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Die Blume von Surinam

Die Blume von Surinam

Titel: Die Blume von Surinam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Belago
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schnaubte verächtlich. »Was denkt er sich eigentlich? Dass er jetzt hier einfach hereinmarschieren kann, um Martin und alles andere wieder in seinen Besitz zu bringen?«
    »Ich glaube nicht, dass er das vorhat«, gab Jean zu bedenken.
    »Weshalb sollte er denn wohl sonst wiedergekommen sein?«
    »Julie, er ist hier geboren. Surinam ist seine Heimat, da kann man ihm wohl nicht zur Last legen, dass er nach all den Jahren wieder hierher zurückkehrt.«
    Julie verschränkte die Arme vor der Brust. Sie fror trotz der schwülwarmen Nacht.
    »Ich weiß wirklich nicht, weshalb er sich damals so verhalten hat. Ich weiß auch nicht, was er vorhat, und trauen tue ich ihm schon gar nicht. Aber er hat heute keine böswilligen Absichten erkennen lassen, und um Martins willen …«
    »Ich weiß, ich weiß … wir müssen uns in Toleranz üben und dürfen ihm nicht den Kontakt zu seinem Sohn verwehren.«
    Julie erntete einen vorwurfsvollen Blick von Jean, als sie ihn jetzt nachahmte. »Er hat dich fast umgebracht!« Hilflos hob sie kurz die Hände und ließ sie dann resigniert in ihren Schoß sinken.
    Jean sagte dazu nichts.
    »Du weißt, dass er uns durchaus gefährlich werden kann«, stellte sie leise, aber in versöhnlicherem Ton fest.
    »Ja, das weiß ich, aber was sollen wir machen? Ich denke, ein direktes Aufeinanderzugehen ist immer noch der beste Weg, um ihn gar nicht erst auf dumme Gedanken kommen zu lassen.«
    Julie musste zugeben, dass dies verständlich klang, auch wenn sie sich insgeheim sicher war, dass Pieter schon hinterhältige Gedanken hegte. Sie hätte ihn gerne einfach aus ihrem Leben gestrichen!
    »Du wirst sehen, alles wird gut.« Jean legte ihr den Arm um die Schultern und küsste sie zärtlich auf den Hals.
    »Ach, Erika, ich weiß wirklich nicht, was ich machen soll.« Julie war froh, als sie zwei Tage später Besuch von ihrer alten Freundin bekam. Sie hatte Erika soeben ihr Leid geklagt, schließlich hatte diese damals miterlebt, zu welchen Dingen Pieter fähig war. Jetzt aber machte sie ein ratloses Gesicht.
    »Juliette, ich weiß nicht, was ich sagen soll. Es ist sicherlich schwer, aber …«
    »Ja, ich weiß, Jean sagt auch immer, dass wir damit rechnen mussten, dass er eines Tages wieder auftaucht. Ich will dich damitauch gar nicht belasten. Verzeih, dass ich schon wieder davon anfange, aber ich …«
    »Ist schon gut, Juliette! Ich kann verstehen, dass dich das sehr aufwühlt.«
    Julie war Erika für diese Worte wirklich dankbar, manchmal zweifelte sie schon an ihrem Verstand. Sie konnte es drehen und wenden, wie sie wollte, sie kam immer zu demselben Schluss: Sie traute Pieter nicht über den Weg. »Jetzt erzähle aber du bitte: Wie geht es Inika und Sarina?«
    Erika zögerte einen Moment, der plötzliche Themenwechsel schien sie zu überraschen.
    »Ist schon in Ordnung, Erika, ich schaffe das schon. Pieter hat uns damals nicht zerstört und wird es auch in Zukunft nicht tun.« Beruhigend tätschelte sie ihrer Freundin die Hand.
    Erika schenkte ihr ein Lächeln und fing dann zögerlich an zu erzählen. »Sarina geht es sehr gut … Inika macht mir manchmal noch etwas Sorgen. Sie ist sehr ängstlich.«
    Julie nickte verständnisvoll. »Vielleicht bekommen wir auf Rozenburg wenigstens irgendwann die Nachricht, dass jemand etwas über den Verbleib von Baramadir weiß oder«, Julie verzog das Gesicht, »vielleicht sogar seine Leiche gefunden wurde …«
    Erika nickte. »Ja, das würde dem Seelenheil des Mädchens sicherlich guttun. Ihre Mutter aber«, Erika seufzte, »ach Juliette, du weißt ja selbst, wie das ist. Sarina ist eine wunderschöne Frau … ich kann sie nicht ohne Begleitung aus dem Haus lassen, weil ihr in unserem Viertel überall Männer auflauern. Und ich weiß nicht, wie lange ich sie so beschützen kann. Wenn es mir nicht gelingt, fürchte ich …« Erika senkte betroffen den Blick.
    Julie seufzte. Sie wusste, was Erika meinte. In diesem Land weckte eine Frau, wenn sie nicht weißer Hautfarbe war, schnell Begehrlichkeiten bei den Männern. Kiri hatte ihr von schlimmen Vorfällen erzählt. Es gab in der Stadt einfach viel mehr Männer als Frauen, das war allgegenwärtig. Insbesondere in dem Viertel,in dem auch das Kinderhaus lag, gehörten Übergriffe, Belästigungen oder gar Schlimmeres inzwischen zum Alltag. Erikas Haus bot den Kindern eine rettende Insel. Aber den Frauen des Hauses drohte eine lauernde Gefahr.
    »Was ist mit dir, Hanni und Minou?«, fragte Julie besorgt.

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