« Er warf dem Mädchen einen raschen Blick zu. Sie errötete und glättete ihre Schürze über dem sich vorwölbenden Bauch. »Und was ist mit dir, Mistress Elinor? Wirst du bald heiraten?« Er schaute mit hellen, fragenden Augen die Tafel hinunter.
»Unsre Elinor wird ’ne richtige Nonne«, giftete Mary voll süßer Boshaftigkeit. »Kein Bauer im ganzen Sprengel ist fein genug für eine wie sie. Aber ich sag Euch eine Wahrheit, guter Bruder, und die lautet, dass Elinor unverheiratet und als alte Jungfer sterben wird.«
Bruder Jerome lächelte höflich und wollte herausfinden, ob Marys Stachel eine Wunde aufgerissen hatte, doch Elinors Augen waren starr auf den Apfel gerichtet, den sie gerade schälte, und ihr Gesicht wirkte verschlossen. Fast zwanzig und noch immer Jungfrau. Das war kein Wunder, wenn sie auch in anderen fraulichen Kunstfertigkeiten so ungeübt war wie augenscheinlich im Spinnen. Mehr noch – aus dem Wenigen, was sie an diesem Tag gesagt hatte, schloss Jerome, dass sie einfach zu schlau für ein Bauernmädchen war.
Bet fürchtete um den Familienfrieden und räusperte sich. Sie wollte etwas einwenden, doch Elinor kam ihr zuvor. »Ihr habt gesagt, Ihr seid ein Schreiber, Bruder Jerome«, bemerkte sie mit klarer und tiefer Stimme.
Das Mönchlein richtete sich stolz auf. »Ja, mein Kusinchen. Im Augenblick kopiere ich das Evangelium des heiligen Markus für ein Altarevangeliar.«
»Ach, könnte ich doch schreiben, Bruder Jerome«, seufzte Elinor. »Und lesen.«
Der Mönch sah hilflos von Tom zu Bet, zu Jack und dann wieder zu Elinor. Er wäre genauso überrascht gewesen, wenn der alte Hund zu ihren Füßen plötzlich den Wunsch ausgesprochen hätte, den Katechismus zu lernen.
»Kind«, ermahnte er sie ernst, »wozu braucht deinesgleichen Buchstaben? Sicherlich kann dir der Pfarrer alle nützlichen Gebete und Andachten vorlesen.«
Tom wurde rot um die Ohren und platzte heraus: »Das hab ich ihr immer wieder gesagt, Bruder, aber der Wildfang will alles nach seinen eigenen Wünschen haben. Ich kann weder lesen noch rechnen und ’s geht mir gut genug. Ich mach mir Zeichen und Zählstäbchen, so wie mein Vater, und das ist alles, was ein Bauer oder eine Bauersfrau wissen muss.« Er wandte sich an Elinor. »Du bist neunzehn Jahre alt, Tochter – alt genug, um zu erkennen, dass Buchstaben weder Käse machen noch dir einen Gatten finden können. Lass es, Kleines.«
»Wirklich, mein Kind«, wies Bruder Jerome sie salbungsvoll zurecht. »Es ist
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