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Die Blume von Surinam

Die Blume von Surinam

Titel: Die Blume von Surinam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Belago
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saßen sie zusammen und sprachen sehr vertraut miteinander. Inika war durcheinander. Sie mochte Masra Thijs, er war sehr nett und immer höflich. Aber dass ihre Mutter sich ihm zugetan fühlte, das überraschte sie. Ausgerechnet ihre Mutter? Die ihr selbst seinerzeit Vorhaltungen gemacht hatte, sie müssten als Inderinnen ihre Herkunft wahren, das heißt einen indischen Ehemann finden und die indischen Sitten pflegen? Diese Vorgaben schienen für sie jetzt nicht zu gelten, sie hielt sich ja nicht einmal an die in Surinam üblichen Regeln bezüglich des Umgangs zwischen Masra und Angestellter. Sie saß sogar auf einem Stuhl!
    Inika hätte gerne mit ihr darüber geredet, traute sich aber nicht, sie darauf anzusprechen. Inika fühlte sich zunehmendeinsam auf der Plantage, es war überhaupt sehr still geworden, nachdem Misi Juliette mit Masra Jean und Henry wieder nach Rozenburg zurückgekehrt war. Zumindest im Plantagenhaus. Inika fehlte ein Gesprächspartner, mit dem sie sich über Dinge austauschen konnte. Denn auch Masra Martin arbeitete von früh bis spät und schien, sehr zu Inikas Verdruss, den Kontakt zu ihr nicht intensivieren zu wollen. Überhaupt wirkte er sehr zurückgezogen und stets in Gedanken versunken. Nur äußerst selten verirrte sich ein Lächeln auf seine Lippen, und Inika vermutete, dass er auch deshalb so hart arbeitete, um düstere Gedanken aus seinem Kopf zu vertreiben.
    Draußen auf der Plantage ging die Wirtschaft unbeirrt weiter. Mehrmals in der Woche legten größere Flöße mit großen Lieferungen Zuckerrohr an, und auch von Rozenburg trafen Ochsenkarren voller Zuckerrohr ein. Die Pflanzen wurden in der Mühle gemahlen, der gepresste Saft anschließend zu Melasse eingekocht und dann von Transportschiffen in die Stadt gebracht. Masra Martin kümmerte sich sowohl um die Abläufe auf der Plantage als auch um die Zuckerrohrmühle. Dass er diese Arbeit jetzt allein verrichten musste, zehrte für alle sichtbar an seinen Kräften. Abends kam er müde und erschöpft nach Hause, um sich morgens bei Sonnenaufgang bereits wieder im Kesselhaus einzufinden und das Anheizen der Dampfmaschine zu überwachen. Aber der Einsatz schien sich zu lohnen, die Geschäfte liefen gut, das hatte Inika mitbekommen.
    Masra Thijs war sehr zufrieden mit Masra Martins Arbeit. Oft hörte sie, wie Masra Thijs ihn abends lobte. Richtig freuen konnte sich Masra Martin aber offensichtlich nicht darüber. Er reagierte meist nicht einmal, sondern starrte weiter gedankenversunken vor sich hin. Inika beobachtete sein Verhalten mit zunehmender Sorge. So konnte es nicht weitergehen. Ihr lag das Wohl von Masra Martin nicht zuletzt aus eigenem Interesse am Herzen.
    Zudem ärgerte sie sich zunehmend über ihre Mutter, die sichmit der Selbstverständlichkeit im Plantagenhaus bewegte, die Inika sich für sich selbst erträumte. Als Sarina ihr dann eines Morgens aus Masra Thijs’ Schlafzimmer entgegenkam und sichtlich beschämt an ihr vorbeihuschte, während Inika gerade melden wollte, dass das Frühstück angerichtet war, fasste Inika den Beschluss, etwas zu ändern. Sonst würde sie am Ende noch zum Dienstmädchen ihrer eigenen Mutter werden.
    Noch am selben Abend hatte Masra Martin sich mit einem Glas auf die vordere Veranda zurückgezogen, die Sonne tauchte den Fluss in warmes rotes Licht. Als Inika ihm zum ersten Mal Dram nachschenkte, nahm sie all ihren Mut zusammen und hockte sich neben ihn auf die verwitterten Holzdielen.
    »Masra, du darfst nicht immer nur zurücksehen«, sagte sie zögernd.
    Zunächst befürchtete sie, er werde sie schelten, zu ihrer Erleichterung aber hob er nur den Blick und sah sie nachdenklich an. »Findest du, dass ich das mache?«, fragte er schließlich.
    »Ja, Masra Martin, du denkst unentwegt über das nach, was passiert ist. Aber … man kann es nicht ändern. Man muss einfach weitermachen.«
    Masra Martin starrte in das Glas in seiner Hand und ließ die Flüssigkeit kreisen. »Ja«, er seufzte. »Vielleicht sollte ich das wirklich tun.« Er hob sein Glas und trank einen großen Schluck. Dann lächelte er sie an.
    Fortan leistete sie ihm des Öfteren am Abend auf der Veranda Gesellschaft.

Kapitel 7
    D er Hafen von Rotterdam liege, wie der von Paramaribo, ein Stück im Landesinneren, erklärte ein männlicher Passagier gerade der Misi Gesine. Karini stand frierend hinter ihnen an Deck und hoffte, dass sie bald wieder in die wärmere Kabine gehen würden. Das Schiff steuerte auf den Nieuwe Waterweg zu.

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