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Die Blume von Surinam

Die Blume von Surinam

Titel: Die Blume von Surinam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Belago
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körperlichen Verletzungen betraf. Dass Julie sich nicht sicher war, wie tief die seelischen Wunden waren, das verschwieg sie Sarina.
    Julie hatte oft mit Erika darüber gesprochen. Sie wussten beide, dass der Übergriff und die Schändung durch Baramadir eine tiefe Wunde in der Seele des Mädchens hinterlassen hatten. Inika mühte sich redlich, sich nichts anmerken zu lassen, ihre demonstrative Fröhlichkeit, das zu laute Lachen und die scheinbare Gelassenheit wirkten aber häufig aufgesetzt und unnatürlich. Was beide Frauen als Alarmzeichen werteten. Erika hatte, als sie sich vom Tropenfieber erholt hatte, deswegen sogar angeboten, bei Inika auf Rozenburg zu bleiben, die aber hatte das Angebot nicht annehmen wollen. »Fahren Sie ruhig, Misi Erika, mir geht es gut. Wenn Sie erlauben, bleibe ich mit Bogo aber auf Rozenburg.«
    »Natürlich, Inika, du darfst so lange hierbleiben, wie du möchtest«, hatte Erika gesagt und Julie einen vielsagenden Blick zugeworfen. Julie hatte bestätigend genickt. Nichts lag ihr ferner, als das Mädchen fortzuschicken. Und so war Erika vor wenigen Wochen in die Stadt zurückgekehrt.
    Nun stand Julie mit Jean, Helena und Henry neben Thijs, Gesine, Wim, Karini und Sarina am Ufer und starrte auf das Wasser. Die Augustsonne brannte vom Himmel, aber keiner wollte es sich nehmen lassen, diesen wichtigen Moment zu verpassen. Die Dampfmaschine kam.
    Thijs hatte berichtet, dass deren Lieferung von Kuba nach Surinam laut Pieter problemlos erfolgt war. Innerhalb Surinams aber gab es grundsätzlich immer Schwierigkeiten, wenn es darum ging, große, sperrige und schwere Dinge zu bewegen, und so hatte sich der Weitertransport zur Plantage als echte Herausforderung entpuppt.
    Die Maschine war so groß und schwer, obwohl sie in mehrere Einzelteile zerlegt war, dass man sie kaum mit Ruderbooten transportieren konnte. Also hatte Pieter in der Stadt einen Transportsegler beschafft und auch schon das Umladen der Maschine auf die Plantage organisiert. Er plante, die Einzelteile mit Flößen und Flaschenzügen überzusetzen.
    Jean schien das für eine gewagte Methode zu halten. »Hoffentlich landet Thijs’ Maschine dann nicht im Fluss«, hatte er besorgt geäußert, aber auch keine bessere Lösung an der Hand gehabt. Julie hoffte, dass alles gut ging. War die Maschine erst einmal aufgebaut, konnte der Betrieb der Zuckerrohrmühle starten.
    Thijs hatte vor einigen Stunden mehrere Arbeiter losgeschickt, um flussabwärts nach dem Boot Ausschau zu halten. Als sie aufgeregt wiederkehrten und riefen: »Das Schiff kommt!«, hatte es niemanden mehr im Haus gehalten. Selbst Gesine, die zuvor noch leidvoll über die Hitze geklagt hatte, war aufgesprungen und aus dem Haus gelaufen.
    Julie war positiv überrascht vom Zustand auf Watervreede, in den letzten Monaten hatte sich auf der Plantage anscheinend sehr viel entwickelt. An die halb verfallene Pflanzung aus Wims und Thijs’ Erzählungen erinnerte kaum etwas. Und Gesine hatte in der Tat im Haus für Ordnung und etwas Wohnlichkeit gesorgt. Sie schien endlich eine Aufgabe gefunden zu haben, die ihre Langeweile milderte. Julie und Jean hatten nach deren Abfahrtnoch gescherzt, wann Gesine wohl Watervreede überdrüssig sein würde, aber sie hatte sich anscheinend mit ihrem Schicksal arrangiert. Und auch Karini, der Julie nachdrücklich versichert hatte, dass sie jederzeit nach Rozenburg zurückkehren könne, wenn es ihr auf Watervreede nicht mehr gefalle, hielt tapfer aus. Sie schien sogar recht zufrieden mit ihrer Aufgabe zu sein.
    Julies Blick glitt zu Wim. Um ihn brauchte sie sich wahrlich keine Sorgen zu machen. Er fühlte sich auf Watervreede sichtlich wohl, sein Körper war sonnengebräunt, seine Arme muskulös, und um die Augen hatten sich kleine Lachfältchen gebildet.
    Julie atmete tief durch. Sie war offensichtlich die Einzige, die sich nicht so recht über die Ankunft des Schiffes freuen konnte. Zumal damit nicht nur die Dampfmaschine ankommen würde, sondern auch Pieter und Martin. Vor dem ersten Zusammentreffen mit Martin war ihr mulmig, aber sie war entschlossen, dem Jungen keine Vorwürfe zu machen. Sie hatte geahnt, was passiert war, als Henry mit Kiri allein aus Paramaribo angereist war. Im ersten Moment hatte sie sich darüber geärgert, als sie aber Henrys betroffenes Gesicht gesehen hatte, hatte sie sich seinetwillen schnell wieder beruhigt.
    »Er will unbedingt mit seinem Vater die Maschine nach Watervreede bringen. Ich habe versucht es ihm

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