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Die Blume der Diener

Die Blume der Diener

Titel: Die Blume der Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delia Sherman
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schüttelte den Kopf. »Die vierzig Schillinge sind Dank genug, guter Herr. Ihr solltet außerdem nicht mir danken, sondern Eurer Frau, die alle Ängste und Gefahren der Geburt überstehen musste.«
    In jener Nacht und während der nächsten Tage herrschte in Hartwick Manor die reine Freude. Dank Mrs. Gotobeds guter Pflege bekam Elinor kein Fieber und konnte das Bett nach kurzer Zeit bereits wieder verlassen und an der Taufe des Jungen teilnehmen, die der alte Pater Mark in der Kirche zu Seave vornahm. Der kleine Henry war ein fettes und rosiges Kind und Sir William schwor, er sei so schön wie seine Mutter. Obwohl er erst zwei Wochen alt war, wurde bereits deutlich, dass seine Nase später einmal so gewaltig wie die seines Vaters sein würde.
    Als Henry einen Monat alt war, ritt Sir William nach Barton, um am königlichen Gerichtstag teilzunehmen.
    Er blieb dort vier Tage, während der Sheriff des Königs etliche zivilrechtliche Fälle entschied. Sir William kehrte an einem Samstag nach Hartwick Manor zurück und fand Elinor in der Kräuterkammer. Sie mischte gerade eine Salbe für die schmerzenden Gelenke ihrer Mutter, während der kleine Henry in seiner Wiege auf der Bank neben ihr schlief. Sir William küsste seinen Sohn sacht und umarmte dann Elinor fest, obwohl er verschwitzt und staubig war. Nachdem er sie losgelassen hatte, durchsuchte er seine Taschen und zog schließlich ein mit Wachs versiegeltes, sperriges Päckchen hervor.
    »Ich habe ein Geschenk für dich«, sagte er.
    Elinor blickte von dem Geschenk zu ihrem Mann und wieder zurück. Dann erbrach sie das Wachssiegel und faltete die Umhüllung aus Pergament und weicher Lammwolle auseinander. Darunter kam ein kleines, flaches Kästchen zum Vorschein, das sie behutsam öffnete. Auf einem Kissen aus blauem Samt lag ein glänzendes Juwel, das im goldenen Nachmittagslicht wie eine kleine Sonne blinkte. Ihr fiel die Kinnlade herunter. Ihre Hände zitterten. Sir William befürchtete bereits, sie würde Juwel und Kästchen aus Überraschung fallen lassen.
    »Es ist wunderschön, mein Lieber«, gestand sie schließlich, »aber viel zu wertvoll und fein. Es muss so viel gekostet haben wie ein neuer Wandbehang – mindestens hundert Kronen.« Sie hob die Augen. Auf ihrem Gesicht spiegelten sich sowohl Freude als auch Kummer. »Das ist zu fein für mich.«
    Sir William nahm das Juwel aus dem Kästchen und legte es ihr in die Hand. Auf der einen Seite befanden sich die aus Rubinen gebildeten, in Gold gefassten und ineinander verschlungenen Buchstaben ›E‹ und ›W‹. Die andere Seite zeigte ein in winzige Perlen gerahmtes Miniaturporträt. »Es ist nur das schlichte Gesicht deines Mannes, meine Liebe. Und was die Kosten angeht: Ich habe seit unserer Hochzeit darauf gespart. So wie du dich geplagt hast, das lebende Abbild unserer Liebe zu gebären, habe ich mich geplagt, um das hier zu schaffen. Ich weiß – deine Plage war schmerzhafter, aber meine war länger.«

Kapitel Vier

    Den ganzen Juli hindurch hielt die starke Hitze an, die Alyson als Entschuldigung dafür gedient hatte, ihre Stickarbeit mit in den Kräutergarten zu nehmen. Jeder Tag reizte die Gemüter so stark wie das härene Gewand eines Büßers. In der Stadt erzählten alte Männer düstere Geschichten über Dürren und Hungersnöte und die jungen Männer zankten sich in den Tavernen. Das Wild wurde rar; der König ritt nicht mehr auf die Jagd und seine Höflinge langweilten sich und wurden schnippisch. In der Turmstube wuchsen sich die Keifereien zu Balgereien aus. Die Hofdamen flüchteten in die Einsamkeit ihrer Gemächer, um der gewitterigen Atmosphäre zu entgehen. Alyson hingegen wurde weder von der Hitze noch von übler Laune gequält. Sie saß im Kräutergarten und lernte fleißig ihre Lektionen in Kräuterkunde und unerwiderter Liebe.
    Zunächst kam William beinahe täglich. Er saß eine Stunde lang bei Alyson und erklärte ihr die Eigenschaften der gewöhnlichen Kräuter. Zwar sprach er ausschließlich von Blättern, Säften und dessen Heilwirkungen, doch Alyson zog Hoffnung aus seiner Treue. Warum kam er so regelmäßig zu ihr, wenn er sie nicht liebte? Sicherlich waren es nicht die Kräuter allein, die seine Anteilnahme erweckten. Williams Zurückhaltung nannte sie Bescheidenheit, seine unpersönlichen Vorträge waren für sie Ausdruck seines Respekts ihr gegenüber und sein kühles Betragen erklärte sie mit der natürlichen Empfindsamkeit seines Charakters.
    All das redete sie sich

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