Die Blume von Surinam
im Boot. Bogo hatte etwas traurig geschaut, als sie ihm sagte, sie würde mit zur Feier der Herrschaften fahren. »Ich kann meine Mutter endlich wiedersehen, und ich soll auf Misi Helena aufpassen, hat Misi Juliette gesagt«, erklärte sie ihm. Er schien zu verstehen.
Inika beobachtete Masra Martin und Karini aus den Augenwinkeln. Die beiden vermieden fast schon zu auffällig, sich anzusehen. Inika hatte die beiden am Morgen zufällig an der alten Zuckerrohrmühle stehen sehen. Eigentlich hatte sie nicht lauschen wollen, aber dann war es doch passiert. Was sie gehört hatte, gefiel ihr. Wenn Karini wirklich nach Watervreede gehen würde – umso besser für sie. Ihre stetige Widersacherin im Haus wäre damit fort, und Inika könnte sich noch besser gegenüber Misi Juliette und vor allem dem jungen Masra Henry hervortun.
Auf der Plantage Watervreede herrschte festliche Stimmung. Im Garten vor dem Plantagenhaus standen Tische und Stühle aufgebaut und bunte Lampions hingen an den Bäumen. Misi Gesine rauschte aufgeregt hin und her, als hätte sie ein Staatsfest zu organisieren.
Die Ankömmlinge wurden ehrenvoll begrüßt, und Inikas Herz machte einen freudigen Sprung, als sie ihre Mutter erblickte. Doch ihre Begrüßung fiel nur kurz aus. Sarina wurde von MisiGesine in die Küche gescheucht, und Misi Juliette drücke Inika die kleine Misi Helena in den Arm. Inika freute sich, Misi Erika wiederzusehen, die sie kurz mit ein paar netten Worten bedachte.
Ein wenig später versammelten sich alle an der Stelle, wo der Waldweg zur Plantage durchbrach. Es dauerte nicht lange, und das Schnauben von Pferden war zu hören. Masra Henry und Masra Jean ritten winkend aus dem Dunkel des Regenwaldes, ihre Pferde waren tropfnass geschwitzt, aber auf den Gesichtern der Männer lag ein Lächeln.
»Sechs Stunden!«, rief Masra Jean stolz den Wartenden entgegen.
»Willkommen!«, erwiderte Masra Thijs, klatschte in die Hände und fügte hinzu: »Dann muss ich ja jetzt auch nicht mehr so lange laufen.«
Die Geschichte des verwegenen Fußmarsches von Masra Thijs und Masra Wim war unter den Weißen zur beliebten Anekdote geworden. Inika hingegen krampfte sich bei dem Gedanken daran schmerzvoll der Magen zusammen. Immerhin war es zu der Zeit gewesen, als auch Baramadir … daran schienen die Weißen aber nicht mehr zu denken.
Die Ochsenwagen wurden zum neuen Mühlengebäude gezogen, die Tiere abgeschirrt und in die Stallungen gebracht. Die Arbeiter, die den Transport begleitet hatten, gesellten sich zu den Arbeitern der Plantage Watervreede, die in der Mitte des Wirtschaftshofes ein großes Feuer entfachten. Masra Thijs hatte auch ihnen ein Festessen zur Verfügung gestellt.
Inika beobachtete mit Misi Helena an der Hand, wie ihre Mutter Sarina sich zusammen mit Karini und Kiri mühte, den Weißen das Essen zu bringen. Diese hatten sich vorne im Garten versammelt, um den Tag feierlich ausklingen zu lassen. Inika bemerkte enttäuscht, dass Sarina hier ebenso nur eine Haushälterin war, wie sie es schon auf Rozenburg gewesen war. Eigentlich hattesie nichts anderes erwartet, wenn auch heimlich gehofft. Obwohl ihre Mutter durchaus glücklich aussah. Sie schien mit Masra Thijs einen sehr vertrauten Umgang zu pflegen.
Inika schritt zu Misi Juliette, um ihr ihre Tochter zurückzubringen. Das kleine Mädchen freute sich sichtlich und kletterte auf einen Stuhl neben seiner Mutter.
»Danke, Inika, ich hoffe, auch du hast einen schönen Abend.« Misi Juliette nickte ihr aufmunternd zu, was bedeutete, dass sie sich jetzt nach hinten auf den Wirtschaftshof zu den Arbeitern gesellen durfte. Sehnsuchtsvoll ließ Inika noch einmal den Blick über die fein gedeckten Tische mit den Damastdecken gleiten und eilte sich dann, die Weißen allein zu lassen.
Am Feuer der Arbeiter ging es fröhlich zu, und Sarina, Karini und Kiri gesellten sich ebenfalls dazu. Alle lobten den Neuanfang. Inika fiel auf, dass Karini nervös wirkte. Kein Wunder, würde sich doch spätestens morgen entscheiden, ob sie hierbleiben durfte oder nach Rozenburg zurückkehren musste.
Kapitel 15
J ean war sichtlich erschöpft von dem Ritt durch den Wald.
»An manchen Stellen ist der Boden noch sehr morastig, aber das wird sich in einigen Wochen auch gegeben haben.« Selbst als er mit Julie am späten Abend ihr gemeinsames Zimmer im Gästehaus von Watervreede bezogen hatte, ließ ihn der Tag nicht los.
Julie hingegen beschäftigten ganz andere Dinge. Sie war mit sehr gemischten
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