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Die Blume der Diener

Die Blume der Diener

Titel: Die Blume der Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delia Sherman
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schwarzen Springer bis zu Sir Williams rot-weißer Königin vordrang und sie schlug.
    »Schreiben und Schach sind sich ähnlich«, sagte sie einmal zu ihm. »Beides ist ein Tanz aus wohlgefügten Regeln. Ein falscher Schritt bringt das ganze Muster durcheinander. Beim Schreiben und beim Schach muss man die Schritte kennen, ohne über sie nachzudenken, denn sonst beanspruchen allein die Schritte den ganzen Verstand und das Muster geht verloren.«
    Sir William sah seine Frau erstaunt an. Von einem Schulmeister oder einem Magier erwartete man solch tiefe Worte über Tänze und Muster, nicht aber von einer Frau. Waren alle Bauernmädchen in Albia so philosophisch? Hielt nur ihre mangelnde Bildung sie davon ab, ein Buch nach dem anderen mit weiblicher Weisheit zu füllen? Aber nun, da Elinor schreiben konnte, verfasste sie keine philosophischen Bücher, sondern nur Rezepte, Bemerkungen über die Eigenschaften von Kräutern und Listen über abgebrannte Kerzen sowie gebackene und verspeiste Brotlaibe. »Gedichte sind für Männer«, sagte sie. »Frauen müssen sich um wichtigere Dinge kümmern.«
    Im April hatte Elinor zwei Monate vor der Niederkunft eine Fehlgeburt. Danach weinte sie nicht um ihren Verlust, sondern verhärtete sich zu einer Frau aus Stein – mit steinernem Gesicht und steinernem Schweigen. Sie wollte keinen Fuß mehr in die Kräuterkammer setzen, sich nicht mehr um ihre Heilpflanzen kümmern, nicht mehr lesen, sondern nur noch kochen und fegen wie eine Küchenmagd. Sir William betrübte ihre Melancholie nicht weniger als der Verlust des Kindes. Zuerst hätschelte er Elinor, dann ließ er sie allein und hoffte, die Zeit werde ihre Wunden heilen. Doch als die Erntezeit kam und Elinor immer noch nicht umgänglicher geworden war, verlor er die Geduld.
    »Wenn du es schon nicht über dich bringst, deinen Ehemann zu berühren, der genauso viel Trost braucht wie du selbst, könntest du dich wenigstens der armen Kühe erbarmen, die dir nichts Böses getan haben. Sie haben die Maulfäule und außer dir gibt es niemanden, der sie heilen kann. Du aber bist so sehr in deinen Kummer eingesponnen, dass du dich nicht einmal mehr um sie sorgst.«
    »Verdammnis über dich und deine Kühe!«, rief Elinor darauf und warf einen steinernen Mörser durch das Küchenfenster. Dann weinte sie eine Zeit lang bitterlich, während er sie an seine Brust drückte. Schließlich küsste sie ihn und kümmerte sich um die Kühe. Nachdem sie die Arznei ausgekocht und der Herde verabreicht hatte, war Elinor dem Anschein nach von ihrem Gram genesen. Den Kühen ging es ebenfalls bald besser.
    Die Jahreszeiten kamen und gingen und Hartwick Manor gedieh prächtig. Bevor fünf Jahre um waren, führte Elinor einen Haushalt von dreißig Personen. Sie verbrachte ihre Tage mit der Aufsicht über die Küche, die Kräuterkammer und den Kräutergarten und diente dem Sprengel als Hebamme und Kräuterfrau. So waren ihre Zeit und ihre Geschicklichkeit vollkommen in Anspruch genommen. Nur Mary schalt sie, weil sie nicht auch noch spann und nähte.
    Als Thomas im Alter von siebzig Jahren starb, wurden Jack und Mary Herren von Nagshed. Da nun kein einschüchternder Schwiegervater mehr da war, erfüllte Mary bald das Versprechen, das ihr oberflächlicher Blick und ihr harter Mund bereits seit langem gegeben hatten. Sie wurde zu einem wahren Hausdrachen und schlug ihre Kinder und quälte ihren Mann, bis er kaum mehr in Frieden an seinem eigenen Tisch sitzen konnte. Als die alte Mrs. Gittings schließlich im Alter von neunzig Jahren starb, übernahm Bet die Abschätzung der jungen Mädchen. Heil- und Hebammenkünste überließ sie aber mit Freuden Elinors jüngeren, stärkeren Händen, denn trotz aller Kräuterkunde und Zauberkunst hatten sich Bets Arme und Beine wie Wurzeln verkrümmt. Bald konnte sie nichts anderes mehr tun als beim Herdfeuer oder im Hof sitzen, Jacks vier Kindern beim Spielen zusehen und sie so weit wie möglich vor Marys zänkischer Zunge schützen.
    Elinor empfand Mitleid mit der misslichen Lage ihrer Mutter und wollte sie zu sich ins Haus holen, doch Bet wehrte sich dagegen. »Ich lebe hier schon seit über sechzig Jahren und’s werden noch ein paar Jährchen dazukommen«, sagte sie. »Und sei’s nur, um Mistress Mary zu ärgern.«
    Als Hal siebzehn war, heiratete er Susan Reidy. Es kümmerte ihn nicht, dass sie ein großer Kindskopf war. Sir William wollte ihnen das Gehöft ihres Vaters zum freien Grundbesitz geben, was zu einigen

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